Und ewig lockt das Weib

Wer, wenn nicht sie? Cameron Diaz gibt in „Gambit – Der Masterplan“ den attraktiven Lockvogel. Wer würde einem solchen Lächeln nicht erliegen? Der Millionär im Film tut es jedenfalls
Was tun, wenn man sich eine Gaunerkomödie anschauen muss, obwohl man Gaunerkomödien nicht mag? Sich darauf einlassen. Vor allem mit Cameron Diaz auf der Besetzungsliste.

Normalerweise ist Kollege P. unser Experte in Sachen Film. Diese Woche nicht, denn er hat keine Zeit. „Gambit – The Masterplan“, schwärmt er, wäre eine total lustige Gaunerkomödie, die man gesehen haben muss. Er weiß wohl nicht, dass ich Gaunerkomödien nicht mag. Also informiere ich ihn: „Das nächste Mal wird es wohl besser sein, wenn du dir diesen Sch...!“

Gut, er hätte auch gleich sagen können, dass das Drehbuch von den Coen Brothers ist. Immerhin haben die mehrfachen Oscar- und Golden-Globe-Gewinner sich mit Filmen wie „The Big Lebowski“ oder „O Brother, Where Art Thou?“ bereits als schräge Geschichtenerzähler etabliert. Letzteren Film habe ich übrigens im Original ohne Untertitel gesehen.

George Clooney, der darin im breiten Südstaaten-Akzent spricht, ist zwar schön anzusehen, nur kaum zu verstehen. Cameron Diaz hat sich da wohl etwas abgeschaut, spricht sie als texanisches Cowgirl in „Gambit“ auch extremen Südstaaten-Slang. Doch dieses Mal hat die Filmfirma vorgesorgt: Original mit Untertitel. Warum dann nicht gleich auf Deutsch? „Den Film müssen Sie auf Englisch sehen – wegen dem Wortwitz“, meint die zuständige Dame.

11:30 Uhr: Die Presse-Vorführung beginnt. Gut so. Umso schneller ist sie wieder vorbei. 11:35: Auftritt Colin Firth. Den habe ich zuletzt in „Dame, König, As, Spion“ gesehen. Furchtbarer Film. Es kann nur besser werden. 11:37: Firth spielt den nüchtern-korrekten Kunst-Kurator Harry Deane, der es satt hat, von seinem arroganten Boss Lionel Shahbandar gedemütigt zu werden. Ein Ausweg muss her und zwar schleunigst. 11:40: Alan Rickman als Lionel Shahbandar tritt auf den Plan. Der Millionär und Kunstliebhaber ist gerissen und klug. Ob es Deane gelingt, dem verhassten Chef ein gefälschtes Meisterwerk von Monet unterzujubeln und ein Vermögen dafür zu kassieren? 11.50: Alleine bestimmt nicht. Da muss schon ein attraktiver Lockvogel her. Innerhalb kürzester Zeit hat Cameron „P J Puznowski“ Diaz den willigen Shahbandar um den Finger gewickelt. 12:00 High Noon? Noch lange nicht. Aber die Gaunerei nimmt langsam Formen an. 12:10: Die vielen unvorhergesehenen Wendungen stellen die Handlung immer wieder auf den Kopf. Das gibt der Geschichte den richtigen „Drive“. 12:25: Cameron Diaz zeigt sich in Unterwäsche und beweist: Ihre Figur ist top in Form, was man von der Form ihres Gesichts nicht behaupten kann. Botox-Alarm! Blöd, wenn man in einem Film so oft lächeln muss. 12:39: SMS an Kollegen P: „Es ist sooo lustig. Du hast dir einen Kaffee verdient.“ Anlass dafür: Die witzigste Szene des Films. Colin Firth steht mit Sakko und Unterhosen bekleidet in einer Suite und winkt. Das ist zum Schreien, auch wenn es vielleicht nicht so klingt. 12.44: P. hat nicht zurückgeschrieben. Ob er sauer ist? 12:50: Lionel Shahbandar ist noch immer von P J Puznowski angetan und hat nur Augen für sie. Gut für Harry Deane, der derweilen im Hintergrund die Fäden zieht. 12:54: Colin Firth, äh, Harry Deane ist echt ein Depp. 12:55: Harry Deane ist echt ein Held. Oder eher doch nicht? 13:00: Und jetzt das noch. Ein Abspann mitten im Film. Ach so, die 90 Minuten sind schon vorbei. Schade! Fazit: „Gambit“ hat sich das „Prädikat: Besonders unterhaltsam“ wirklich verdient.

Und jetzt wäre alles gut, hätte Kollege P. mit seinem Rat, nur über Filme zu urteilen, die man auch gesehen hat, nicht so verdammt recht gehabt. Ein Wiedersehen im Büro ist unvermeidlich. Grimmig sitzt er vor seinem Monitor. Zeit, den besten Satz auszusprechen, den „Gambit“ zu bieten hat: „Du hast schöne Augen für jemanden, der nie lächelt“, sage ich. Dann lächelt er.

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