Himmelsstürmer

Himmelsstürmer
In Spielberg findet am kommenden Wochenende das große Finale der„Red Bull Air Race“-WM 2014 statt. Lokalmatador Hannes Arch gehört zu den Topfavoriten.

Wie eine Rakete schießt die „MXS-R“ an den Zuschauern vorbei. Die wendige Maschine passiert die erste Luftpylone wie ein Slalomfahrer das erste Tor und startet in ein aberwitziges Spektakel. Scharf links, scharf rechts – blitzschnell bewegt sich die Maschine um ihre Achse, schrammt mit gut 350 km/h haarscharf an den von den Pylonen gebildeten Airgates vorbei. Am Ende des Kurses schraubt sie sich steil in den Himmel, wendet im engen Radius und fädelt erneut im Kurs ein. Die Zeit läuft auf Tausendstel. Den Zuschauern bleibt die Luft weg, dem Mann am Steuerknüppel auch. Die gewaltigen Fliehkräfte der Manöver drücken Top-Pilot Nigel Lamb tief in seinen Sitz, zwingen ihn, extrem schnell zu atmen, damit das Blut im Körper im Fluss bleibt. Gleichzeitig behält der 58-Jährige, der für das Team des Uhrenherstellers Breitling an den Start geht, Geschwindigkeit, Höhe und Kurs mit all den Rennvorgaben im Auge.

Denn es ist genau festgelegt, wie die mit Luft gefüllten Pylonen umflogen werden müssen – horizontal, vertikal, in einer bestimmten Höhe, gewisse G-Kräfte nicht überschreitend.

Abweichungen sind nur bis zu einem bestimmten Grad erlaubt, sonst gibt es Strafsekunden. Das gilt erst recht, wenn eine Pylone gestreift wird. Im Pilotenjargon heißt das „Hit“. Ein grober Patzer, der zwar spektakulär aussieht, die Piloten aber im Ranking zurückwirft – wie in der Formel 1: Versaut man eine Kurve, verliert man Zeit. Der Vergleich passt gut, denn die seit 2005 ausgetragene „Red Bull Air Race“-Serie ist, salopp gesagt, die „Formel 1 der Lüfte“ – ein Wettrennen am Himmel. Zwölf Piloten fliegen heuer gegeneinander, insgesamt sind acht Rennen zu bestreiten. Das letzte findet am kommenden Wochenende, von 25. bis 26. Oktober, in Spielberg in der Steiermark, auf dem Gelände des Formel-1-Kurses statt. Es ist erst das zweite Mal seit 2005, dass das Air Race in Österreich Station macht. Und zum zweiten Mal kann sich dabei ein Österreicher zum König der Lüfte krönen: Hannes Arch, 47-jähriger Lokalmatador aus Leoben, gewann bereits 2008 die Air-Race-Serie und kommt heuer als Zweiter des Gesamtklassements nach Spielberg. Auf Platz 1: der Brite Nigel Lamb. Bleibt abzuwarten, welcher der beiden Himmelsstürmer beim Grande Finale die besseren Nerven hat.

freizeit: Das Spielberg-Finale wird ein Heimspiel für Sie. Mit welchen Gefühlen starten Sie?

Hannes Arch: Mit gemischten. Der Druck ist groß, den kann man nicht wegdenken. Entscheidend wird sein, mich so zu konzentrieren, dass die Freude am Sport und am Fliegen im Vordergrund steht.

Was hat das neue Reglement gebracht – Stichwort standardisierte Motoren?

Das Air Race ist sportlicher geworden. Da geht es fast nur noch um die optimale Linie, das beste Material und höchste fliegerische Präzision.

Was ist für Sie der Reiz am Fliegen?

Es ist die Freiheit, maximal zu leben. Dass ich dafür ein Flugzeug bedienen muss oder Flügel angeschnallt habe, ist zweitrangig. Wichtig ist das pure Flugerlebnis.

Sie sind der schnellste Mann am Himmel, haben aber als Bergsteiger begonnen ...

Die Berge haben mich extrem geprägt. Im Herzen bin ich tatsächlich mehr Bergsteiger als Pilot. Um fit zu bleiben, mache ich mehrmals die Woche Bergläufe und fliege dann mit dem Gleitschirm wieder runter.

Ihr Lebensmotto?

Respektieren, akzeptieren und am Boden bleiben!

freizeit: Wer wird heuer Gesamtsieger?

Nigel Lamb: Der Pilot, der die wenigsten Fehler macht. Durch das neue Reglement ist präzises Fliegen jetzt das Allerwichtigste.

Welches Flugzeug fliegen Sie?

Eine „MXS -R“, komplett aus Karbon mit einer Menge aerodynamischer Feinheiten an Verkleidung und Flügeln. Außerdem haben wir spezielle Flügelspitzen angebracht. Sie reduzieren den Luftwiderstand in Kurven mit hohen G-Kräften.

Worauf kommt es bei einem Rennen wirklich an?

Dass man beim Starten der Maschine den Kurs und damit die perfekte Fluglinie im Kopf hat. Das verlangt eine Menge Planung, ein gutes Team und vorab viel Zeit, um den Kurs wirklich genau zu analysieren.

Rennen zu fliegen ist Spitzensport. Wie bleibt man fit?

Man braucht einen kräftigen Oberkörper und starke Halsmuskeln, um den gewaltigen G-Kräften zu trotzen. Ich fahre täglich 40 Minuten Rad, spiele zweimal pro Woche Squash.

Sie fliegen seit frühester Jugend, waren Militärpilot. Was fasziniert Sie so sehr am Fliegen?

Es ist diese Freiheit der Lüfte in drei Dimensionen.

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