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Tom Hanks und Steve Martin haben ihre Gaudi mit der Selfie-Manie.
Ob Selfies, Tweets oder iTunes: Wer sich im Jahr 2013 online umtriebig zeigt, hat die Nase vorn.

Der eine macht es aus Hunderttausenden Metern Höhe. Der andere angesichts einer hohen Persönlichkeit. Im dritten Fall sind es hohe Tiere selbst, die sich in einem historischen Moment verewigt sehen wollen. Was früher ein Selbstporträt war, ist jetzt ein Selfie – und das schafft es gleich zum „Wort des Jahres 2013“. Redakteure des englischen Oxford Dictionarys küren diese Form, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, zum absoluten Trend.

Trendsetter ist in diesem Fall, eh klar, ein Japaner. In der Heimat von Nikon und Canon denken die Menschen eben wie eine Kamera. Vom touristischen Motto „Ich knipse, wo immer ich bin“ zum philosophischen Ego-Trip „Ich knipse, also bin ich“ war es nur ein kurzer Weg. Akihiko Hoshide beschreitet ihn schon im November 2012. Während eines Außeneinsatzes an der Internationalen Raumstation fotografiert der Astronaut aus Tokio sich selbst – und löst im Anschluss sogar mehr als nur den Selfie-Boom aus.

Andrew Kaczynski, Reporter der Online-Plattform „BuzzFeed“, setzt einen Tweet samt Hoshides historischem Selbstporträt aus dem All ab, kommentiert ihn kurzerhand mit: „Es gibt Selfies und, nun, es gibt Selfies“ und landet damit einen ironischen Seitenhieb gegen den eben einsetzenden Online-Exhibitionismus von Justin Bieber, Kim Kardashian & Co.

Die Folge: Die Twitter-Community reagiert im Nu mit mehr als 3.000 Retweets – und übertrumpft damit die künstliche Aufgeregtheit der eitlen Society-Szene.

Als die beiden US-Präsidententöchter Sasha und Malia Obama bei der zweiten Amtseinführung ihres Vaters in Selfie-Pose abgelichtet werden, ist die modische Bezeichnung für das altmodische Wort Selbstporträt noch taufrisch. Popstar Rihanna macht das Phänomen populär, der frischgebackene Papst Franziskus zeigt sich im Kreis Selfie-fotografierender Jugendlicher up-do-date und aufgeschlossen wie ein visionärer PR-Stratege.

Als Monate später Barack Obama in Johannesburg bei der Trauerfeier für Nelson Mandela mit der dänischen Premierministerin als Selfie ertappt wird, ist der Hype um die geposteten Handy-Aufnahmen auf dem Höhepunkt.

Spätestens seit ihrer Ehe mit Milliardärs-Rapper Jay Z gleicht der Alltag von Soul-Sängerin Beyoncé Knowles einer Tour de force im Promi-Schaulaufen. Umso überraschender ist, dass sie ihr aktuelles Album ohne Vorwarnung von Fans und Medien und ohne jeglichem PR-Orchester über Nacht via Online-Plattform iTunes veröffentlicht. Und gleich alle Rekorde bricht. Schon am ersten Tag, am 14. Dezember, wird das Paket mit 14 neuen Songs und 18 Videos 430.000-mal heruntergeladen. Zwei Tage später steht Beyoncé in 100 Ländern auf Platz eins der iTunes-Charts. Schöne, neue (Online-) Welt!

Immerhin 130 Millionen Klicks verzeichnet ein Clip, der in perfekter Weise das Selfie-Phänomen in das Medium Film transportiert. Die Luftlinie Turkish Airlines schicken für die Kampagne „Widen Your World“ die Sportstars Lionel Messi und Kobe Bryant zu einem Wettlauf um die Welt. Der Auftrag: Wer schießt das spaßigste Selfie? Das Erstaunliche daran: Während sonst auf der Online-Plattform YouTube-Clips voller Blödsinn, Pannen & Peinlichkeiten ihr Millionenpublikum finden, spielt dieser Werbespot auf höchst unterhaltsame Weise ein momentanes mediales Phänomen mit Effet weiter.

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