„Bis zum 12. 9. 2007 war der Funk- und Fernsehturm mit einer Höhe von 553,33 Metern das höchste, frei stehende Gebäude der Welt“, klärt eine Info über das Original auf. Schüler und Lehrer dreier Kärntner HTLs bauten ein Jahr lang an dem immerhin 20 Tonnen wiegenden Modell. Guggenberger: „Diese Leistung ist im Modellbau weltweit einmalig.“
Vis-à-vis befindet sich der Eiffelturm. Auch er weist eine Historie der Superlative auf. Bis zur Fertigstellung des Chrysler Building 1930 in New York galt das Pariser Wahrzeichen als höchstes Bauwerk der Welt. Superb! Aber nur die Nachbildung in Minimundus schafft die Meisterleistung, gleich zwei Mal erbaut zu werden. „Unser erster Eiffelturm wurde wegen seiner enormen Höhe von über 300 Metern nur im Maßstab von 1:50 gebaut. Wegen ständiger Reklamationen der Besucher haben wir nachgebessert“, sagt Guggenberger, „und 1967 einen Eiffelturm im Maßstab 1:25 präsentiert.“
Allein das macht verständlich, warum man hier gerne zum „Wiederholungstäter“ wird. Erstens wächst Minimundus Jahr für Jahr. Zweitens betrachtet man Bauwerke wie etwa den Taj Mahal in Indien als Kind mit anderen Augen als ein Großer. Und drittens lassen sich bei einem Spaziergang durch die seit 1958 bestehende Anlage sowohl das Fernweh stillen als auch nächste Reisepläne schmieden.
Reiseprospekt zum Betreten
Ja, man kann Minimundus auch mit einem begehbaren Reiseprospekt vergleichen. Alle hier kopierten Wahrzeichen – vom „Schiefen Turm von Pisa“ bis zur Windmühle in Retz – sind im Maßstab 1:25 zu gebaut. Nein, nicht ganz. Guggenberger: „Ausnahmen sind die Queen Mary und die Burg Hochosterwitz. Da haben unsere Modellbauer ein wenig getrickst, damit sich diese besser ins Gesamtbild fügen.“
Wegen seiner enormen Länge von 310 Metern wurde der Luxusdampfer im Maßstab 1:100 nachgebaut. Alles andere hätte den Rahmen der engen Werkstatt gesprengt.
Sechs versierte Modellbauer samt einer Handvoll Lehrlingen sind am Werk. Manche kommen frisch von der HTL, andere bastelten hier schon neben ihrem Job als Bürgermeister. Und manchmal stehen den Kärntnern auch hilfreiche Hände aus Übersee zur Seite. Der indonesische Borobudur Tempel aus Lavabasalt etwa wurde von indonesischen Modellbauern angefertigt und als Geschenk der Insel Java an Minimundus übergeben.
„Bei uns ist immer alles in Bewegung“, sagt Hannes Guggenberger, der hier auch als "Bürgermeister von Minimundus" bekannt ist. Als gelernter Konditormeister weiß der Kreativkopf der kleinen Welt am Wörthersee, dass es gerade bei Kunstwerken im kleinen Maßstab auf die Details ankommt. „Im Moment wird an Hangar-7 und Hangar-8 gearbeitet“, führt er uns zum Sehnsuchtsort vieler Flugbegeisterter. Das Original steht in Salzburg. Aber nur hier in Kärnten wird das Rollfeld penibel mit Besen und Pinsel manikürt. Gerade erst wurde Marshall Titos ehemalige „Air Force One“ fertig, eine Douglas DC-6B. „Red Bull“-Boss Dietrich Mateschitz konnte sie davor bewahren, in Afrika ein Dasein als Ersatzteillager zu fristen. Und genauso frisch poliert und glänzend steht sie als Nachbau in Minimundus. Guggenberger: „Bei ihrem Anblick leuchten die Augen eines jeden Modellbaufans.“
Hoch hinaus
Wir biegen in die hauseigene Werkstatt ab. Eng ist es da, direkt ein Wunder, dass hier Kunstwerke wie die Chinesische Mauer oder der Tempel von Chichen Itza in Yucatan entstehen. In Miniaturversion, versteht sich. Aber trotzdem. Diese Nachbauten sind alle immerhin größer als eine Hundehütte. Daher wird an den richtig großen Klötzen im Freien gebastelt. Oder im derzeit Corona-bedingt geschlossenen Indoorbereich, wo sonst ein 4-D-Kino und weitere Sehenswürdigkeiten überraschen.
Sicher, selbst das Modell von so etwas Bekanntem wie Otto Wagners Stadtbahnstation am Karlsplatz in Wien ist spektakulär. Aber so richtig geht die Show erst ab, wenn das Space-Shuttle startet. Und das macht es in Minimundus im Stundentakt.
„Bei uns läuft sogar der originale Countdown vom Band“, strahlt Guggenberger. Wie das, war hier auch schon einmal jemand von der NASA auf Besuch?
„Nein, das lief viel unkomplizierter als gedacht“, so die Antwort. Ein Modellbauer dachte sich, wenn wir es schon schaffen, unser Space Shuttle jede Stunde ein paar Meter hoch steigen zu lassen, wäre doch das Tüpfelchen auf dem i, auch den Countdown aus den Lautsprechern zu hören.
Ein diesbezügliches E-Mail an Cape Canaveral war rasch formuliert, die Antwort samt originaler Audiodatei trudelte schon am übernächsten Tag ein – fast im Raketentempo quasi.
Apropos Tempo
Bis diesen Montag hat Minimundus bis 22 Uhr geöffnet, im September nur mehr bis 19 Uhr. Und gerade in den Abendstunden zeigen sich die Sehenswürdigkeiten wieder von einer anderen Seite. „Hier leuchtet sogar der Aufzug“, weist Hannes Guggenberger auf ein im Sonnenlicht kaum erkennbares Detail des CN-Towers hin. Wir sehen, wir müssen noch einmal kommen.
Minimundus, die Kärntner Institution wurde 1958 unter dem Namen „Minieurop“ gegründet. Geht es nach den Wünschen der Besucher, fehlt ihnen nur eines: die Golden Gate Bridge von San Francisco. „Das würden wir schon schaffen“, bestätigt Modellbauer Stefan Zobernig, der Groß-Cousin des Künstlers und Akademie-Professors Heimo Zobernig „Aber nicht im Maßstab 1:25, denn dann würde sie weiter über den Park hinaus ragen.“
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