Sex, Glamour und Kanonen
Der Skriptautor ist 80, der Regisseur immerhin 75 Jahre alt. Aber keine Angst, wenn sich Pulitzerpreisträger Cormac McCarthy und Regisseur Ridley Scott („Alien“, „Hannibal“) zusammentun, ist das kein Fall für den „Seniorenclub“. Ihren Drogenthriller „The Counselor“ adelte die US-Kritik bereits als „,No Country for Old Men’ auf Steroiden“. Im Klartext: Jede einzelne der 117 Minuten knistert vor Spannung – und Erotik.
Verraten wird nichts, nur so viel: So wie Cameron Diaz hier einen Sportwagen besteigt, bringt sie auch Ferrari-Fahrer zum Erröten. Und die haben nun wirklich schon viel von der Welt gesehen.
Für Michael Fassbender („Prometheus“) wäre der italienische Sportwagen zu vulgär. Als Anwalt im feinen Zwirn, der sich auf böse Geschäfte mit Drogendealern eingelassen hat, schätzt „The Counselor“ die noble Zurückhaltung eines Bentleys. Auch sonst gibt sich der Gentleman mit teurer Geliebten (Penélope Cruz) reichlich smart, entpuppt sich jedoch bald als wirklich nicht clever genug, um mit gerissenen Killern mithalten zu können.
Als Zuseher wird man jäh von der luxuriösen Welt texanischer Nobelvillen mit prächtiger Pool-Landschaft auf die staubige Realität mexikanischer Landstraßen gestoßen. Sowieso ist nichts und niemand so, wie es auf den ersten Blick scheint. Und warum muss ein Star wie Brad Pitt ausgerechnet in dieser Szenerie dandyhaft als Nebendarsteller im Stetson und Westerndress daherstolzieren? Ein zwischen Geld, Gier, Groteske und Gewalt irrender Plot wie dieser könnte nach ziemlichem Tschinbumm aussehen. Und sich vor allem so anhören.
Bei aller Brutalität schimmert gerade in den Dialogen so viel Raffinesse durch, wie man es in diesem Genre nicht gewöhnt ist. Sie stammen von einem Genie des Fachs, von Cormac McCarthy, einem Autor, dessen Romane regelmäßig verfilmt werden. Die „New York Times“ verlieh ihnen kurzerhand das Prädikat: „Hypnotisierende Poesie.“ Entstanden ist ein Opus, das an Wucht und Dramatik antiken griechischen Tragödien nahekommt. Das US-Kinopublikum ließ dies jedoch vorerst eher kalt. „The Counselor“ (dt. der Berater) kam beim Filmstart vor zwei Wochen auf ein mattes Einspielergebnis von weniger als acht Millionen Dollar. Dabei lagen die Erwartungen noch optimistisch zwischen zehn und zwanzig Millionen Dollar.
Die Hoffnungen ruhen jetzt voll auf dem europäischen Markt. So gesehen, könnte dem Drama durchaus ein Happy End winken. Zum einen versteht man es zwischen Athen und Aberdeen besser, wenn Dialoge so gedrechselt sind, dass sie einer Theaterbühne würdig wären. Zum anderen haben an „The Counselor“ beinahe halb so viele Europäer wie US-Amerikaner mitgewirkt. Iffland-Ring-Träger Bruno Ganz etwa glänzt in einer kleinen, aber entscheidenden Rolle als Diamantenhändler.
Dabei war nicht allein die tatkräftige Hilfe von Schauspielern gefragt. Selbst der Gegend rund um Alicante ist es nicht anzusehen, dass sie bei den Dreharbeiten für die mexikanische Wüste herhalten musste.
Genau so wenig ahnt man das Alter des Regisseurs. „Diese Generation ist so voller Energie“, lobte Michael Fassbender Routinier Ridley Scott. „Er hat uns alle angesteckt.“ Das spürt man.
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