El Vendrell: Gaudi abseits von Barcelona
El Vendrell? Nie gehört? Kommt Ihnen Spanisch vor? Dann haben Sie richtig getippt: Die Gemeinde liegt im unabhängigkeitsdurstigen Katalonien, an der Costa Dorada, und damit in einer Region, die schon vor Corona dem „Urlaub wie damals“ sehr nahe kam: Blauer Himmel, breite Strände, kitschige Sonnenauf- und -untergänge, dekorative Palmen. Simple, aber wirkungsvolle Erfolgsbausteine, um Jung und Alt zu Retro-Freizeitaktivitäten wie Ball spielen, schwimmen, im seichten Wasser herumtollen, paddeln, Sandburgbauen oder einfach nur Salz auf der Haut spüren animieren.
Gewiss, für Adrenalinjunkies mag das nicht die ideale Spielwiese sein, für Entschleunigungs- und Basics-Aficionados aber sehr wohl. Und der Gesundheitsaspekt ist auch nicht zu verachten, jetzt mal abgesehen von der Vitamin D-Dosis, mit der Besucher angesichts von 330 Sonnentagen im Jahr bombardiert werden: Am Sant-Salvador-Beach von El Vendrell soll die Jod-Konzentration im nährstoffreichen Wasser acht- bis zehnmal höher sein als im Mittelmeer-Durchschnitt.
Nicht von ungefähr ist dort vor über neunzig Jahren ein katholisches Sanatorium für tuberkulosekranke Kinder errichtet worden. Längst sind Teile der alten Struktur in ein „Le Meridien“ aufgegangen – heute dürfen die Gäste des nächst gelegenen Fünfsternhotels zu Barcelona die heilende Wirkung des Meeres auskosten, entweder durch einen Sprung in die Fluten oder durch eine Anwendung im hauseigenen Thalasso-Spa.
Zwei Ausflüge
Wohltuend ist auch die unmittelbare Umgebung, zum Beispiel Richtung „Platja de Calafell“. Ensembles von Hochhausungetümen wie in anderen, zubetonierten spanischen Küstenorten scheinen nie über den Grundriss hinausgekommen zu sein, die Gegend präsentiert sich angenehm bodenständig und nicht wolkenkratzend. Kleine Läden, Pensionen, Bodegas und Bars, Lichtjahre entfernt von Ballermann-Auswüchsen, säumen die Gässchen und Flaniermeilen. Leistbar statt überteuert lautet die Devise in Lokalen. Kreidetafeln locken abends mit „2 Aperol Spritz + Oliven + Chips“ um 7 Euro.
Halligalli spielt’s hier nicht, und selbst vergleichsweise ausgelassene Sommer-Fixpunkte wie das San-Juan-Festival oder Vollmond- und sonstige Strand-Partys müssen heuer wegen Corona ins Wasser fallen. Das heißt aber nicht, dass es keine Abwechslung gibt, wenn einen der Hafer sticht. Kulturbeflissene werden im „Gaudi Centre Reus“, wo dem Genie von Antoni Gaudi mit modernster Technik gehuldigt wird, bestens bedient. Der berühmte Architekt wurde nicht in Barcelona, sondern in Reus bei Tarragona und damit nahe El Vendrell geboren. Auf 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche des audiovisuellen Museums wird versucht, die vielen Facetten des Menschen Gaudi begreifbar zu machen, um sein Werk besser verstehen zu können.
Die Karriere eines weiteren renommierten lokalen Künstlers wird direkt am Sant-Salvador-Beach von El Vendrell aufgerollt: Pau Casals, international geachteter Cellist und Komponist mit Auftritten auch in Wien, lebt nach seinem Tod 1973 in einem Hybrid aus seiner Strandvilla und einem Museum weiter. Siebzehn Säle sind dem großen Sohn von El Vendrell gewidmet.
Brot und Spiele
Gänzlich andere Reize warten in PortAventura – ein Vergnügungspark mit spektakulären Hochschaubahnen und Themenwelten wie das Reich der Azteken, das kaiserliche China, der Wilde Westen oder der Dschungel Polynesiens. Als Top-Attraktion für Unerschrockene gilt ein Katapult, das in nur dreieinhalb Sekunden von null auf 135 Stundenkilometer beschleunigt („Furius Baco“). Stolz weisen die Betreiber darauf hin, dass der Antriebsmechanismus der Abschussrampe eines Flugzeugträgers ähnelt. Motorsportfans haben im benachbarten „Ferrari-Land“ eine Mordsgaudi – nähere Erklärungen überflüssig.
Genussmenschen sollten unbedingt bei „Cal Badejo“ in der Carrer del Peix 7 vorbeischauen – diese familiengeführte Bäckerei produziert in achter Generation seit über zweihundertfünfundzwanzig Jahren großartiges Brot und Mehlspeisen. Wie köstlich das Angebot ist, beweisen teils lange Warteschlangen. Auch an Weingütern mangelt es im Umkreis von El Vendrell nicht – „El Pinell del Brai“ zum Beispiel sieht sich blumig und ohne falsche Bescheidenheit als „Catedral del Vino“.
Und wer mit einem ordinären Sangria nichts anfangen kann und lieber einen exotisch-raffinierten starken Abgang vom El-Vendrell-Urlaub im Visier hat, sollte sich im „Le Meridien“ als letzten Sundowner einen „Sake Sangria“ mixen lassen: mit Sake, Brandy, Litschilikör, Brombeeren, einem Spritzer Limettensaft, Soda und mit Weißwein. Salut!
Klimafreundliche Anreise
Zum Beispiel mit Eurowings nach Barcelona, dann mit dem Zug, Bus oder Auto (Fahrzeit: 40 Minuten) weiter. CO2-Kompensation via climateaustria.at: 8,67 €.
Vor dem Abflug ist eine Online-Registrierung nötig (spth.gob.es), der übermittelte QR-Code muss bei der Einreise gezeigt werden. Alternativ lässt sich das Formular auch über die kostenlose App „SpTH“ ausfüllen.
In Katalonien bestand bei Redaktionsschluss Maskenpflicht an öffentlichen Orten, in Öffis und in Hotels. Ausnahme: am Strand, am Pool, beim Essen und Trinken, beim Sport und in der freien Natur außerhalb von Ortschaften
Hotel
Das Le Meridien Ra Beach Hotel & Spa zeichnet eine privilegierte Strandlage aus und bietet alles, was anspruchsvolle Reisende von einer Fünfstern-Herberge erwarten dürfen. Nicht alltäglich freilich: Kirchenfenster in der Lobby und ein 7.200 -Spa. Golf-Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe. Specials: 25 Prozent Rabatt bei einem Aufenthalt von 4 Tagen, 30 Prozent, wenn auf der Website eine Woche gebucht wird. lemeridienra.es, marriott.com
Auskunft
Spanisches Fremdenverkehrsamt in Wien, Tel. 01/512 95 80 spain.info
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