Unbequem: Klositz soll Mitarbeitern Toiletten-Zeit vermiesen

So sieht das ungemütliche Klo aus.
Laut Berechnungen des Herstellers verbringen Mitarbeiter aufgrund der Neigung des Sitzes 25 Prozent weniger Zeit am stillen Örtchen.

In der Leistungsgesellschaft ist Zeit ein kostbares Gut. Offenbar so kostbar, dass Arbeitgeber darüber nachdenken, wie sie ihre Mitarbeiter schneller von der Toilette weg und zurück an den Schreibtisch bekommen können.

Beweis dafür ist ein neues Design des britischen Unternehmens StandardToilet. Dort hat man eine Toilette entwickelt, die es aufgrund eines leicht geneigten (und nicht wie üblich horizontalen) Sitzes unangenehm macht, länger darauf zu verweilen. Denn: Normale Toilettensitze würden es Mitarbeitern ermöglichen "recht komfortabel darauf zu sitzen", heißt es vonseiten StandardToilet. "Weniger Behaglichkeit, mehr Produktivität" lautet also das Motto.

Maximal ungemütlich

Für den ungemütlichen Klositz wurden komplexe Berechnungen angestellt: Demnach sei eine 13-Grad-Neigung ideal, um das Sitzen darauf maximal ungemütlich und dabei gleichzeitig minimal gesundheitsschädlich zu machen. Das Produkt sei so konzipiert, dass es unangenehm ist, länger als fünf Minuten darauf zu verbringen, erklärte Mahabir Gill, Gründer von StandardToilet, dem Magazin Wired im Interview.

Die Argumentationslinie von StandardToilet geht noch weiter: Wie der Homepage des Unternehmens zu entnehmen ist, sollen der britischen Industrie und dem nationalen Handel jährlich umgerechnet rund fünf  Milliarden Euro durch die Lappen gehen, weil Mitarbeiter zu lange am stillen Örtchen hocken. Diese würden durchschnittlich zehn Minuten pro Tag auf der Toilette verbringen. Die Klo-Entwickler schätzen, dass ihr Produkt diese Zeitspanne um bis zu 25 Prozent verkürzen könnte.

Kostenpunkt: zwischen 175 und 585 Euro.

Spott und Kritik

In den sozialen Medien kommt das Design jedenfalls nicht gut weg. Tausende Postings wurden allein auf Twitter dazu in den vergangenen Tagen abgesetzt. Das Design stehe symbolisch für Kapitalismus in seiner schlimmsten Form, so der Tenor. Eine Userin schreibt: "Wenn man eine Toilette mit einer Neigung von 13 Grad benutzt, um die Produktivität zu steigern, behandelt man nicht nur seine Mitarbeiter schlecht. Man diskriminiert auch Menschen mit Behinderungen." Ein anderer befindet: "Man muss schon einen besonders boshaften Verstand haben, um das zu planen."

In einer E-Mail teilte StandardToilet der Huffington Post mit, dass das Produkt keine Klos für Menschen mit Behinderungen ersetzen solle.

Auch Experten sehen das Design kritisch. Jennifer Kaufmann-Buhler, Assistenzprofessorin für Design an der Purdue University in Indiana, sagte der Huffington Post: "Ich denke, es ist eine sehr kapitalistische Mentalität, dass die Körper der Menschen und ihre Probleme und Grenzen dem modernen Kapitalismus Unannehmlichkeiten bereiten, weil man um jeden Preis produktiv sein will."

Harvey Molotch, Professor für Soziologie an der New York University, sagte dem Blatt, er habe zunächst geglaubt, dass es sich bei dem Patent um einen "Scherz" handle. Arbeitnehmer würden ohnehin bereits Druck verspüren, kürzere Klopausen einzulegen. Das neue Klo könnte diesen Druck "auf physische Art und Weise erhöhen".

Diskriminierung

Die Innovation ist nicht das einzige Designstück, das auf einen der natürlichsten und privatesten Körpervorgänge abzielt: In Kalifornien wurde laut Guardian etwa eine Malerfarbe entwickelt, die dazu führt, dass Urin zurückspritzt, wenn man auf eine damit gestrichene Wand pinkelt. Nun könnte man argumentieren, dass öffentliches Urinieren ein durchaus eindämmungswürdiges Phänomen darstellt. In der Realität trifft die rückspritzende Wandfarbe jedoch vor allem obdachlose Menschen, die es sich schlicht oft nicht aussuchen können, wo sie ihre Notdurft verrichten.

Dem Wired-Artikel zufolge ist StandardToilet-Gründer Gil derzeit in Gesprächen mit mehreren britischen Kommunen und Tankstellen, die sein Produkt verwenden wollen. Ob auch die Angestellten von StandardToilet am Klo auf ihrer eigenen Innovation Platz nehmen müssen, ist nicht überliefert.

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