Urlauben wie der Papst - in der Provence!
Leben wie Gott in Frankreich? Das ist ein Ziel, das wir eventuell nie erreichen werden. Urlauben wie die Päpste in der Provence ist allerdings quasi das zweitbeste – und das lässt sich durchaus in die Tat umsetzen. Warum die Päpste ausgerechnet in der Provence geurlaubt haben sollen? Weil sie gut 100 Jahre in Avignon residierten und ihre Sommerfrische gern im idyllischen Hinterland verbrachten.
Châteauneuf-du-Pape kam auf diese Weise zu seinem Namen, hier bezog Johannes XXII. im Jahr 1333 seine neue Sommerresidenz, und dass er gutem Wein nicht abgeneigt war, hat dort, wie in vielen weiteren Orten der Provence, deutliche und vor allem noch heute schmeckbare Spuren hinterlassen.
„Sur le pont ...“
Aber zuerst nach Avignon, wo alles begann.
Genau, die Stadt, die wir alle hauptsächlich wegen der Brücke kennen, die heute so malerisch im Nirgendwo zwischen Wasser und Land endet: Sur le pont d'Avignon ... Getanzt wurde früher freilich nicht auf der Brücke, wie im Lied, sondern unter der Brücke – Sous le pont, wie auch der ursprüngliche Titel lautete. Denn zur Zeit ihrer Erbauung im 12. Jahrhundert war sie mit 915 Metern nicht nur die längste Brücke Europas, sondern überspannte auch die mitten in der Rhone gelegene Insel Île de la Barthelasse, und genau dort befand sich in alter Zeit das Vergnügungsviertel der Gegend mit Jahrmärkten und Weinausschank. Außerdem hatte sie wohl, wie die meisten mittelalterlichen Brücken keine Brüstung, was das Tanzen, vor allem, wenn es mit schnellen Drehungen und einem eventuellen Damenspitz einhergeht, doch ein wenig gefährlich macht. Erbaut hat die Brücke übrigens ein besonders lebensfroher Adeliger aus der Gegend, nämlich ein gewisser Graf Louis de Sade. Richtig, das ist der Urururururur-Großvater des göttlichen Marquis, der sich selbst auch noch oft in der Gegend aufgehalten hat, immerhin war eines der Stammschlösser der Familie, die auch unter dem Namen de Mazan bekannt war, in eben dieser provenzalischen Kleinstadt, nur 20 Kilometer nördlich von Avignon ...
Aber egal, welche Gedanken man nun hegen mag, wenn man die Brücke beschreitet, sie reicht längst nicht mehr bis zur Insel, Kriege, Stürme, und am Ende ein Jahrhunderthochwasser im Jahr 1660, setzten ihr derart zu, dass sie schließlich nicht mehr aufgebaut wurde. Was sie als Motiv für Maler oder heute eben Instagrammer allerdings noch beliebter machte.
Die Insel, auf der früher getanzt wurde, ist heute Naherholungsgebiet, Bootsverleih, Campingplatz, Wanderwege, alles da. Und dazu auch ein riesiger Parkplatz. Wer mit dem Auto nach Avignon will, versucht besser gar nicht erst, direkt in die Stadt zu fahren, sondern parkt besser hier.
Die Zeit steht still
Die Altstadt selbst ist ohnehin autofrei, schmale Gassen, in denen man sich verlieren möchte, entzückende Plätze, Schanigärten überall. Aber Achtung, die Franzosen nehmen es ernst, wenn’s um den Unterschied zwischen Bistros bzw. Restaurants und Cafés/Bars geht. Die Tische der Ersteren sind ausschließlich für Menschen reserviert, die auch essen wollen. Nur mal schnell ein Bier zischen geht da nicht, auch wenn genügend Plätze frei sind.
Sehr gut geht das allerdings im L'Explo, einer hippen Bar in der malerischen Rue de Teinturiers, also der alten Straße der Färber. Kopfsteinpflaster, eine Platanenallee am Kanal, der direkt neben der Straße gemütlich vor sich hin gurgelt. Die Mühlräder erzählen von einer anderen Zeit, während kleine Boutiquen und Kunsthandwerksläden charmant dem aktuellen Zeitgeist verhaftet sind. Hier lässt es sich beinahe paradiesisch gut sitzen, egal ob man nur kurz Rast machen möchte, weil die gotische Pracht des riesigen Papstpalastes einem den Atem geraubt hat und man sich stärken will, um dann weiterzuziehen, zur verwunschen schönen Kapelle Pénitents Gris zum Beispiel, nur ein paar Schritte entfernt oder ins Musée du Petit Palais, nicht das größte Museum der Stadt, aber das feinste, in dem es auch immer wieder Leihstücke aus dem Pariser Louvre zu bewundern gibt. Man kann hier aber auch den Abend gemütlich ausklingen lassen. Nach einem Restaurant- oder Theaterbesuch zum Beispiel – Avignon hat die wahrscheinlich höchste Dichte an Theatern jeder Art, hier ist immer etwas los, nicht nur zum spektakulären Festival im Juli.
Gestärkt von einer Nacht in einem der bezaubernden Altstadt-Hotels, die hinter ihren jahrhundertealten Fassaden oft prachtvolle Gärten verbergen, lassen sich dann die Sommerfrischen der Päpste, die Wein-, Oliven- und Trüffel-Hochburgen mit Elan und Esprit erkunden.
Landpartie
Das Tolle an diesem Teil der Provence: Die Entfernungen sind überschaubar, die pittoresken Ortschaften, Châteaus und Kirchen geben einander praktisch die Klinken in die Hand. Das Problem: Es sind so viele! Die Entscheidung fällt schwer, wo man tatsächlich anhalten soll. Manzan, mit dem Schloss der de Sades haben wir schon erwähnt, dann Orange, mit dem beeindruckenden römischen Amphitheater, in dem immer wieder auch Konzerte stattfinden. Etwas weiter im Nordosten gibt es mit Gigondas ein Dorf, dessen Weine den berühmteren aus Châteauneuf-du-Pape um nichts nachstehen. Hier erheben sich die sonst üblichen „Weinhügel“ zu tatsächlichen Bergen über denen die grauen Felszacken der Dentelles de Montmirail beinahe Dolomiten-Flair verbreiten. Eine Wanderung ist beinahe Pflicht.
Die Ecke der Provence hat es überhaupt in sich. Suze-la-Rousse etwa, ein Städtchen mit gerade einmal 2.000 Einwohnern, liegt noch ein wenig weiter im Norden und punktet mit einer renommierten Wein-Akademie im beeindruckenden Château, in dem man als Tourist auch Halbtageskurse machen kann. Außerdem findet man hier einen Tennisplatz aus dem 16. Jh., der damals extra gebaut wurde, um König Charles IX. eine Partie seines geliebten Spiels zu ermöglichen, als er auf Besuch war.
Oliven & Trüffel
Tief im Osten, umrahmt von Bergen, liegt mit Nyons die Perle der Provence. Eine Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch, nicht umsonst ist der Arkadenplatz im Zentrum einer der meistgefilmten im französischen Kino. Wirklich berühmt ist Nyons aber für seine Oliven, die als die besten Frankreichs gelten.
Im türkisfarbenen Fluss Eygues kann man im Sommer direkt unter der mittelalterlichen Brücke baden, im Winter werden die Oliven geerntet und das neue Öl im Rahmen eines großen Festes verkostet. Und jetzt beginnt bald die Trüffel-Saison. Der berühmteste Markt ist in Richerenches, nicht weit von Suze-la-Rousse, auch das wunderschöne Grignan ist nah. Aber überall, wo man die markanten Trüffelbäume in den abgeernteten Lavendelfeldern sieht, gibt’s auch die Pilze mit dem strengen Geruch. Mahlzeit, kann man da nur sagen – und „Prost!“, auf einen Urlaub wie der Papst in Frankreich.
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