Star der Woche: SEVDALIZA
Nach der überragenden Lafawndah kommt auch die Entdeckung dieser Woche aus Persien. Ihre Eltern flohen mit SEVDALIZA aus dem Iran als sie noch ein Baby war. Aufgewachsen ist sie in einer ländlichen Idylle Holands, mit 16 zog sie ins große Rotterdam. Sie hatte ein Basketball-Stipendium, lebte im Internat, besuchte die Akademie des Vereins. "Wenn du professionell Sport betreibst, lernst du viel über Disziplin - und gelangst an einen Punkt, an dem es für dich selbst nichts anderes gibt als besser zu sein. Besser als alle anderen, besser als du selbst..."
Noch während ihres Kunst- und Kommunikationswissenschafts-Studiums kehrte sie der Sportwelt den Rücken und verlegte sich ganz auf ihre zweite Leidenschaft: die Musik. Anders als bei ihrer französisch-amerikanischen Kollegin Lafawndah geht SEVADLIZAS Weg nicht über eine intensive Rhythmik, sondern eher über leise, gebrochene Beats. Assoziationen mit Trip-Hop, vor allem Portishead werden wach, auch stimmlich. Dabei sind ihre Songs nicht weniger intensiv. Manchmal bedrohlich. Immer schön. Und wenn's grad passt, kann sie schon auch ordentlich abgrooven.
SEVDALIZA: „Benenn es nicht um, wenn es nicht ausgesprochen werden kann. Verachte es nicht, wenn es unbekleidet ist. Missbrauche es nicht, wenn es verletzlich ist. Ehre es nicht nur in Gebäuden mit Wänden aus Marmor. Steinige es nicht, wenn du es nicht verstehst. Töte es nicht mit Samthandschuhen, denn sie werden es nur mildern.“
CATCH & RELEASE
MATT SIMONS
Auf Umwegen zum Superstar: Vor einem Jahr veröffentlichte der New Yorker sein zweites Album, ohne dass jemand davon Notiz genommen hätte. Und jetzt ist der Remix des Titeltracks plötzlich Nummer eins in Frankreich, Deutschland, Österreich ... Die Änderungen sind kosmetisch, der Song war vorher schon gut: Perfekte, leicht folky Sommer-Vibes im grauen Winter wärmen Herz und Seele. Der Rest der Scheibe ist gänglich unverändert. Im Guten wie im Schlechten. Also vom hübsch arrangierten Song- writer-Gefühlspop wie „Back Home“ und „Water“ bis zum schon beinahe widerlich abgedroschenen „Tonight“. (Sony)
DON’T YOU
WET
Clever, 100 Prozent kantenfrei, beinahe wie ein Bad in Zuckerwatte. Und trotzdem hat der Pop des Trios aus Brooklyn einen ganz eigenen Zauber. Wenn man nicht grundsätzlich easy-listening-allergisch ist. Hat man beim Opener „It’s All In Vain“ noch das unbestimmte Gefühl, doch bald aus dem Aufzug aussteigen zu müssen, fährt man schon mit der Single „Deadwater“ ganz gern weiter – und beim dritten Song („Your Girl“) hofft man, dass die Fahrt bis über die Wolken weitergeht. Sanfte Synthie-Wellen plätschern um langsame Beats, dazu gefühlvoll gezupfte Gitarren, und Kelly Zutraus Engelsstimme: „Say you need me ...“ (Columbia)
KING PUSH: PRELUDE
PUSHA T
Der einzige Kritikpunkt: Die CD ist nur knapp über 30 Minuten lang, ein Teaser für das lange erwartete echte „King Push“-Album des Rappers aus Virginia. Alles andere ist so gut, packend und mitreißend, wie man es von Herrn T erwartet. Schnappend böse Rhymes, vor denen Lil Wayne genauso zittert wie Drake, durchaus witzige persönliche Einblicke: „Mom’s in the Bahamas for the month/She probably sittin' in her pajamas, having lunch. Swordfish.“ Dazu perfekte, meistens auch spannende Beats & Samples („Untouchable“, „Crutches, Crosses, Caskets“!) und jede Menge coole Gäste: Kanye West, A$AP Rocky, Kehlani – und Jill Scott bei der düsteren Ballade „Sunshine“. (Def Jam)
SPEEDIN’ BULLETS 2 HEAVEN
KID CUDI
Seit Kanye West ihn vor 13 Jahren entdeckt hat, ist der Rapper aus Cleveland einer der spannendsten und auch einflussreichsten Künstler im Hip-Hop-Genre. Völlig überraschend serviert er jetzt ein Garagenpunk-Album. Das die Kritiker weltweit kollektiv und auf Anhieb hassen. Warum eigentlich? „Man In The Night“ und „Fade 2 Red“ etwa sind richtig schön Stooges-dreckige Reinknüppler, „Adventures“ dreht nach ein paar Takten aus diesem Fahrwasser ab und wird eine Trip-Hop-Ballade. Weil bei 26 Songs auch Schrott dabei ist? Geschenkt. Weil Cudi kein richtig superguter Gitarrist ist? Ein dämlicheres Argument hab ich lange nicht gehört. (Republic)
SEVDALIZA: One Armed Lullaby – Brandneuer, hypnotisch langsamer Track der holländisch/iranischen Songwriterin.
CHAIRLIFT: Moth To The Flame – Up and dancing: Beauty Caroline Polachek ist weiter im 80s-Disco-Fieber. Super.
BIRDY: Keeping Your Head Up – Das ehemalige Wunderkind ist 19 und serviert uns eine überraschend tanzbare Ballade.
ERYKAH BADU: Phone Down – Schon klar, die aktuelle Single heißt „Trill Friends“. Aber die vorletzte ist einfach besser.
GIA: Warrior – Die junge Amerikanerin wird heuer die Musikszene aufmischen. Versprochen.
ELLIPHANT: North Star – Die Göre vom Dienst ist überraschend melancholisch. Ein „Weihnachtslied“, passt aber auch zum Jänner.
ADULT MOM: Survival – Holperndes Gitarrenschrummschrumm aus einer New Yorker Garage. Muss man einfach lieb haben.
HINDS: Garden – Gitarrenrockparty in einer Garage in Madrid. Bierflasche in die Hand und Haare schütteln!
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