Perfektes Liebesnest: Meghan und Harry in Kanada
Vorne der Pazifik, hinten die Ausläufer der Rocky Mountains: Kein Wunder, dass Prinz Harry und Meghan in der Fremde auf einmal wie von einem anderen Stern wirken: In Vancouver lebt das Promi-Paar aus Sussex sichtlich auf. Sechs Wochen Weihnachtsurlaub an Kanadas Westküste haben die transatlantischen Überflieger jedenfalls nachhaltig verändert. Ob unabhängig voneinander oder nicht, während dieser Auszeit reifte in beiden offenbar nur ein Gedanke: Wie schön doch das Leben ohne britischen Nieselregen und den Smog in L.A. sein kann!
Welcome in Vancouver!
Dafür nimmt Harry gerne in Kauf, fortan wohl seltener einen Burberry zu tragen. Und Meghan wird sich künftig mit Freundinnen statt zum Afternoon Tee eben zur Happy Hour treffen. Tja, man kann es wahrlich schlechter erwischen.
Welcome in Vancouver! „Erwarten Sie stets das Unerwartete!“, verheißen einschlägige Reiseunterlagen. Und wirklich, wer auch nur einmal den Fuß in diese Region gesetzt hat, weiß, worauf man gefasst sein muss: auf plötzliche Regengüsse an Sonnentagen, streunende Bären auf dem Parkplatz oder einen Wal auf einem Trockendock. Auch den gibt es, und zwar als überlebensgroße „Digital Orca“-Skulptur aus der Hand des hier lebenden Schriftstellers und Künstlers Douglas Coupland („Generation X“).
Das mag über das Selbstverständnis eines Naturparadieses weit hinausgehen. Oder auch nicht. Denn eines ist Kanada ganz gewiss: grenzenlos.
Grenzenlos statt atemlos
Die Dimensionen in Kanada sind so bemessen, dass man annehmen könnte, auch die Menschen hier sind um eine Spur größer. Die Capilano-Hängebrücke ist die längste der Welt – für Fußgänger zumindest. Das Wanderparadies Stanley Park ginge anderswo beinahe als Bundesland durch. Dort stehen Totempfähle, die an die Verantwortung der erst knapp 150 Jahre jungen kanadischen Nation gegenüber den Ureinwohnern, den First Nations, erinnern. Und auch die sind um vieles wuchtiger, als man sie von John-Wayne-Western kennt.
Prinz Harry mag das bisher mehr beeindruckt haben als seine Ehefrau Meghan Markle. Da die Schauspielerin in ihrem früheren Leben viele Drehtage in Toronto verbracht hat – etwa für die Serie „Suits“ –, kennt sie Kanadas Mitte wie ihre Westentasche. Vancouver aber ist auffällig anders. Geschäftig im modernen, von Wolkenkratzern geprägten Herz der „City of Glass“. Und idyllisch auf der vis-à-vis liegenden, sehr britisch anmutenden Insel Vancouver Island.
Im Park des dort befindlichen Hatley Castle meint man, sich mitten in Wales zu befinden. Anblicke wie diese beugen jedem Heimweh vor. Aber Meghan und Harry haben ohnehin nicht vor, sich samt Söhnchen Archie in Kanada aufs Altenteil zurückzuziehen. Sie wollen nur nicht mehr ständige Zielscheibe von lästigen Paparazzi sein. Das ist den beiden offenbar nur möglich, wenn sie das freiwillige Exil wählen.
Wie auch immer, Kanada freut sich über diese neue unverhoffte Attraktion. Zum Großteil zumindest. Seit Queen Elizabeth II. dem prominenten Paar Ende Jänner zähneknirschend den mehr oder weniger spontan entschiedenen Umzug gewährt hat, wälzen wenige „crazy canucks“ Fragen wie „Wer bezahlt ihren Personenschutz?“ oder „Wovon werden sie bei uns leben?“
Andere geben sich nicht so reserviert und stehen ihnen lieber zur Seite. So wie Musikproduzent David Foster, 16-facher Grammy-Gewinner und gebürtiger Vancouverianer, mit seiner „American Idol“-Beauty Katharine McPhee. Das Glamour-Paar half den Möchtegern-Kanadiern bereits bei der Suche nach einer passenden Bleibe. Ein kanadischer Kaffeeröster hat der Familie sogar freie Getränke in Aussicht gestellt.
Royal- statt Whale-Watching
Auch kein Nachteil, dass die Lebenshaltungskosten in Kanada um einiges günstiger sind als in Großbritannien. Das hilft sparen, aber für wie lange? Harry jedenfalls nutzt schon jede Möglichkeit, die Familienkasse aufzufetten. Vor zwei Wochen hielt der Sohn von Sir Charles und Lady Di in Florida eine Rede bei einem prominent besetzten Charity-Bankett. Das Honorar für den nun Leider-Nicht-mehr-Herzog fiel fürstlich aus: Eine Gage von einer Million US-Dollar wurde kolportiert.
Allein, dass solche Details durchklingen, zeigt, wie groß das Interesse an der kleinen Familie in Kanada ist. Statt dem in Vancouver so begehrten „Whale Watching“, dem Walbeobachten, ist seit Wochen „Royal Watching“ angesagt. Und das auch bei den ganz hohen Tieren, etwa Premierminister Justin Trudeau. „Ich denke, die meisten Kanadier stehen der Idee, die Royals hier zu haben, sehr unterstützend gegenüber“, äußerte er sich in einem Fernsehinterview.
Die Großstadt Vancouver mit ihrem Mix aus moderner Architektur, kultureller Offenheit und herrlicher Natur ist ein Magnet für den Tourismus. Mit großem Potenzial nach oben. Die dafür zuständige Ministerin Mélanie Joly sieht für 2025 ein Wachstum von 25 Prozent vor. Das heißt, bald werden sich noch mehr Besucher um die Attraktionen dieses grandiosen Landes drängen.
So frei wie gewöhnliche Besucher dürften sich Harry und Meghan mit ihrem neun Monate alten Sohn Archie auf absehbare Zeit scheinbar doch nicht bewegen. Schon jetzt kann sich Harry nicht einmal zwei Sandwiches bei einem ganz gewöhnlichen Greißler kaufen, ohne dabei von einem Glücksritter mit Super-Teleobjektiv verfolgt zu werden. Privatsphäre adé, traurige Aussichten.
Die Welt braucht mehr Kanada
So gesehen, kann es nur von Vorteil sein, dass sich das prominente Trio auf Vancouver Island vergräbt. Denn dort ist noch weniger los als in Vancouver. „Langweilig!“, befand ungefragt Popstar Madonna. Aber Musikerkollegen wie Bono von den irischen Rockstars U2 ist ganz der Meinung Harrys: „Ich bin der Ansicht, die Welt braucht mehr Kanada.“ Kein Scherz, ab 1. April werde das Paar keinerlei Verpflichtungen für die britische Krone übernehmen, ließ der Enkel von Königin Elizabeth II. in der Vorwoche via Sprecherin ausrichten.
Der Stichtag für ein neues Privatleben steht also fest. Ein neues Leben mit alten Sorgen. Denn die Anziehungskraft als weltweit bekannter Promi lässt sich offensichtlich nicht so leicht abschütteln. Aber möglicherweise müssen sich bis Anfang April die Paparazzi ebenso neu orientieren. Das junge Paar hält sich nämlich vieles über sein zukünftiges Leben offen. In der Zwischenzeit soll es sogar bei der Immobiliensuche im zwei Flugstunden entfernten Malibu gesichtet worden sein. Trifft sich gut, dass Meghans Mutter Doria Ragland nach wie vor in Los Angeles lebt. Oder war das alles nur ein Ablenkungsmanöver?
Plan B gesucht?
Ist gehüpft wie gesprungen, könnte man einwenden. Zehn bis zwanzig Prozent der Hollywoodproduktionen entstehen jedenfalls in den Filmstudios der kanadischen Metropolen Ottawa und Vancouver. Ist einfach günstiger. So wie der Whiskey Canadian Club, der sich dennoch nicht vor einem Destillat aus Tennessee verstecken muss.
Falls Meghan Markle je wieder vorhat, ihrem gelernten Beruf als Schauspielerin nachzugehen, befindet sie sich zumindest entlang des Highway 1 in besserer Position für Plan B als im britischen Sussex.
Als ehemaliger Star der TV-Serie „Suits“ bringt sie jedenfalls gute Voraussetzungen für einen Wiedereinstieg ins Filmgeschäft mit. Kontakte hat sie. Aber alles, was sie dafür noch braucht, ist ein passender Agent. „Sie ist auf der Suche nach jemandem, der auch künftig ihre Interessen wahrt“, zitierte das Magazin US Weekly eine ungenannte Quelle.
Mit anderen Worten: Meghan Markle bleibt auch in Kanada eine wertvolle Marke!1
"Kanada vereint beide Kulturen"
Der deutsche Medienpsychologe und Königshaus-Kenner Jo Groebel über die Motive der (noch) royalen Neo-Kanadier Meghan, Harry und Archie.
freizeit: Warum haben Harry und Meghan ausgerechnet Vancouver als ihren zukünftigen Wohnsitz ausgewählt und nicht etwa Los Angeles, wo Meghan aufgewachsen ist und ihre Mutter lebt?
Jo Groebel: Das liegt vermutlich daran, dass Kanada von der Mentalität den USA nähersteht als Großbritannien, andererseits handelt es sich immer noch um ein Mitglied des Commonwealth of Nations (Anm.: lose Verbindung einiger Staaten, die vom Vereinigten Königreich und den ehemaligen Kolonien gebildet wird) – Kanada vereint also beide Kulturen ganz gut. Vancouver ist nicht provinziell, aber weit entfernt von der Aufgeregtheit Londons oder Los Angeles’. Zudem gilt das Land als liberal und politisch entspannt, die Leute haben dort viel mehr Freiheit, was sicher der Haltung von Harry und Meghan entspricht. Schließlich gibt es noch ein Argument, das fast schon poetisch klingt: Kanada verfügt über eine immense Weite, und der geografische Horizont überträgt sich auf den inneren Horizont.
Wird die Familie dort ein Leben frei von Fotografen-Belagerung führen können?
Paparazzi sein ist in Los Angeles ein Vollzeitjob, das ist sicherlich auch ein Grund, warum sie sich für Vancouver und gegen Kalifornien entschieden haben. Natürlich werden auch dort jederzeit genügend Bürgerreporter, Freelancer etc. zur Stelle sein – das richtige Foto kann schließlich Hunderttausende Euro bringen. Darum leben Meghan, Harry und Archie jetzt auch so abgeschottet wie möglich auf Vancouver Island, da wird die Überschreitung der Privatsphäre tatsächlich strafrechtlich relevant. Das Medieninteresse wird also sicher deutlich reduziert, die komplette Abgeschiedenheit wird es aber nie geben können.
Sie sind ein Kenner verschiedener europäischer Königshäuser. Können Sie nachvollziehen, dass die Sussexes den Rückzug angetreten haben? Wie hoch schätzen Sie den Schaden für das britische Königshaus?
Egal, wie berühmt man davor schon war: Kein Mensch kann psychologisch darauf vorbereitet sein, was in der britischen Königsfamilie auf einen zukommt. Ich kenne Willem Alexander der Niederlande persönlich, dort ist alles viel „verbürgerlichter“. Wer die Serie „The Crown“ gesehen hat, bekommt eine Idee von der Philosophie der Windsors: Man ist da nicht mehr Herr seines eigenen Lebens, sondern eingebaut in äußere Zwänge. Dass zwei Menschen, die nicht auf den Thron folgen, zugunsten ihrer Ehe ein paar königliche Tabus brechen, sehe ich aber nicht als ganz großen Eklat. Ich glaube nicht, dass wir hier von einem vergleichbaren Reputationsverlust der Königin, des Königshauses und der beiden sprechen können, wie wir das vielfach in der Geschichte gesehen haben.
In Großbritannien hagelte es nach dem „Megxit“ viel Kritik für die Entscheidung der Sussexes, vor allem für Meghan. Wie werden die Kanadier ihre neuen „Landsleute“ in Empfang nehmen?
Darüber kann man natürlich nur mutmaßen, aber mein Eindruck ist: Die Kanadier werden viel gelassener, freundlich interessiert und entspannter reagieren, als die Bewohner Großbritanniens oder Kaliforniens es vergleichbar tun würden.
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