In ihren Augen hinter der dunkel umrandeten Brille blitzt Stolz auf, und auch Freude. Vor rund 40 Jahren ist die gebürtige Tirolerin der Liebe wegen in die Steiermark gekommen, seit rund 15 Jahren bewirtschaftet sie nun schon das Gelände in Kitzeck in der Südsteiermark, etwa 45 Kilometer südlich von Graz. Mais und Kürbis wurden hier früher angebaut, nun wächst Lavendel zwischen den steilen Weinhängen.
Lavendel? Ja, Lavendel
„Das war anfangs nicht leicht für mich“, sagt Heigl-Tötsch und zupft ihre hellblaue Bluse zurecht, um ihren Hals baumelt dazu passend eine pastellfarbene Kette. Sie kommt gerade aus Graz, wo sie im Städtebau arbeitet. Was auf den ersten Blick nach einem ziemlichen Kontrast klingt, liegt näher beieinander als gedacht.
Auch in ihrem Beruf gehe es ums Gestalten, erklärt sie. Und als sie damals die Flächen in Kitzeck übernommen hatte, wusste sie: „Von Wein verstehe ich nichts, außer, dass ich ihn gerne trinke.“ Also vertiefte sie sich in die Lektüre über Botanik und Bodenkulturen – und war von der Lavendelblüte von Beginn an fasziniert.
„Bereits die Römer sollen die Kulturpflanze verwendet haben, etwa als Badezusatz. Und in der Südsteiermark ist man bei der Ausgrabungsstätte Flavia Solva den Römern ohnehin auf der Spur.“ Anfangs wurde sie für ihre Idee, Lavendel zu setzen, von vielen belächelt. Südsteiermark, das bedeutet doch Wein. Wieso sollte man hier anderes pflanzen, das würde doch niemals gutgehen. Begonnen hat sie mit einem Hausgarten, der inzwischen auf rund zwei Hektar Anbaufläche angewachsen ist.
Eigene Rezepturen
Für die Ernte kommen Helfer, denn alleine lässt sich das schon lange nicht mehr bewerkstelligen. Mit eigenen Geräten werden die Zweige auf dem Feld vor dem Hof geerntet und getrocknet – die Blüten fallen dann von alleine ab. Heraus kommen jährlich rund 250 Kilogramm getrocknete Blüten, die anschließend weiterverarbeitet werden.
Die Angebotspalette ist inzwischen auf mehr als 100 Produkte angewachsen, die im entzückenden Hofladen verkauft werden. Dort stehen etwa große Körbe voller getrockneter Lavendelsträuße, die alten Holzstreben an der Decke sind gut erhalten und hier findet sich auch ein Bett aus dem Mittelalter, das die Hausherrin auf einem Flohmarkt entdeckte.
Wer eintritt, dem steigt sofort der holzig-herbe, süßliche Duft des Lavendels in die Nase, und es mag an genau diesem Aroma liegen, das einen sofort zu einem tiefen, entspannten Ein- und Ausatmen hinreißen lässt. Nebenan befindet sich der Produktionsraum mit einem großen Brennkessel, auf den rustikalen Holztischen stehen großen Flacons in denen Öle lagern, die mit Etiketten beschriftet sind. Hier werden die Waren von Hand verarbeitet.
Viele Rezepturen, etwa für Öle oder spezielles Wasser, entwirft Heigl-Tötsch selbst, doch es gibt auch Zusammenarbeit mit regionalen Herstellern, die ihren Lavendel beziehen und in den Waren verarbeiten. So gibt es zum Beispiel Lavendelhonig oder -sirup genauso wie Duftsprays oder Seifen. Lavendel, so heißt es, wirkt beruhigend und soll sogar Gelsen fernhalten.
Das Geschäft floriert und die Kritiker sind inzwischen völlig verstummt. Mehr noch: Hört man sich in der Umgebung um, spricht die Nachbarschaft in den höchsten Tönen von Theresia Heigl-Tötsch und ihrem mutigen Vorstoß. Außerdem kommen immer mehr Gäste hierher, das Lavendelfeld ist Anziehungspunkt für Urlauber geworden. Davon profitiert die ganze Region.
„Vielen ist die Provence zu teuer“, sagt Theresia Heigl-Tötsch. Aber nicht nur in Sachen Landschaft stünde ihr Betrieb den Franzosen um nichts mehr nach.
Alles bio
Als landwirtschaftlicher Biobetrieb wird kein Spritzmittel verwendet, und es wird auch nicht künstlich bewässert. Die Pflanzen wachsen also wie die Natur das möchte. Das ist mitunter zwar eine Herausforderung, denn „das Wetter kann man sich nicht aussuchen“. Aber sie macht dies aus Überzeugung. Heuer regnete es viel in den Sommermonaten, in denen es der Lavendel lieber trocken hätte. Trotzdem ist Heigl-Tötsch zuversichtlich, dieser Tage eine gute Ernte einzufahren.
Im Wesentlichen unterscheidet sie drei verschiedene Sorten: Ysop, das speziell als Küchen- und Teekraut zum Einsatz kommt und als „Nervennahrung“ gilt. Angustifolia, das bei Teemischungen und in Ölen, aber auch in medizinischen Präparaten etwa Wundheilsalben verwendet wird. Und Grosso, das durch den Geruch gerne in Säckchen gefüllt und im Kleiderschrank oder unter dem Kopfkissen platziert wird.
Einige Nachahmer
Auch im Waldviertel und in der Oststeiermark wird mittlerweile Lavendel gepflanzt. „Nachahmer gibt es eben immer.“ Theresia Heigl-Tötsch lächelt sanft. Ihren Betrieb ausweiten will sie deshalb aber nicht. Die Böden in der Südsteiermark eignen sich zwar gut für die Pflanze, aber viele Hänge sind zu steil. Stattdessen möchte sie weiter auf Qualität setzen und die Produktpalette erweitern. Und auch einmal in die Provence fahren. Da war sie nämlich noch nie. „Aber das steht auf meiner Agenda.“
Info: www.wunsum.com
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