Toni Mörwald: "Der hat sich's g'richtet"

Toni Mörwald
Das harte Business am Herd: Seit 30 Jahren rührt Haubenkoch Toni Mörwald, 51, in der Gastro-Szene um. Ein Gespräch über Scheitern und Wiederaufstehen.

Herr Mörwald,  Drei-Hauben- und Sternekoch, Caterer und Hotelier: Mein Tag hat 24 Stunden. Ihrer?

Auch nicht mehr, leider, aber  ich habe eines gelernt: Zeitmanagement! Zeit und Raum sind der größte Luxus, den man haben kann. Wenn man sich für etwas Zeit nimmt, ist das eine Auszeichnung. So ist auch mein Motto entstanden: Essenszeit ist Lebenszeit.  

Jetzt könnte man sagen: Stimmt, weil die Zeit auch beim Essen vergeht.

Es hat natürlich einen tieferen Sinn und bedeutet, dass es  schön ist, wenn die Menschen wieder Zeit finden, gemeinsam zu  essen –  die Leute verstehen sich dann wieder besser. Du erzählst mir eine Geschichte, ich erzähl’ dir eine Geschichte. Die Ess- und Trinkkultur ist nicht umsonst die  älteste der Welt, die es seit Menschengedenken gibt. Wenn du  nix mehr isst und trinkst, bist tot.

Sie sind seit 30 Jahren im Geschäft: Was war das erste Gericht, das Sie jemals gekocht haben?

Wir sind auf einem Bauernhof aufgewachsen und es waren immer viele Frauen in der Küche: Meine Mama, die Tante, die Oma, alle haben gekocht und wir Kinder haben gerne mitgeholfen. Mein erstes Gericht war ein Naturschnitzel, das ich mir von der Mama abgeschaut hab’. Da war ich vielleicht sechs Jahre alt. Es ist freilich  nicht immer alles gelungen, aber wer keine Fehler macht, wird am Ende des Tages nicht reifer werden. Und das gilt nicht nur fürs Kochen.

Weil es gerade aktuell ist: Welche Fehler hat Jamie Oliver gemacht? Er hat mit seinen Restaurants ja ziemlich viele Schulden produziert und steckt gerade  in ernsten Schwierigkeiten.  

Ich weiß ja selber, wie das ist. In meinen 30 Jahren Berufsleben habe ich auf die ein oder andere Idee verzichten müssen. Einige sind  auch nicht aufgegangen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Das zeichnet Unternehmertum aus. Es ist einfach so,  dass mit dem Erfolg Riesenchancen kommen. Jeder glaubt, er muss dich haben und es tun sich parallel sehr viele Möglichkeiten auf. Da ist  Disziplin gefragt und man muss lernen, das notwendige Wörtchen Nein auszusprechen. Das ist mir auch so gegangen. Das wird bei ihm (Anm.: Oliver)  nicht anders gewesen sein. Kaum etwas funktioniert von alleine. Es braucht jemanden, der dahinter steht und das vorantreibt.

Wie wäre es mit guten Mitarbeitern?

Wenn du glaubst, die anderen machen alles in deinem Sinne, bist du auf dem Holzweg. Einige machen das super, aber in einer Umgebung, wo es allen gut geht,  wie bei uns in Mitteleuropa, meint es nicht jeder gut mit dir. Das ist auch eine Erfahrung im Unternehmertum: Es gibt genug Leute, die sagen: „Der ist zu erfolgreich. Den müssen wir wieder einmal dämpfen.“

Bei mir würde das Misstrauen auslösen und das Gefühl,  lieber alles selber machen zu wollen – was in einem großen Betrieb nicht geht. Was ist die Lösung?

Das versucht man am Anfang auch. Ich habe lernen müssen, Vertrauen auszulagern und loszulassen, als ich mich aus der Komfortzone begeben und mehr als ein Lokal betrieben habe. Der Lernprozess hat bei mir fünf Jahre gedauert und ist einer der schwierigsten überhaupt. Wenn jemand für mich hinterm Herd steht, muss ich mit allem leben, was er tut. Wenn er gut ist, werde ich gefeiert, aber wenn er Fehler macht, partizipiere ich auch mit. Man kann aber nicht alles selber machen, wenn man vorwärtskommen will.

Es gab in Ihrem Leben viele Projekte wie das Restaurant im Hotel Ambassador, das Restaurant im Kloster Und oder die Kantine im Finanzministerium, die  kamen und gingen ...

Ja, das war so. Nur bei den  Frauen war es anders. Da bin ich sehr solide.  

Darüber reden wir gleich. Es wurde immer wieder einmal behauptet, Sie hätten nur aufgrund Ihres guten Netzwerkes weitermachen können. Kränkt Sie das?

Wie heißt’s so schön? Der zweitgrößte Energiespender nach der Sonne ist der Neid. Neid muss man sich verdienen, Mitleid bekommst du geschenkt. Aber das Wesentliche zu dem, was immer wieder einmal Meinung war, ist: Ich habe von keinem etwas geschenkt  bekommen, auch wenn mir über die Medien immer wieder einmal ausgerichtet wurde: „Der hat sich’s g’richtet.“ Im Gegenteil. Manche Dinge, die für andere selbstverständlich sind, waren für mich schwieriger oder gar nicht umzusetzen.  

Was zum Beispiel?  

Es gibt viele Beispiele, wo mir gesagt wurde: „Das kann man mit Ihrem Namen nicht machen.“ Wenn andere Förderungen kriegen, ist es normal, bei mir nicht. Weil „der hat eh schon alles“.

Toni Mörwald

Ich möchte noch einmal auf die Zeit zurückzukommen, als wir gewachsen sind: Hier gab es einen Golfplatz zu übernehmen, dort war die Airest zu kaufen, da gab es die  Kantine des Finanzministeriums. Du siehst in so einer Situation nicht, dass du das nicht schaffst. Du hast einen Lauf und viele Leute um dich, die für dich arbeiten. Bis gewisse Probleme zu dir gelangen, ist es oft zu spät. Wir haben dann gelernt, Dinge abzugeben und uns sozusagen gesund geschrumpft. Heute haben wir eine solide Basis, unsere Marke kennt in Österreich mittlerweile fast jeder, teilweise auch international.

Woher kommt Ihr Durchhaltevermögen?  

Ich hatte das Glück, in einer Familienumgebung groß zu werden, wo Herausforderung und Arbeit nie ein Thema waren. Man hat sich immer gefreut, wenn man gebraucht worden ist. Wenn Dinge zu erledigen waren, wurden sie einfach gemacht – egal welche Uhrzeit, welcher Wochentag, welche Jahreszeit.  Klar können die Nerven einmal blank liegen. Aber nachdem ich das jetzt 30 Jahre mache, habe ich in meinem Leben schon Dinge gelernt, die ich gar nicht lernen wollte.

Was war die größte Überwindung für Sie?  

Da gibt es vieles. Ich wollte mich mit Sicherheit nie mit dem Thema Betriebsübernahme auseinandersetzen.  musst es aber, als ich damals die Konditorei Oberlaa gekauft habe. Es gab tausend Dinge zu regeln, mit denen ich nie was zu tun haben wollte. In solchen Situationen musst  du in der Lage sein,  die Qualität deines Hauptthemas zu halten und nicht ein Nebenthema zum Zentrum deines Tuns zu machen. Natürlich muss man die Probleme lösen, sie dürfen aber nie wichtiger werden als deine eigentliche Tätigkeit.

Sonst bricht sie dir auch weg.

Sie sind seit 21 Jahren verheiratet und haben drei Töchter. Hatten Sie  bei so viel Schaffensdrang  überhaupt genug Zeit für Ihre Familie?

Eine der wichtigsten Begegnungen in meinem Leben, war die mit meiner Frau. Ich habe sie sehr früh bei einem meiner Kochkurse kennengelernt. Sie ist eigentlich Maschinenbauerin, Kochen war nicht ihr Thema. Aber sie hatte den  Vorzug, dass sie dazu eine Beziehung aufbauen konnte und heute  im Betrieb viel weiterbringt. Das war auch bei unseren Kindern so. (Anm.: Antonia, 19, Johanna 17, Theresia, 15).  Wir haben ihnen eine gewisse Selbstdisziplin, ein gewisses Reglement, aber auch einen gewissen Rhythmus mitgegeben. Das hat sich zu Harmonie und Verlässlichkeit geformt. Miteinander zu essen und zu plaudern, ist uns bis heute wichtig.  Nicht jeden Tag, aber immer wieder.

Ein Lebenswerk will man irgendwann  weitergeben. Welche Ihrer Töchter wird Ihre Nachfolgerin?

Antonia maturiert gerade und studiert dann Finanz- und Versicherungsmathematik. Sie soll das machen, was auch  immer sie nachher arbeitet. Die Menschen brauchen Freiraum, um sich zu entwickeln. Antonia hilft uns aber auch in der Küche oder im Service, wenn wir am Sonntag Brunch haben. Aber das braucht man ihr nicht anzuschaffen. Alles, wozu du die Leute zwingen musst, kannst du vergessen. Johanna, die Mittlere, ist eine unheimliche Arbeitsbiene, was Kochen betrifft, vor allem Patisserie. Und Theresia macht die HTL für Softwareprogrammierung und Digitale Technologie. Für sie ist  eine Homepage machen ganz easy.  

Sie waren einmal der Schüler von Reinhard Gerer, der früher  einer der besten Köche des Landes war. Er ist in den vergangenen Jahren mit seinen Restaurants von einem Konkurs in den nächsten geschlittert. Wie denken Sie darüber?
Er ist nicht nur ein Kollege, mein großes Vorbild und  mein Lehrer, sondern auch ein lieber Freund. Ich schätze Reinhard über alles. 1984, als er das Korso (Anm.: ehemaliges Restaurant im Wiener Luxus-Hotel Bristol) aufgemacht hat und ich das von der Pike auf mitgekriegt habe, war das grandios. Auch er ist über Grenzen gegangen.  Mit dem Erfolg kamen auch die Menschen, die sich  an ihn angehängt haben, und das waren nicht nur Freunde. Irgendwann ist auch das Thema Familie bei ihm zu kurz gekommen. Erste Frau, zweite Frau, dritte Frau ... Der Reinhard war immer einer, der sich bei mir zuhause wohlgefühlt hat. Küche, Kuchltisch, a bissel jausnen, Familie. Das war immer sein Traum, das weiß ich. Damit das so bleibt, auch in schwierigen Zeiten,  bist du selbst unheimlich gefragt.    Bei so vielen Nebenschauplätzen ist es schwierig, den Fokus auf die Wichtige zu legen.

Ihre Hauptpassion ist  das Kochen. Sie haben mehrere Restaurants und Hotels, sind Caterer, veranstalten Events: Lenkt das nicht vom
Kochen ab?  

Spitzengastronomie kann man nicht für die Ewigkeit machen, das erfindet sich auch permanent neu.  Man muss auch immer wieder über den eigenen Tellerrand schauen. So entwickelt sich Erfahrungsaustausch und es kann  Neues entstehen. Als ich 2011 mit McDonald’s zusammengearbeitet habe, wurde ich belächelt, verspottet und beschimpft. Aber die kommen heute noch und holen sich neue Strategien und Entwicklungen von mir. Ich habe damals Burger für sie entworfen und viele  haben gesagt: „Dreht er jetzt komplett durch? Das passt nicht zu  Spitzengastronomie.“ Ich sehe das aus einem anderen Gesichtspunkt.  Ich habe von McDonald’s viel gelernt,  vielleicht nicht nur beim Kochen, sondern bei der Logistik, sowie  verkaufs- und marketingtechnisch.  Die machen Wertschöpfung, das kann man dort lernen.     

Paul Bocuse, der Jahrhundert-Koch, ist kürzlich verstorben. Von ihm bleibt die „Nouvelle Cuisine“. Was soll irgendwann einmal von Toni Mörwald bleiben?

Es macht irgendwie nachdenklich, aber ich habe ein Buch von Bocuse bei mir im Büro liegen, das er mir  erst im Jänner geschickt hat. Ich dachte zuerst, im Packerl wäre seine Parte, weil mich sein Sohn kurz vorher  angerufen und mir  von seinem Tod erzählt hat. Aber Bocuse hat mir noch ein  signiertes Buch geschickt, in das er zwei Tage vor seinem Ableben   „Lieber Toni!“ und ein paar Zeilen geschrieben hat. Am 20. Jänner war er dann  tot.   

Woher kannten Sie ihn?  

Durch meine Präsidentschaft beim „Bocuse d’Or“, ein von ihm initiierter Kochwettbewerb, bei dem  ich für Österreich zuständig war.   Er hat es geschafft, dass Köche nicht nur im Unterkeller eines Restaurants oder Hotels im letzten Eck kochen. Er hat sie   salonfähig gemacht, sie  Weiß angezogen und ihnen Ausstrahlung gegeben. Wenn man es als Koch schafft, dass irgendeine Sache bleibt, hat man einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Was macht einen guten Koch aus, Her Mörwald?  

Wenn jemand das, was er im Herzen spürt und im Hirn denkt, am Herd synchronisieren kann, schmeckt die einfachste Speise super, wie ein Butterbrot mit Schnittlauch und Kresse.   

Gibt es irgendeine Speise, die Sie erfunden haben?  
Birnenknödel. Die können Sie gleich probieren, wenn wir fertig sind.

Das haben wir gleich. Letzte Frage:  Was serviert uns  Toni Mörwald als Nächstes?  

Birnenknödel - und wir arbeiten gerade an zwei Kochbüchern. Einem Nachschlagewerk und einem spezifischen Buch über eine bestimmte Region. Wir haben auch ein altes Haus gekauft, das wir gerade ausbauen und sind auch an einer größeren Sache dran. Lassen Sie sich überraschen. 

Ich möchte noch einmal auf die Zeit zurückzukommen, als wir gewachsen sind: Hier gab es einen Golfplatz zu übernehmen, dort war die Airest zu kaufen, da gab es die  Kantine des Finanzministeriums. Du siehst in so einer Situation nicht, dass du das nicht schaffst. Du hast einen Lauf und viele Leute um dich, die für dich arbeiten. Bis gewisse Probleme zu dir gelangen, ist es oft zu spät.  Wir haben dann gelernt, Dinge abzugeben und uns sozusagen gesund geschrumpft. Heute haben wir eine solide Basis, unsere Marke kennt in Österreich mittlerweile fast jeder, teilweise auch international.

Woher kommt Ihr Durchhaltevermögen?  

Ich hatte das Glück, in einer Familienumgebung groß zu werden, wo Herausforderung und Arbeit nie ein Thema waren. Man hat sich immer gefreut, wenn man gebraucht worden ist. Wenn Dinge zu erledigen waren, wurden sie einfach gemacht – egal welche Uhrzeit, welcher Wochentag, welche Jahreszeit.  Klar können die Nerven einmal blank liegen. Aber nachdem ich das jetzt 30 Jahre mache, habe ich in meinem Leben schon Dinge gelernt, die ich gar nicht lernen wollte.

Was war die größte Überwindung für Sie?  

Da gibt es vieles. Ich wollte mich mit Sicherheit nie mit dem Thema Betriebsübernahme auseinandersetzen, musste es aber, als ich damals die Konditorei Oberlaa gekauft habe. Es gab tausend Dinge zu regeln, mit denen ich nie was zu tun haben wollte. In solchen Situationen musst  du in der Lage sein,  die Qualität deines Hauptthemas zu halten und nicht ein Nebenthema zum Zentrum deines Tuns zu machen. Natürlich muss man die Probleme lösen, sie dürfen aber nie wichtiger werden als deine eigentliche Tätigkeit. Sonst bricht sie dir auch weg.

Sie sind seit 21 Jahren verheiratet und haben drei Töchter. Hatten Sie  bei so viel Schaffensdrang  überhaupt genug Zeit für Ihre Familie?

Eine der wichtigsten Begegnungen in meinem Leben, war die mit meiner Frau. Ich habe sie sehr früh bei einem meiner Kochkurse kennengelernt. Sie ist eigentlich Maschinenbauerin, Kochen war nicht ihr Thema. Aber sie hatte den  Vorzug, dass sie dazu eine Beziehung aufbauen konnte und heute im Betrieb viel weiterbringt. Das war auch bei unseren Kindern so. (Anm.: Antonia, 19, Johanna 17, Theresia, 15).  Wir haben ihnen eine gewisse Selbstdisziplin, ein gewisses Reglement, aber auch einen gewissen Rhythmus mitgegeben. Das hat sich zu Harmonie und Verlässlichkeit geformt. Miteinander zu essen und zu plaudern, ist uns bis heute wichtig.  Nicht jeden Tag, aber immer wieder.

Ein Lebenswerk will man irgendwann  weitergeben. Welche Ihrer Töchter wird Ihre Nachfolgerin?

Antonia maturiert gerade und studiert dann Finanz- und Versicherungsmathematik.  Sie soll das machen, was auch  immer sie nachher arbeitet. Die Menschen brauchen Freiraum, um sich zu entwickeln. Antonia hilft uns aber auch in der Küche oder im Service, wenn wir am Sonntag Brunch haben. Aber das braucht man ihr nicht anzuschaffen. Alles, wozu du die Leute zwingen musst, kannst du vergessen. Johanna, die Mittlere, ist eine unheimliche Arbeitsbiene, was Kochen betrifft, vor allem Patisserie. Und Theresia macht die HTL für Softwareprogrammierung und Digitale Technologie. Für sie ist  eine Homepage machen ganz easy.  

Sie waren einmal der Schüler von Reinhard Gerer, der früher  einer der besten Köche des Landes war. Er ist in den vergangenen Jahren mit seinen Restaurants von einem Konkurs in den nächsten geschlittert. Wie denken Sie darüber?

Er ist nicht nur ein Kollege, mein großes Vorbild und  mein Lehrer, sondern auch ein lieber Freund. Ich schätze Reinhard über alles. 1984, als er das Korso (Anm.: ehemaliges Restaurant im Wiener Luxus-Hotel Bristol) aufgemacht hat und ich das von der Pike auf mitgekriegt habe, war das grandios. Auch er ist über Grenzen gegangen.  Mit dem Erfolg kamen auch die Menschen, die sich  an ihn angehängt haben, und das waren nicht nur Freunde. Irgendwann ist auch das Thema Familie bei ihm zu kurz gekommen. Erste Frau, zweite Frau, dritte Frau ... Der Reinhard war immer einer, der sich bei mir zuhause wohlgefühlt hat. Küche, Kuchltisch, a bissel jausnen,  Familie. Das war immer sein Traum, das weiß ich. Damit das so bleibt, auch in schwierigen Zeiten,  bist du selbst unheimlich gefragt. Bei so vielen Nebenschauplätzen ist es schwierig, den Fokus auf die Wichtige zu legen.

Ihre Hauptpassion ist  das Kochen. Sie haben mehrere Restaurants und Hotels, sind Caterer, veranstalten Events: Lenkt das nicht vom Kochen ab?  

Spitzengastronomie kann man nicht für die Ewigkeit machen, das erfindet sich auch permanent neu.  Man muss auch immer wieder über den eigenen Tellerrand schauen. So entwickelt sich Erfahrungsaustausch und es kann  Neues entstehen. Als ich 2011 mit McDonald’s zusammengearbeitet habe, wurde ich belächelt, verspottet und beschimpft. Aber die kommen heute noch und holen sich neue Strategien und Entwicklungen von mir. Ich habe damals Burger für sie entworfen und viele  haben gesagt: „Dreht er jetzt komplett durch? Das passt nicht zu  Spitzengastronomie.“ Ich sehe das aus einem anderen Gesichtspunkt.  Ich habe von McDonald’s viel gelernt,  vielleicht nicht nur beim Kochen, sondern bei der Logistik, sowie verkaufs- und marketingtechnisch. Die machen Wertschöpfung, das kann man dort lernen.     

Paul Bocuse, der Jahrhundert-Koch, ist kürzlich verstorben. Von ihm bleibt die „Nouvelle Cuisine“. Was soll irgendwann einmal von Toni Mörwald bleiben?

Es macht irgendwie nachdenklich, aber ich habe ein Buch von Bocuse bei mir im Büro liegen, das er mir  erst im Jänner geschickt hat. Ich dachte zuerst, im Packerl wäre seine Parte, weil mich sein Sohn kurz vorher  angerufen und mir  von seinem Tod erzählt hat. Aber Bocuse hat mir noch ein  signiertes Buch geschickt, in das er zwei Tage vor seinem Ableben   „Lieber Toni!“ und ein paar Zeilen geschrieben hat. Am 20. Jänner war er dann  tot.   

Woher kannten Sie ihn?  

Durch meine Präsidentschaft beim „Bocuse d’Or“, ein von ihm initiierter Kochwettbewerb, bei dem  ich für Österreich zuständig war. Er hat es geschafft, dass Köche nicht nur im Unterkeller eines Restaurants oder Hotels im letzten Eck kochen. Er hat sie   salonfähig gemacht, sie  Weiß angezogen und ihnen Ausstrahlung gegeben. Wenn man es als Koch schafft, dass irgendeine Sache bleibt, hat man einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Was macht einen guten Koch aus, Herr Mörwald?  

Wenn jemand das, was er im Herzen spürt und im Hirn denkt, am Herd synchronisieren kann, schmeckt die einfachste Speise super, wie ein Butterbrot mit Schnittlauch und Kresse.   

Gibt es irgendeine Speise, die Sie erfunden haben?  

Birnenknödel. Die können Sie probieren, wenn wir fertig sind.

Das haben wir gleich. Letzte Frage: Was serviert uns Toni Mörwald als Nächstes?  

Birnenknödel - und wir arbeiten an zwei Kochbüchern, einem Nachschlagewerk und einem spezifischen Buch über eine bestimmte Region. Wir haben auch ein altes Haus gekauft, das wir gerade ausbauen und sind auch an einer größeren  Sache dran.  Lassen Sie sich überraschen.

Toni Mörwald

LANDWIRT - GASTWIRT -SPITZENKOCH

Toni Mörwald , 51, wurde 1967 in Krems geboren. Seine Eltern waren Landwirte, bevor sie ein Gasthaus übernahmen. Mörwald besuchte die  Hotelfachschule und lernte auf der ganzen Welt von Frankreich über Amerika bis Spanien. Dann kehrte er nach Österreich zurück  und brachte es unter Reinhard Gerer zum Sous-Chef.  Mit 22 übernahm er das Gasthaus der Eltern und erkochte sich seine erste Haube (später wurden es drei).  Heute betreibt Mörwald neben  seinem Stammhaus  „Zur Traube“ in Feuersbrunn  auch das „Le Ciel“ im Wiener Grand Hotel und die Taverne im Schloss Grafenegg.  Er führt drei Hotels, darunter eine RELAIS & CHÂTEAUX-Luxusunterkunft. Bodenhaftung ist Mörwald,verheiratet und  Vater von drei Töchtern, aber geblieben. Die Gaststube in seinem Hauben-Restaurant ist nach wie vor urig. www.moerwald.at

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