Robert Menasse: Wer viel liest, hat kein Buch des Lebens

Robert Menasse: Wer viel liest, hat kein Buch des Lebens
Von Robert Menasse erschien zuletzt der mehrfach ausgezeichnete Roman „Die Hauptstadt“.

Wer viel liest, hat kein Buch des Lebens“ ...... sondern Bücher für alle Lebenslagen. Bei Spitalsaufenthalten lese ich jedes Mal den Zauberberg von Thomas Mann. In Zeiten, die repressiver, dümmer und tümlicher werden, empfiehlt sich auch Der Untertan  seines Bruders Heinrich. Apropos die Zeiten: Ulrich Bechers Roman Die Murmeljagd  sollte man gerade jetzt unbedingt lesen, ein Meisterwerk über Wahn und Bedrohung, die Erzählung einer Epoche, von der wir hoffen, dass sie nie wiederkehrt, während wir darüber diskutieren, ob es nicht doch Wiedergänger gibt. Wer Interesse daran hat, von einem Mann zu lesen, der sich dem Nationalismus und einem ideologischen Patriotismus verweigert (dieses Interesse wäre nicht weit hergeholt), sollte Siegfried Kracauers Roman Ginster entdecken. Und wer unter Homeoffice leidet, dem kann J. J. Voskuils Roman Das Büro ans Herz gelegt werden: irrwitzig erzählte Routine, und am Ende ist man froh, nicht im Büro, sondern zu Hause zu sein. Und wer jubeln will über die Abenteuer, die at home möglich sind: Karl-Markus Gauß’ Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer: Ein Buch, das mich glücklich machte und jeden Leser glücklich macht.

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