Plastik mit Mehrwert

Swatch-Art-Special-Modelle des 1990 verstorbenen US-Graffiti-Künstlers Keith Haring: Sie kommen mit einem sehr seltenen Poster unter den Hammer
Feinmechanik hin, edle Materialien her: Die eigentlich billigen Kunststoffuhren der Marke Swatch brechen alle Auktions-Rekorde.

Bankzinsen auf Minimalniveau, boomende Preise für Edelmetalle und Juwelen – Besserverdiener, die ihr Geld nicht nur in Immobilien oder Aktien anlegen möchten, sondern dafür neben einer satten Rendite auch "etwas fürs Auge" erwerben wollen, gehen immer öfter unter die Uhrensammler. Zu den wertbe-ständigsten Marken gehören dabei seit jeher Rolex (vor allem seltene Zifferblatt-Varianten) und Patek Philippe. Auch spezielle Modelle der Manufakturen Audemars Piguet, Jaeger-LeCoultre, Vacheron Constantin, Breguet, A. Lange & Söhne oder Panerai erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Das erstaunlichste Comeback in der Sammlergunst legt derzeit aber die Plastikuhrenmarke Swatch hin. Aktuellstes Beispiel: In Hongkong gelangt in wenigen Tagen eine der umfangreichsten Swatch-Sammlungen aller Zeiten zur Versteigerung. Erwarteter Erlös: mehrere Millionen Euro.

Im Frühling 1983 als trendige Antwort auf die so billigen wie ganggenauen Quarz-Modelle aus japanischer Fertigung in den nach Mode und Styling gierenden Markt geworfen, machte die Swatch (der Name steht für Second WATCH, also Zweituhr) rasch Karriere. Die Plastikuhren mit dem eingeschweißten Quarzwerk aus Schweizer Fertigung kosteten seinerzeit 500 Schilling pro Stück und waren von Anfang an in unterschiedlichsten Farben und Designs erhältlich, was die Begehrlichkeit rasch steigerte. Zusätzliche, streng limitierte Sondermodelle, teils von bekannten Künstlern gestaltet, teils aus speziellen Materialien gefertigt, erhöhten das Suchtpotenzial zusätzlich. Und so etablierte sich ein weltweiter Sammlermarkt, auf dem für Sondermodelle, Varianten und Prototypen der Plastikuhr teilweise absurd hohe Preise von (umgerechnet) vielen tausend Euro erzielt wurden. Und das alles bei einem Herstellungspreis, der – ungeachtet der Seltenheit eines Modells – immer nur bei einigen Euro lag.

Gegen Ende des Jahrtausends kühlte dieser Markt allerdings zusehends ab, was wohl auch daran lag, dass Swatch immer mehr unterschiedliche Modelle und Modellreihen entwarf. Die Swatch war endgültig ein Alltagsprodukt geworden.

Doch der Uhrensammlermarkt wächst laufend, viele Zeitmesser gelten heute – wenn man klug kauft – zumindest als ordentliche Geldanlage. Und so erliegen seit einiger Zeit auch immer mehr Sammler erneut der Faszination der wandelbaren Plastikuhr. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die neue Sammelwut im Jahr 2011, als in Hongkong die Kollektion des Schweizer Unternehmerehepaares Peter und Linda Blum versteigert wurde. Insgesamt 4.363 Uhren, darunter unzählige Varianten und Prototypen, wurden auf einen Schlag ausgerufen. Den Zuschlag erhielt letztlich ein Anwalt aus Asien, dem die Sammlung gut 6,6 Millionen Dollar wert war.

Eine Rekordsumme, die nun allerdings überboten werden könnte. Denn am 7. April kommt, ebenfalls in Hongkong, die sogenannte "Dunkel-Collection" unter den Hammer. Das Auktionshaus Sotheby’s preist diese als "eine der größten privaten Swatch-Sammlungen aller Zeiten" an, und dürfte damit richtig liegen. Insgesamt umfasst das Mega-Los (die Sammlung wird nur im Ganzen versteigert) 5.632 verschiedene reguläre Swatch-Modelle aus den Jahren 1983 bis 2008. Dazu kommen 45 Prototypen, 66 Sets mit Sondereditionen (etwa je eine der seltenen Mimmo-Paladino- und Kiki-Picasso-Swatches), 19 Maxi-Swatches sowie verschiedenste Swatch-Memorabila, eigens geschaffene Kunstwerke mit Bezug zu den Uhren und spezielle Werbemittel wie Poster oder Figuren. Experten erwarten, dass die Auktion das Ergebnis von 2011 übertreffen und die "Dunkel-Collection" zur wertvollsten Swatch-Sammlung aller Zeiten machen wird. Zumindest, bis der nächste Mega-Sammler seine Plastik-Schätze aus dem Tresor holt.

Plastik mit Mehrwert
wo14 SWATCH & ART FROM THE DUNKEL COLLECTION

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