Die Großeltern von Gruber erwarben das Goldene Schiff 1932. Es hat eine lange Geschichte, untrennbar verbunden mit der Salzgewinnung. Denn das Salz, einst fast so wertvoll wie Gold, wurde auf Zillen, also Lastkähnen, von Hallstatt nach Ebensee transportiert. (Auf Anfrage kann man mit Gruber die Traun aufwärts radeln. Denn er ist auch E-Mountainbike-Guide. Der Weg am Ostufer des Hallstätter Sees mit Blick auf Hallstatt ist definitiv ein Erlebnis!)
Ischl war Zwischenstation und hatte eine Saline. Weil Holz immer rarer wurde, verkaufte man die Zillen nicht mehr, sondern ließ sie von Pferden zurückziehen. Beim Traunlidl, Gastwirtschaft seit 1801 samt Stallungen, quartierten sich die „Traunreiter“ ein. Aus ihm wurde später das Goldene Schiff.
Über das Salzkammergut, die private Schatzkammer der Habsburger, könnte man viel erzählen. Denn es war, weil man Spionage befürchtete, Sperrgebiet. Die Arbeiter durften das österreichische Sibirien nicht verlassen – und frönten notgedrungen dem Vereinsleben. So erklärt sich wohl auch das Beharren auf Tracht und Traditionen.
Die Kronprinz-Rudolf-Bahn, 1877 in Betrieb genommen, zerstörte die Geschäftsbasis der Schiffer und Traunreiter. Aber Ischl war längst ein beliebter Kurort geworden. Dies hatte man dem Hofarzt Franz Wirer zu verdanken. (Das monumentale Denkmal mit dem riesigen Schädel demonstriert den Grad der Verehrung.) Er baute ab 1821 die Solebad-Anstalt auf. Und weil es seiner Meinung nach neben Behandlung und Erholung auch Unterhaltung braucht, ließ er nicht nur den Kurpark anlegen und eine klassizistische Trinkhalle errichten (leider nicht ansprechend renoviert), sondern auch ein Theater.
Wirer holte zudem den Wiener Zuckerbäcker und Weinhändler Johann Zauner nach Ischl. Dessen Konditorei soll der Heiratsbasar des Adels gewesen sein. Angeblich habe das Kuren in Ischl auch dazu geführt, dass Erzherzogin Sophie (nach ihr ist die schattige Esplanade benannt) nach etlichen Fehlgeburten schwanger wurde. Sie gebar Franz Joseph, der 1848 den Thron zu besteigen hatte.
Von nun an verbrachte der Kaiser jeden Sommer in Ischl. 1853 lernte er in Ischl Sisi kennen, drei Tage später fand in der Pfarrkirche die Verlobung statt. Darüber zu erzählen, wird man hier nicht müde. „Wir feiern Jahr für Jahr den Geburtstag des Kaisers“, erklärt die Freundführerin, adrett im Dirndl, nicht ohne Stolz. „Und wir singen die Kaiserhymne.“
Das dürfte Markus Habsburg-Lothringen durchaus freuen. Er ist ein Ururenkel des Kaisers und bewohnt einen Trakt der Kaiservilla, die weiterhin seiner Familie gehört. Sie war 1854 von Erzherzogin Sophie erworben und von deren Sohn um die seitlichen Trakte erweitert worden. Nach einem vornehm nasalierten „Darf ich Sie begrüßen hier“ kommt der 75-Jährige ohne Umschweife zum Jahr 1918, als die Monarchie endete: „Fast alles wurde kassiert. Ob das rechtens war, wird noch zu klären sein.“ 103 Jahre später? Da staunt man. Und man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Weil der Erzherzog seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, dass man „das Reich“ nicht „den Türken oder anderen“ überlassen möge. Und weil fast alles so ist wie im Sommer 1914, als der Kaiser das letzte Mal in Ischl war. Authentisch, ramponiert, zum Glück nicht restauriert.
Man bestaunt die Jagdtrophäen (laut Abschussbuch habe der Kaiser mehr als 50.000 Tiere erlegt), die Sänften (man ließ sich tragen), die Hauskapelle (samt Sisis Sterbekissen) und das Arbeitszimmer mit dem Schreibtisch, an dem Franz Joseph I. am 28. Juli 1914 die Kriegserklärung an Serbien unterfertigte. Das Highlight ist die Chaiselongue mit dem verschlissenen Stoff, über dem eine gehäkelte Decke liegt.
Am Ende des Rundgangs darf man einen Blick in den Speisesaal mit der stilvoll gedeckten Tafel werfen. Das Porzellan ist, so ein Taferl, Eigentum der Republik. Also eine Leihgabe. Welche Schmach!
Mit dem Untergang der Monarchie endete aber nicht die glorreiche Geschichte von Ischl. Denn es begann die Silberne Operettenära. Und Franz Lehár wurde zum Säulenheiligen. Nach ihm benannte man später das zum Kino umgebaute Theater. Es befindet sich heute in einem erbärmlichen Zustand.
Kommentare