Schon einmal den Tag in luftiger Höhe auf 1.500 Metern mit dem „Gosté sön munt“, einem Frühstück am Berg, begonnen? Hier in Alta Badia, am Fuße des Gardenaccia, gibt es zur Aussicht auf felsige Gipfel, einen herrlichen Sonnenaufgang und Alphorn-Musik dazu. Mitten in den Dolomiten, die Le Corbusier als „die schönste Architektur der Welt“ bezeichnete, liegt das Gadertal. Die Region im ladinischen Teil Südtirols, bekannt auch von den Skiweltcuprennen auf der Gran Risa, ist UNESCO-Welterbe, und punktet heute nicht nur durch ein breites Angebot an wunderbaren Routen zum Biken und Hiken, sondern ist auch wegen der köstlichen Kulinarik beliebt.
Jause mit Vielfalt
Die ladinische Küche verbindet alpine und mediterrane Akzente zu typischen Schmankerln – von Fortaies, süßen herausgebackenen Strauben, über Turtres, gefüllte, frittierte Teigtaschen, bis zu gefüllten Tortellini mit Speck und Ricotta vom Sterne-Koch, die man bis in den Spätherbst hinein sogar oben auf den Berghütten verkosten kann.
Aber selbst wenn Wanderer und Biker nur Brot, Wurst und Käse in ihren Rucksack packen, ist das fast schon ein Festmahl. In den kleinen Bäckereien und bei den Fleischhauern Alta Badias kommt nämlich nur frische Ware, etwa Kaminwurzen, Rindfleisch und heimische Käsesorten, ins Regal, die direkt von regionalen Bauern und Produzenten stammt.
Selbstverständlich ist auch der gute Südtiroler Wein wie Lagrein oder Vernatsch im Picknickkorb und auch auf frischen Meeresfisch muss man hier im Tal nicht verzichten: Dank großer Nachfrage nimmt ein Fischhändler täglich den Weg von Chioggia, Venetien, über den Falzarego-Pass herauf nach Alta Badia, mit frischen mediterranen Köstlichkeiten von Austern bis Hummer im Gepäck. Sollte zur Jause dann doch noch etwas im Rucksack fehlen, beschafft man sich das einfach aus dem „essbaren“ Wald.
Soeben eröffnete im Masisti-Wald auf dem Campolongopass, der „Food Forest“, voll mit herrlichen Waldbeeren und Pilzen. Der Waldgarten, der nach einem Sturmschaden mit ökologischem Know-how wieder aufgeforstet wurde, ist ein vielversprechendes Projekt, denn der Wald bindet nicht nur dauerhaft , er verbessert die alpine Artenvielfalt und steigert die Fruchtbarkeit des Bodens. Denn alle Gadertaler fühlen sich ökologischer Nachhaltigkeit, „clean eating“ und Umweltschutz verpflichtet.
Verkocht wird alles
Besonders in den vergangenen Jahren hat sich hier, auch dank einer Initiative Norbert Niederkoflers, dem „Koch der Alpen“, eine Wertschöpfungskette manifestiert, die den Natur-Kreislauf vom regionalen Produzenten bis zum Konsumenten verfolgt. Niederkofler, Inhaber des Restaurants AlpInn am Kronplatz, und Gründer des Projektes „Cook the mountain“, ruft mit seiner Bergküche zu einem bewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen auf. „Für mich ist Kochen Teil der Kultur. In der Kultur wie auch im Kochen ist es sehr wichtig, Wurzeln zu haben“, so der Ahrntaler. „Wir möchten mit lokalen Produkten und alten Kochmethoden auf unsere Wurzeln zurückgreifen und diese in die heutige Zeit bringen, um so den Lebensraum der Berge für die nächsten Generationen intakt zu halten.“ Dazu gehören nicht nur das Verkochen aller Zutaten, damit kein Abfall entsteht, sondern auch das Wissen um alte Gemüsesorten, den Zusammenhang zwischen Landschaft, Anbau und Viehzucht, Menschen und Küche. Auch deshalb setzt Niederkofler auf 0-Kilometer-Bio-Produkte, die direkt aus dem eigenen Anbau kommen, wie etwa die Bergartischocke, die er auf 1.500 Metern Höhe, wieder heimisch machte.
Dass sogar Meeresfisch oben am Berg Tradition hat, verdankt Hochabtei einem Hüttenwirt. „Hier bei uns oben war früher das Meer, deshalb findet man in den Felsen bis heute fossile Fische. Wir sind quasi noch immer an der Quelle“, sagt Moritz Craffonara, Senior-Hüttenwirt vom Club Moritzino am Piz la Ila.
Deshalb serviert er bereits seit über 50 Jahren seinen Gästen frischen Fisch aus dem Mittelmeer. So kommen Gerichte wie „Tagliolini al nero di seppia auf einem Teppich aus Miesmuscheln und Carpaccio von Jakobsmuscheln“ oder frische Austern, zubereitet von Küchenchef Marco Spinelli, auf den Tisch.
Wer jetzt Lust auf Bergluft und köstliches Essen bekommen hat, kann hier noch bis Ende September herrliche Gourmet-Veranstaltungen auf den Almen buchen. Etwa „Cujiné te ütia“, kochen zwischen den Gipfeln, eine Verkostung Südtiroler Biere und Vins, oder eine Knödel-Verkostungstour. Während der letzten beiden Septemberwochen steigen auch Sterne-Köche hinauf auf die Hütten, um Menüs mit regionalen Zutaten zu verkochen. Und weil alle Hütten bequem mit der Gondel erreichbar sind, ist auch das verkosten der „Vins alaleria – Weine unter freiem Himmel“ kein Problem. „Vives, Enrosadira“, sagen die Ladiner beim Zuprosten bei Sonnenuntergang.
gourmet-tipps
Sterne-Küche:
„St. Hubertus“, Hotel Rosa Alpina, St. Kassian, von Norbert Niederkofler, https://www.rosalpina.it
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