Sonya Kraus über Lebenssinn

Sonya Kraus über Lebenssinn
Einst sexy TV-Blondine, jetzt Backbuch-Autorin: Das Leben von Sonya Kraus, 40, hat sich gewandelt. In der erzählt sie, wie es ihr als Zweifach-Mama geht, warum sie es klug fand, im Fernsehen Buchstaben umzudrehen und wieso sie sich nach dem Tod ihres Vaters gute Laune verordnet hat. Ein Gespräch über Kinder, Küche und Karriere.

freizeit: Frau Kraus, ...

Sonya Kraus: Bitte, ich bin die Sonya. Frau Kraus klingt komisch. Das sagt ja auch keiner zu mir.

Okay, Sonya. Ich dachte, jetzt wo Sie ein Backbuch geschrieben haben, wäre das die passende Anrede.
Ja, ich backe für mein Leben gerne. Im Gegensatz zu kochen. Kochen muss man, Backen ist Luxus. Und so eine Schweinshaxe sieht ja auch ganz anders aus als ein hübsches Küchlein.

Retro-Sachen wie Backen und Stricken sind wieder in Mode gekommen. Was glauben Sie denn, woran das liegt?
Vor Kurzem wurde ich de facto gezwungen, für meinen älteren Sohn eine Mütze zu häkeln. Eine Mutter meinte, es wäre nett, wenn alle Kindergarten-Kinder eine Mütze mit gleichem Muster hätten. Zuerst dachte ich: „Ist die irre? Hat die nichts anderes zu tun?“ Aber nach acht Stäbchen und drei Luftmaschen habe ich plötzlich bemerkt, wie ich mich entspanne. Das ist vielleicht eine andere Form von Yoga, wie Backen. Es entspannt und bremst mich.

Die Antithese zur digitalisierten Welt.
Das muss sich ja nicht beißen, aber ich glaube schon, dass die Welt für uns Menschen manchmal zu schnell geworden ist. Retro bremst uns im positiven Sinn. Wenn man sich Zeit für etwas nimmt, das man nicht tun müsste, hat das was.

Zeit dürfte in Ihrem Leben ja Mangelware sein. Kinder, Küche und Karriere ist doch ziemlich viel auf einmal.
Ich weiß ja nicht, wie das viele Ladys mit fünf Kindern machen, aber ich bin mit einem Ein- und einem Dreijährigen manchmal restlos überfordert. Und dann noch meine Neben-Jobs. Aber ich bin mir natürlich bewusst, dass ich in einer luxuriösen Position bin und schätze das auch.

Man sieht Ihnen den Stress nicht an.
Das ist vielleicht die innere Einstellung. Und ich kenne ja alle Tricks, worüber ich ja schon ein Buch geschrieben habe. Wenn ich meine dunklen Augenringe übertünchen will, weiß ich, wie’s geht.

Sie schupfen die Herausforderung von Familie und Beruf also nicht mit links?
Nein, gar nicht. Ich schaffe es halt gerade so. Sobald eine Kinderkrankheit dazukommt, explodiert das ganze Gebilde. Dann denke ich mir: „Das kann nicht wahr sein.“ Ich will nicht immer für zwei Menschen zusätzlich vom Pipimachen bis zum Zähneputzen alles mitdenken.

Und trotzdem sind Kinder angeblich das Schönste der Welt.
Das sind sie auch. Himmel und Hölle, Zuckerbrot und Peitsche. Ein Kind ist kein Kind. Das ändert sich, wenn ein zweites dazukommt. Denn wenn eines gesund ist, wird das andere garantiert krank. Auch nach dem Urlaub denke ich mir oft: „Super Zeit mit den Kindern, tolles Wetter. Aber jetzt brauche ich eine Woche Erholung.“ Es ist so verrückt. Ich hätte mir nie gedacht, dass das so intensiv ist.

Sie moderieren im Moment eine Web-Show. Gab es nach der Geburt Ihrer Kinder einen Karriere-Knick?

Eindeutig. Es gibt viele Dinge, die ich nicht mehr machen kann, zum Beispiel fünf Tage die Woche live aus München moderieren. Ich kann auch nicht drei Wochen am Stück von zuhause weg. Früher habe ich da nicht mal mit der Wimper gezuckt. Da habe ich meiner Mutter einfach einen Dogwalker für meine Hunde zur Seite gestellt und weg war ich. Und wenn mein Freund Sehnsucht hatte, ist er mir eben nachgeflogen. Mit Kindern ist man nicht so flexibel.

Es gibt viele Medien-Menschen, die trotz Kindern voll im Job bleiben – Sylvie Meis zum Beispiel.
Ich will nicht werten, was andere tun. Aber das tue ich meinen Kindern sicher nicht an. Ich will nicht, dass sie auf Flughäfen groß werden. Sie haben ihre Struktur, die sie auch brauchen. Sie wissen genau: Am Montag ist dies oder das und am Dienstag ist Opa-Titti-Tag. Das tut ihnen meiner Meinung nach auch gut.

Vor unserem Treffen habe ich mir Ihre Homepage angeschaut. Sie strahlt totale Lebensfreude aus. Und wenn man unter „Privates“ von Ihren Schicksalsschlägen liest, zieht man den Hut. Sie haben sich offenbar nicht unterkriegen lassen.

Das stimmt. Aber das ist alles natürlich auch schon eine Weile her.

Mag sein, aber was Sie schreiben, ist bestimmt nicht leicht wegzustecken. Als Ihr Bruder am plötzlichen Kindstod starb waren sie sechs, fünf Jahre später hat sich Ihr Vater umgebracht. Wie verarbeitet man das?
Ich sage immer, dass mich das sehr geprägt hat, aber im positiven Sinne. Ich weiß genau, was im Leben wichtig ist, dass die Zeit endlich ist und man sie jetzt nutzen muss. Es kann morgen vorbei sein. Deshalb habe ich mir als Doktrin gute Laune auferlegt. Das wird oft mit Oberflächlichkeit verwechselt. Aber es resultiert aus einer intensiven Phase der Nachdenklichkeit und des Sinnierens über den Sinn des Lebens und das Leben an sich. Das Leben ist zu kostbar für schlechte Laune.

Kann man sich gute Laune verordnen?
Bei mir war das eine bewusste Entscheidung. Aber es muss natürlich jeder für sich entscheiden, wie er mit Problemen und schwierigen Situationen umgeht. Für mich sind jedenfalls nur Ereignisse wie Krankheit, Tod und Teufel schlimm.

Und wenn Sie mal Ihr Handy verlegen?
Dann laufe ich auch hysterisch fluchend durchs Haus. Aber irgendwann kommt ein Punkt, wo ich mir sage: „Moment, bist du bekloppt?“ Ich kann mich dann wirklich zurückpfeifen. Das gibt mir eine Souveränität im Umgang mit dem Leben. Ich weiß, was Probleme sind und was nicht.

Interessant fand ich auch, dass Sie mit knapp über 20 ein Haus gekauft haben. Ungewöhnlich für eine junge Frau.
Eigentlich würde sich eine 23-Jährige wohl eher ein tolles Auto oder irgendeinen Luxusartikel kaufen. Aber das hat einen Hintergrund. Als mein Vater sich das Leben genommen hat, mussten wir auch unser Haus verkaufen. Das heißt, ich habe Vater und zuhause gleichzeitig verloren. Das war beides schrecklich für mich. Es war mein Traum, für meine Mutter und mich wieder ein Eigenheim zu erarbeiten.

Sie waren damals Model.
Ja, und das verdiente Geld habe ich in Bausparverträge investiert. Damals war ja Hochzinszeit. Während meiner Model-Zeit bin ich immer mit hochgerecktem Hals durch die Städte gefahren, in denen ich gerade war. Ich hatte immer schon ein Faible für Architektur. Nicht umsonst liebe ich Wien auch so sehr.

Kein Kinderspiel, ein Haus zu kaufen. Woher hatten Sie mit 23 das Know-how?
Weder meine Mutter noch ich waren Ökonominnen. Dementsprechend habe ich mich in Baufinanzierung und Steuersparmodelle eingelesen. Mit 23 – blond und gut gelaunt – hat mich niemand ernst genommen, dem ich gegenüber gesessen bin. Weder die Makler noch die Herrschaften von der Bank. Gott sei Dank wusste ich, wie ich mich bilde und bald konnte mir niemand mehr was erzählen. Es hat mir dann auch richtig Spaß gemacht, dass Menschen mich unterschätzen.

Haben Sie gar keine Fehler gemacht?
Oh doch. Nach dem Hauskauf kamen leider noch Nebenkosten dazu. Hauserhaltung, Grunderwerbssteuer und vieles mehr. Das hat sich summiert. Ich übertreibe jetzt ein wenig, weil ich ja meine Mutter hatte. Aber ich stand kurz vor der Pleite. Aus der Not heraus habe ich dann begonnen, im Haus viel selbst zu machen.

Es war also auch kein Zufall, dass Sie „Do It Yourself – SOS“ moderiert haben.
Für die Sendung habe ich viel investiert. Aus meiner Model-Zeit in den Staaten kannte ich Heimwerkersendungen, und mir machte das ja immer Spaß. Aber als ich „Pro Sieben“ den Vorschlag für die Sendung gemacht habe, wurde das lange als komisches Hobby abgetan. Irgendwann gab es dann eine Doku, in der zu sehen war, wie ich zuhause Estrich gieße. Plötzlich war das Thema spannend. Wir sind als Erste gestartet. Ein Jahr später gab es acht Sendungen.

Haben Sie eigentlich alle Sendungen, für die Sie vor der Kamera gestanden sind, gerne moderiert?
Ich war eigentlich immer sehr glücklich mit dem, was ich gemacht habe. Auch mit dem Glücksrad, wo ich für viele „nur“ die Buchstaben umgedreht habe.

Hatten Sie nicht Lust auf mehr Anspruch?
Journalisten haben mir zu der Zeit oft sehr komische Fragen gestellt. Als wäre ich grenzdebil, weil ich diesen Job mache. Ich fand aber, dass das ein hochintelligenter Job war. Ich dachte mir nur: „Was wollen die von mir? Ich kriege ein Vermögen, dass ich diesen Job mache.“ Das war einfach super. Und während der Drehpausen habe ich ein Buch gelesen oder irgendwelche Jeans bestickt.

Kluge Einstellung.
Thomas Hermanns, der deutsche Comedian, hat mal etwas ganz Wichtiges zu mir gesagt. Ich hatte gerade in meiner Heimat Frankfurt einen Vertrag mit dem „English Theatre“ unterschrieben und habe gejammert, weil es ein Einakter in British English war. Und Thomas meinte nur: „Das hast du dir doch ausgesucht. Egal, was du tust, genieß es!“ Das ist ein bisschen mein Mantra geworden. So und jetzt habe ich Lust auf ein Stück von diesem herrlichen Kuchen hier.

Wir hatten doch schon eines.
Ach, ist doch egal. Wir üben jetzt einfach zu genießen. Mahlzeit!

Kommentare