Rätselhaft: Die größten Geheimnisse der Menschheit
Die Sphinx, König Salomon, das Orakel von Delphi, "freizeit"-Rätselexpertin Andrea Wicho – seit ewigen Zeiten sind Menschen von guten Rätseln fasziniert. Es ist die Lust des Jägers, ursprünglich und tief in uns schlummernd, die uns dazu bringt, Spuren und Hinweise zu verfolgen, Dingen auf den Grund zu gehen, Geheimnisse zu lüften. Es ist ein Zwang – wir können gar nicht anders. Auch Krimis funktionieren nach diesem Prinzip, und sogar jemand, der das Genre nicht mag, kann die eine, wesentliche Frage nicht ganz aus seinem Bewusstsein streichen: „Und, wer war’s?“
Einstein war nicht nur den Rätseln des Universums auf der Spur, er erfand selbst auch ganz gerne welche. „Wer hat den Fisch“ ist sein berühmtestes. Diese Leidenschaft teilte er mit Autoren von J.R. R. Tolkien über Lewis Carroll bis zum alten Homer. Die Bücher des US-Schriftstellers Dan Brown (u.a. „Sakrileg“, „Illuminati“) sind eine einzige, endlose Schnitzeljagd. Ein gelüftetes Geheimnis führt zum nächsten, dann zum nächsten – bis endlich, irgendwann einmal die ganze Wahrheit ans Licht kommt. Das wiederum ist das gar nicht so geheime Geheimnis ihres Erfolges. Kein Wunder, dass Mr. Brown sich in seinen Romanen auch mit einem der größten noch ungelösten Rätsel unserer Zeit beschäftigt: Kryptos, ein vier Meter hohes Monument aus Kupfer, Granit und versteinertem Holz, mit vier verschlüsselten Texten versehen. Der Bildhauer Jim Sanborn erschuf es vor knapp 30 Jahren, es steht im Hauptquartier der CIA in Langley, Virginia. Ausgerechnet. Denn dort erinnert es die Agenten jeden Tag an ihr Scheitern, dreht ihnen quasi auf dem Weg zur Kantine eine lange Nase. Was verbirgt sich hinter den Texten? Welche Botschaft hat Sanborn darin versteckt? Will er uns etwas sagen, weiß er etwas, das außer ihm niemand weiß?
Seit 28 Jahren bemühen sich die CIA-Jungs, aber auch NSA-Entschlüssler und Hobby-Kryptologen, Sinn in die scheinbar willkürlich aneinandergereihten Buchstaben zu bringen. Mit eher bescheidenem Erfolg. Gut, drei der vier Texte konnten sie bisher schon richtig deuten. Als dies Ende der 1990er bekanntgegeben wurde, gab Sanborn sich gelassen. Es wundere ihn, dass die Angelegenheit so lange gedauert habe, meinte er nur. Er habe mit der „Vigenere-Chiffre“ ein altes Verschlüsselungssystem aus dem 16. Jahrhundert verwendet. Und bloß ein paar klitzekleine Stolpersteine eingebaut. Allein, viel Sinn konnte bisher niemand aus den vorhandenen Texten ziehen. Ein kurzes Gedicht des Bildhauers selbst, ein Text über etwas, das sich angeblich etwa 60 Meter südlich der Skulptur im Boden vergraben findet – und eine falsch zitierte Passage aus den Aufzeichnungen Howard Carters, der die Entdeckung des legendären Grabes von Pharao Tutanchamun beschreibt. Es handle sich bei seinem Kunstwerk um ein Rätsel im Rätsel, das sein Geheimnis erst preisgibt, wenn alle Teile entziffert sind, erklärt Sanborn dazu. Und das ist das große Problem: An der vierten Tafel beißen sich sämtliche Experten bisher die Zähne aus. Sie ist in einer Weise chiffriert, die außer dem Künstler und dem pensionierten CIA Agenten Ed Scheid, der ihn unterstützte, absolut niemand zu kennen scheint. Der Bildhauer ist sich seiner Sache derart sicher, dass er den verzweifelten CIA-Männern vor acht Jahren einen großzügigen Tipp gab: Die auf der Tafel zu findende Buchstabenkombination „NYPVTT“ bedeutet „BERLIN“. Und? Nichts. Vor vier Jahren legte Sanborn noch etwas nach: Die gleich anschließenden Buchstaben „MZFPK“ stehen für „CLOCK“, also Uhr. Aber auch das half den Experten nicht weiter. Und Sanborn, mittlerweile 73, hat alle Zeit der Welt. Im Falle seines Ablebens, bevor irgendjemand seinen Code geknackt hat, gibt es in Tresoren verwahrte Aufzeichnungen über die wahre Bedeutung der Texte.
Die Menschheit könnte also noch Hunderte Jahre an „Kryptos“ herumtüfteln. Um irgendwann draufzukommen, dass die Buchstaben auf der vierten Tafel ganz einfach gar nichts zu bedeuten haben, dass sich Sanborn einfach einen riesengroßen Spaß erlaubt hat. Oder, was
Dan Brown wahrscheinlich wesentlich lieber wäre, hier den Schlüssel zum Geheimnis des Universums, der Existenz Gottes und dem Wissen der Illuminaten versteckt hat. Wir werden sehen. Oder auch nicht …
Noch mehr Geheimnisse
DISKOS VON PHAISTOS: Viele der heute noch ungelösten Rätsel der Menschheitsgeschichte waren ursprünglich nicht als solche gedacht. Man darf davon ausgehen, dass die alten Etrusker mit ihrer Sprache durchaus kommunizieren und sich nicht möglichst unverständliche Botschaften übermitteln wollten, die der Gesprächspartner erst in detektivischer Kleinarbeit dechiffrieren musste. Ähnliches dürfte für die ersten Kreter gelten, als sie vor fast 4000 Jahren den Diskos von Phaistos beschrieben. Ein Einkaufszettel vielleicht? Ein Liebesbrief? Eine Heldensage oder der Schlüssel zum Ursprung des Universums? Die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass wir dieses minoische Geheimnis nie lüften werden.
VOYNICH-MANUSKRIPT: Ein Buch aus dem 15. Jahrhundert, das auf 204 Seiten nicht einen lesbaren Satz beinhaltet. Die Illustrationen weisen darauf hin, dass es ein „wissenschaftliches“ Werk ist, das sich mit Kräuterkunde, Anatomie, Kosmologie und Pharmazie beschäftigt – was drin steht, wollte mit Kaiser Rudolf von Habsburg (1576-1612) schon ein früher Besitzer des Werkes wissen. Er übergab es dem Hofpharmazeuten Jakub Horcický, einem der führenden Experten des Heiligen Römischen Reiches, zur Analyse. Doch der gute Mann scheiterte ebenso wie alle, die nach ihm versuchten, den Text zu verstehen.
SHUGBOROUGH HALL: Ein romantischer Landsitz in den englischen Midlands, ein dazu passendes Schäferdenkmal im Park – Idylle pur. Wenn da nicht diese merkwürdige Inschrift auf dem Denkmal wäre: O. U. O. S. V. A. V. V. – etwas weiter außen noch die Buchstaben D. M. Schon im 18. Jahrhundert wurde wild darüber spekuliert, von einer geheimen Liebesbotschaft bis zu den Koordinaten zu einem riesigen spanischen Goldschatz war die Rede. Noch einen Schritt weiter ging man in den 1980ern, als die Autoren des Buchs „Der Heilige Gral und seine Erben“ die Inschrift mit dem Versteck des Heiligen Grals und gar den menschlichen Nachkommen Jesu in Verbindung brachten. Genau, dieses Buch hat Bestsellerautor Dan Brown auch gelesen ...
BEALE-CHIFFRE: Nichts ist spannender als eine gute, alte Schatzsuche. Ein gewisser Thomas Beale, Büffeljäger und Glücksritter, soll 1820 einen unermesslichen Goldschatz versteckt haben, den er selbst unter abenteuerlichen Umständen irgendwo im amerikanischen Westen gefunden hatte.
Bis heute konnte nur ein Teil der Schrift entschlüsselt werden. Aber immerhin wissen wir, dass der Schatz „in Bedford County, etwa vier Meilen von Buford“ liegt. Oder nicht. Auch hier könnte es sich durchaus um einen Scherz handeln.
THE BUZZER: Ein Summen, eine kurze Pause, dann noch ein Summen. Seit den 1970ern beschäftigt dieses Kurzwellensignal die Geheimnisjäger der ganzen Welt. Zu finden ist es auf 4.625 Kilohertz, der oberflächliche Unterhaltungswert ist zwar überschaubar, führt aber unvermeidlich zur Frage: „Was soll das?“ Bekannt ist, dass das Signal von mindestens einem Sender aus St. Petersburg kommt. Die Anlagen stehen auf einem abgesperrten und streng bewachten Gelände. Ganz selten sind Hintergrundstimmen zu hören, und manchmal wird das „Programm“ sogar unterbrochen und eine Stimme liest Zahlen vor. „IODOSPOR 8188 6397“ zum Beispiel im letzten Herbst. Wird hier von einer Zentrale aus mit russischen Spionen kommuniziert? Und was passiert, wenn das Summen plötzlich aufhört? Der Zahlencode konnte bisher nicht geknackt werden, die Bedeutung des Summtons auch nicht. Zumindest nicht von privaten Kryptologen – CIA und NSA haben zu dem „Buzzer“ offiziell keine Meinung …
WOW!-SIGNAL: 15. August 1977, Astrophysiker Jerry R. Ehman überwacht am „Big Ear“-Radioteleskop der Ohio State University die hereinprasselnde akustische Strahlung des Universums. Es gibt spannendere Jobs. Doch an diesem Tag passiert tatsächlich Außergewöhnliches. Ehman erhält ein derart ungewöhnliches Signal, dass er es auf dem Ausdruck spontan mit einem großen „WOW!“ markiert. In einigen Aufsätzen zeigte sich der Wissenschaftler überzeugt, dass es eine Botschaft aus dem All sein könnte, die wir aufgrund mangelnder Computerleistung damals einfach noch nicht verstanden haben. Antonio Paris, ein Astronomieprofessor aus Florida, ortete vergangenes Jahr einen vorüberziehenden Kometen als Ursprung des Signals. Die Mitglieder aus Ehmans Team lassen diese Erklärung aber nicht gelten, da die Position des Kometen nicht exakt stimmen würde. Es bleibt also spannend. Ist jemand da draußen?
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