Lust auf Österreich: Warum das Gute so nah liegt
"Wir würden uns sehr freuen, Sie nach diesen turbulenten Zeiten wieder in einer sommerlich-entspannten Atmosphäre im Höhenluftkurort Semmering begrüßen zu dürfen!“ Florian Krumpöck, Intendant des Kultursommer-Semmering-Festivals, drückt aus, was wohl viele denken. Hoffentlich geht das gut. Und hoffentlich geht sich das aus. Wenn nicht heuer, dann bald.
Man braucht kein Prophet sein oder gar Zukunftsforscher, um zu sehen, dass dieser Sommer in Österreich anders sein wird als die Sommer vergangener Jahrzehnte. Er wird eher an einen Sommerfrische-Sommer der k.u.k.-Epoche erinnern als an einen Sommer, in dem man sich auf den ersten Aperol am Meer freut. Obwohl, ist das Meer wirklich so wichtig?
Wenn ich den See seh'
Mit dem flotten Spruch „Wenn ich den See seh', brauch ich kein Meer mehr“, schwindeln sich nicht nur die Anrainer vom Neusiedler See gerne über die Tatsache hinweg, dass die Luft, die sie hier schnappen, nicht nach Salz riecht. Recht haben sie. Heuer mehr denn je. Denn der Sommer muss ja deswegen nicht nach einer Lawine von Einschränkungen schmecken.
Das Gute liegt so nah
Oh, nein, nicht schon wieder so ein Spruch. Aber, warum eigentlich nicht? Oft kennen wir uns am anderen Ende der Welt besser aus als bei den Sehenswürdigkeiten vor der eigenen Haustüre. Ist doch so, oder waren Sie schon einmal im größten Nationalpark Mitteleuropas, in den Hohen Tauern?
Na, dann wird es Zeit. Dort, wo Murmeltiere und Füchse fast zweitausend Quadratkilometer unberührter Natur gute Nacht – und guten Tag – sagen, schlägt im Sommer gerne auch der deutsche Bundesligist FC Schalke 04 in seinem Sommertrainingslager seine Zelte auf.
Zu weit weg für Sie? Zum Glück beginnt das Außergewöhnliche schon dort, wohin keine lange Anreise nötig ist. „Blicke in die schöne Natur und beruhige dein Gemüt über das Müssende“, sagte einst Ludwig van Beethoven. Und der Speis und Trank nicht abgeneigte Komponist tat das möglicherweise, während er seine Augen im Geiste über österreichische Weingärten schweifen ließ.
Als begeisterter Sommerfrischler wandelte Beethoven gerne zwischen Baden bei Wien, der Hinterbrühl und Mödling umher. So tat er sich auch in dieser Hinsicht als Pionier hervor. Die große Ära der Sommerfrische sollte nämlich erst anbrechen, nachdem die Eisenbahn Stadt und Land einander näher brachte. So gesehen ist es mehr als passend, dass der Kultur.Sommer.Semmering „ganz im Sinne Beethovens“ (Krumpöck) die Sommerfrische von anno dazumal wieder aufleben lassen möchte.
Warum auch nicht, die magnetische Anziehungskraft von Namen wie Arthur Schnitzler, Heimito von Doderer, Stefan Zweig, Alma Mahler oder Alfred Polgar ist nach wie vor ungebrochen. Zu Recht. Denn alleine, wie Stefan Zweig in der Novelle „Brennendes Geheimnis“ den Urlaub eines Barons im Südbahnhotel zum Anlass für eine Abrechnung mit der Doppelmoral in dieser Zeit nimmt, ist eine Spurensuche wert.
Dem Wein auf der Spur
Wer sich lieber ins Auto als in ein Eisenbahnwaggon setzt, folgt vielleicht eher der Route der Südsteirischen Weinstraße und entdeckt die sanfte Schönheit der steirischen Toskana. Es gibt ja tatsächlich mehr Menschen als man meint, die Schätze in ihrer näheren Umgebung noch nie gehoben haben. Möglicherweise, weil sie bisher den Flugplan nach Asien ausgiebiger studiert haben als das naturgemäß bescheidenere Streckennetz der Schafbergbahn.
Zeit wird’s, kann man da nur sagen. Denn genügend heimische Fremdenverkehrsregionen bemühen sich, in Bezug auf Kulinarik und Komfort mit der Qualität und Herzlichkeit auf Weltniveau mitzuhalten.
In Rust im Burgenland zum Beispiel stellt man sich trotz des Geplänkels um die Vorrechte auf die Zugänge zum Neusiedler See ebenso auf neue sommerliche Verhältnisse ein. Martina Schneider vom Tourismusverband der Freistadt sieht das ebenso als Chance und hofft: „Wir werden sicherlich zusätzliche Gäste, die ansonsten andere Urlaubspläne gehabt hätten, bei uns begrüßen dürfen.“
Natürlich, die Aussicht auf eine Ausfahrt via Autostrada nach Grado oder nach Caorle kann man sich für heuer vermutlich abschminken. Aber dann holt man sich seine Dosis von „Ein Sommer wie damals“ eben von woanders. Aus Bad Ischl im Salzkammergut etwa. Und das mit Heimvorteil.
In vier Jahren feiert sich die Kurstadt mit viel Aufwand als Europäische Kulturhauptstadt 2024. Dann wird es in den Gassen, Straßen und Parks rund um die Konditorei Zauner fast so gerammelt voll sein wie normalerweise beim Münchner Oktoberfest. Kein Schaden also, wenn man da noch heuer vorbeischaut.
So wie der Semmering steht auch Bad Ischl als ehemalige Urlaubszuflucht von Kaiser Franz Josef für den Inbegriff der Sommerfrische und die Freude an den kleinen Dingen des Alltags. Bonusmeilen als Statussymbol, pah, wer braucht so etwas!
"Ob Ischl auf die Bezeichnung ,Perle des Salzkammerguts’ tatsächlich Anspruch hat, bleibe dahingestellt“, meinte der passionierte Sommerfrischler Friedrich Torberg. Um sich sogleich zu outen: „Ich für meine Person, kaum dass dieselbe der elterlichen Verfügung nicht mehr unterlag, habe mich für Altaussee entschieden."
Die Debatte, ob jetzt Ischl oder Alt-Aussee als wahrer Hotspot des sommerlichen Österreichs gelten darf, ist übrigens bis heute noch offen. Dieses Match wird im Salzkammergut Sommer um Sommer neu ausgetragen.
Wenn Sie dabei mitreden wollen, bitte, gerne. Wie gesagt, das Gute liegt so nah. Auf so einen Ausflug kann man sich sogar direkt freuen, mit ein wenig Fantasie geht das schon. Hat ja bei Torberg und seiner „Tante Jolesch“ auch geklappt.
In die Sommerfrische
„Zur Institution der Sommerfrische“, heißt es bei dem launigen Literaten etwa, „gehörten bestimmte Usancen wie das Ankunftstelegramm oder der Familienpfiff. Dieser, meistens ein Motiv aus einer Wagneroper, diente den Zusammengehörigen zur Standortbestimmung, wenn sie einander im Trubel eines Bahnhofs oder bei der Landung eines Ausflugsdampfers zu verlieren drohten.“
Mit Wagner kann man heute sicher viele vertreiben. Mit einer Überdosis SMS und WhatsApp-Nachrichten aber ebenfalls. Wer was Dringendes zu sagen hatte, machte das während der Sommerfrische per Telegramm. Denn: „Aus alltäglichen Anlässen wurde niemals telegraphiert. Es musste ein außergewöhnliches Ereignis sein. Und die Ankunft in der Sommerfrische war ein solches.“
Na, also, wir sehen uns!
1) SALZKAMMERGUT
Zwischen Bad Aussee und Bad Ischl gibt es genügend Platz und Betten für Urlauber, die es sonst in die Weite zieht.
www.salzkammergut.at
2) KÄRNTNER SEEN
Ob Wörther, Ossiacher oder Millstätter See, dank insgesamt 22 Seen herrschen in Kärnten fast schon maritime Verhältnisse.
www.kaernten.at
3) NEUSIEDLERSEE
Steht bei den Einheimischen so hoch im Kurs, dass andere froh sein müssen, einen Blick darauf zu werfen. Macht nix, der ist eh schöner als das Wasser.
www.neusiedlersee.com
4) SÜDSTEIERMARK
Nur Klapotetze und Buschenschänke verraten, dass man sich hier nicht in der hügeligen Toskana befindet.
www.suedsteirischeweinstrasse.com
5) HOHE TAUERN
Paradies für Bergfexe und Naturfreunde.Und dann gibt es noch für alle Sportbegeisterten die Aussicht auf eine Radlpartie auf der Großglockner Hochalpenstraße.
www.hohetauern.at
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