Land in Leuchtfarben: Eine Reise quer durch die Mongolei

Land in Leuchtfarben: Eine Reise quer durch die Mongolei
Wildpferde und Kamele, Reiter und Ringer: In den Bergen und Wüsten der Mongolei ist Dschingis Khans Erbe noch allgegenwärtig.

Am Flughafen von Ulan-Bator grüßt fröhlich jene gute Seele, die uns zwölf Tage lang die Wüsten, Steppen, Berge und Seen der Mongolei zeigen wird. „Ich heiße wie Wodka, nur ohne W“. „Odka“ bleibt dank der Ähnlichkeit mit einem der hiesigen Nationalgetränke auch der einzige mongolische Name, den sich wirklich alle merken, vielleicht noch außer dem allgegenwärtigen Dschingis Khan, aber der ist ja schon etwas länger tot.

In der rasant wachsenden Hauptstadt (auf Mongolisch Ulaanbaatar) ist alles noch recht komfortabel. Großartig das 360-Grad-Panorama vom Zaisan-Hügel, unter dem aber zahllose Schwarzbauten immer mehr Grünfläche verschwinden lassen. Trotzdem: Der Blick über die Stadt in einem sanften Flusstal, umgeben von grünen Bergen, ist wunderschön. Fast hätten wir aus Solidarität mit der Gruppe weiß gekleideter Menschen, die ihre Hände gen Himmel heben, mitgebetet, hätte uns Odka nicht zugezischt, dass die einer komischen Sekte angehören.

Unten im Zentrum spielt die Musik rund um den Sukhbaatar Platz, ein Großteil der wichtigen Bauten und Touristenattraktionen ist hier in Sicht- oder Gehweite. Allen voran das Parlament mit Skulpturen Dschingis, Kublais und anderer Khane, gegenüber das Marco-Polo-Denkmal. Alt und neu wechseln sich ab, wie die rosafarbene Oper und der halbkreisförmige gläserne Skytower am anderen Ende des Platzes, in dem sich das alles spiegelt. Etwas außerhalb, aber sehenswert: Das Gandan-Kloster, mit der 26 Meter hohen Statue der Göttin Janraiseg.

Das war’s aber schon mit Städten, ab jetzt geht es auf die Straßen und Pisten des riesigen, äußerst spärlich bevölkerten Landes. Der Vierradantrieb unseres Geländewagens wird erstmals für die Anreise zu den Granitfelsen von Baga Chullu gebraucht, ein riesiges Puzzle aus Gesteinsblöcken, die in Ocker-Farbtönen leuchten. Bis zur öden Provinzstadt Mandalgobi im Süden gibt es nur noch Steppe, Schafe und Ziegen zu sehen.

Land in Leuchtfarben: Eine Reise quer durch die Mongolei

„Ihr werdet noch staunen, was es außer Wüste noch alles gibt“, kündigt Odka an, als wir am nächsten Tag durch den Süden der Gobi rasen, vorerst noch auf Straßen. Und sie hat natürlich recht, bald erhebt sich das Gurvan-Saikhan-Gebirge vor uns, und es wird zu einem Höhepunkt unserer Reise werden. Noch ein Kurzabstecher zu einem Canyon, wo uns Steinböcke von den Hängen über uns genau beobachten. Die erste Nacht im Ger-Camp kann schöner nicht sein: Rundum Steppe, leuchtende Bergformationen am Horizont, Wolken in allen Farben, ein großes, gemütliches Bett nach einem lukullischen Abendessen. Ger heißen die mongolischen Jurten.

An wilden Herden von Kamelen und Pferden vorbei geht es Richtung Westen in die Sandwüste. Highlight: die Dünen von Khongoryn Els, die spektakulär aus grünem Weideland emporstechen. Der Sonnenuntergang ist an Farbspielen kaum zu überbieten.

Holzmatratze

Hier gibt es einige Ger-Camps, unsere Kleingruppe übernachtet bei Nomaden. Positiv: Nur wenige andere Gäste, ruhig und idyllisch. Negativ: Die Duschhütte ist nur Dekoration, gewaschen wird in einer Pferdetränke. Das Holzbett ist steinhart, da nur dünne Decken draufliegen. Odka sagt, wir müssen da durch. Es gäbe komfortablere Camps, aber die seien in der Hochsaison voll mit Südkoreanern, die hier am Abend Ballermann machen würden. Und das wollt ihr Europäer hier sicher nicht, meint Odka.

Der Sonnenuntergang ist auch ein besonderes Kapitel bei den „Flammenden Klippen“ im Norden der Berge. Eine sehenswerte Felsformation, die in allen Orangetönen leuchtet, je später am Tag, desto eindrucksvoller. Ein nobles Ger-Camp nahe dem Canyon-Rand entschädigt mit herrlichen Betten und warmer Dusche für die Nacht davor.

Es folgt die strapaziöseste Etappe, quer durch Wüste, Steppe und Berge Richtung Zentralmongolei. Dass es sinnvoll ist, wie die Einheimischen vor der Fahrt auf den Owoos – das sind kultische Steinhaufen – eine Opfergabe zu hinterlassen, merken wir bald. Die Pisten werden rauer, die Bandscheiben lassen spüren, dass sie nur befristet als Stoßdämpfer geeignet sind. Ein Trost: Die weiten Landschaften in einsamer Natur machen alles wett. Ständige Begleiter: riesige Ziegenherden, Wildpferde und Yaks.

Zur Idylle wird die Landschaft entlang des Orchons, mit weit über tausend Kilometern längster Fluss der Mongolei, durch den sich das Allradfahrzeug mehrmals durchkämpfen muss. Bis zum Horizont sieht man Berge in allen Grünschattierungen, kleine Tupfer darin sind Tiere und Nomaden-Gers. Mittendrin der Orchon-Wasserfall, in dessen Pool Hartgesottene baden können. Odka, die gute Seele, die weiß, was wir wollen, findet in der Nähe noch einen originellen Fotospot für uns: Ein Dorf, in dessen Stadion gerade Vorkämpfe für das berühmteste nationale Fest des Landes, dem Naadam, stattfinden. Wir dürfen als Gratisblitzer Ringkämpfe beobachten.

Mega-Kloster

Geblitzt wird auch auf den endlosen, geraden Pisten, aber auf Mongolisch. Da hier jeder schneller fährt als erlaubt, und die Polizei bei den enormen Distanzen kaum präsent sein kann, steht alle hundert Kilometer ein Einsatzfahrzeug mit Blinklicht am Straßenrand. Kommt man näher, entpuppt es sich als geschrumpfter Karosserieteil mit Solarpaneel fürs Blinken. Mongolischer Lifestyle mit Augenzwinkern.

Der Fluss Orchon führt uns zu einem der kulturellen Höhepunkte der Mongolei. Karakorum oder Kharkhorin war die Hauptstadt Dschingis Khans, rund um die moderne Stadt gibt es zahlreiche Ausgrabungen. Hauptattraktion ist das buddhistische Erdene-Zuu-Kloster, eine riesige Anlage, deren Mauern mit rund hundert Stupas erhalten sind, ebenso wie mehrere Tempel. Vom Aussichtsberg oberhalb der Stadt erfasst man die Ausmaße erst so richtig.

Standesgemäß verbringen wir auch hier die Nächte in einem Ger-Camp in Flussnähe. Die Betreiberfamilie des Anar Camps kocht großartig, am Abend kommen kudernde Mädchen zu Besuch, um professionell Feuer im Zelt zu machen. Schnell lernen wir, dass es besser ist, wenn sie den Ofen und alle Utensilien nur perfekt vorbereiten, denn so kann man in der Nacht, wenn es eisig wird, selbst einheizen.

An der letzten Attraktion vor der Rückreise gibt es ein Luxus-Camp in Vier-Stern-Qualität. Es blickt von einem Hügel auf den Ogy Nuur, einen 27 Quadratkilometer großen See inmitten einer Steppenlandschaft. Eine der seltenen Gelegenheiten, in der Mongolei frischen Fisch zu bekommen. Man kann sich aber auch ein Pferd mieten, einfach ausreiten, dem eigenen Schatten nach, bis es rundum nur noch Natur gibt – der wahre Reichtum dieses Reiselandes.

Land in Leuchtfarben: Eine Reise quer durch die Mongolei

Anreise
Visum ist nötig, problemlos erhältlich an der Botschaft der Mongolei in Wien, vienna.embassy.mn/eng

Reisezeit
Juni bis August, im Frühling und Herbst wird es nachts schon sehr kalt. Im Juli findet jährlich das traditionelle Naadam-Fest statt

Geld
Euro und USD in bar werden fast überall gewechselt, 1 € = ca. 3.480 Mongolische Tugrik

Essen
In manchen Camps wird ausgezeichnet gekocht, man sollte aber immer ein paar Konserven, Brot und Kekse dabei haben. Kein Quell- oder Leitungswasser trinken

Unterkünfte
Kempinski in Ulan-Bator, für etwas Luxus vor und nach den Ger-Nächten, tolle Aussicht und perfekter Service. kempinski.com/en/
ulaanbaatar/hotel-khan-palace
; Qualität der Ger-Camps vor der Buchung googeln

Individualreisen
Davaachuu Odka ist geprüfte Fremdenführerin und spricht ausgezeichnet Deutsch. Sie bietet individuelle Touren je nach Wunsch, inkl. Geländefahrzeug, Fahrer, HP, Eintrittsgebühren und Sprit, rund 10 Tage um 2.000 €  in üblichen Ger-Camps, ab 2.300 €  mit luxuriösen Camps und Hotels. Je mehr Personen, desto billiger. Mail: odka0218@yahoo.com

Infos
„Handbuch Mongolei“, Trescher Verlag, 20,60 €;

Kommentare