Der erfahrene Radhändler in einem Wiener Außenbezirk weiß nicht so recht, ob er sich freuen oder sorgen soll. Auch er kennt diese Meldung „Bereits mehr als 750.000 Elektro-Fahrräder in Österreich“ vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Hat ja selbst etliche verkauft. An Menschen, die damit am Wochenende die Donauinsel erkunden, zur Arbeit fahren oder im Urlaub e-biken.
Schon seit Längerem verfolgt er neben den Verkaufszahlen (170.000 Stück 2019) auch die Unfallzahlen der Statistik Austria. Die sind weit weniger erfreulich: Im Vorjahr wurden auf Österreichs Straßen 1.477 E-Biker bei Unfällen verletzt, elf verloren ihr Leben. 2018 starben 17 E-Biker. Sebastian Obrecht vom ARBÖ geht davon aus, dass „aufgrund der vermehrten Nutzung die Unfallzahlen heuer noch steigen werden“.
Was zu bedauern ist
„Wer auf ein E-Bike steigt, nimmt ein höheres Risiko in Kauf als bei einem herkömmlichen Fahrrad, kann dieses aber durch ein Mindestmaß an Vorbereitung kompensieren“, betont Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit.
Messungen haben gezeigt, dass E-Biker im Schnitt um 3,4 km/h schneller fahren als herkömmliche Radler. Damit erhöht sich ihr Unfallrisiko deutlich, vor allem auch deshalb, weil viele ungeübt, oft nur gelegentlich in die Pedale treten und daher mit dem Tempo und mit dem Handling der schwereren E-Bikes schnell überfordert sind. Ältere Semester brechen sich zudem bei einem Sturz leichter ihre Knochen.
Dazu kommt, dass die meisten Radfahranlagen für E-Biker nicht dimensioniert wurden. So fehlen ihnen im Kreuzungsbereich größere Sichtweiten. Auch sind die meisten Radwege zu eng und zu übersichtlich für gefahrloses Überholen.
Der KURIER hat sich bei Experten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, bei VCÖ, ÖAMTC und ARBÖ umgehört und folgende Checkliste für E-Radfahrer erstellt:
Kauf
Sich von einem Fachhändler beraten lassen, dazu wird dringend geraten. „Es gibt heute eine breite Palette von Modellen mit mehr oder weniger Motor-Unterstützung“, begründet Christian Gratzer vom VCÖ.
Check
Vor der ersten Ausfahrt soll laut Gratzer die Betriebsanleitung gelesen werden, um sich mit allen Funktionen des E-Bikes vertraut zu machen. Reifen, Schaltung, Bremsen und Licht prüfen sei auch beim E-Bike ein Muss vor jeder Ausfahrt.
Helm
Er kann schwere Kopfverletzungen verhindern, so die Experten. Es werden heute auch stabile Helme speziell für E-Biker angeboten.
Fahrschule
Ellen Dehnert, E-Bike-Spezialistin beim ÖAMTC, rät dazu, sich vor der ersten Ausfahrt in Ruhe oder in einem Kurs mit den Eigenheiten des E-Bikes vertraut zu machen. Solche Kurse bietet nicht zuletzt auch der Touringclub an.
Erfahrungswerte
Das Anfahren mit E-Motor ist gewöhnungsbedürftig, die Schubkraft kann die Novizen überraschen. Daher sollte man zunächst mit niedrigster Stufe und niedrigem Gang losfahren. Ebenso trainiert werden sollte das Bremsen. Zu beachten ist dabei der längere Bremsweg, so ARBÖ-Mann Obrecht. „Wer mit Tempo 25 unterwegs ist, hat einen etwa doppelt so langen Bremsweg als bei 15 km/h.“ Auf dem E-Bike kann zudem die Kurvenfahrt das Gleichgewicht stören.
Elektronik
Vor jeder Fahrt ist es ratsam, die Akkuladung zu kontrollieren. „Ab und zu sollte man außerdem die elektrischen Kontakte reinigen und mit Kontaktspray pflegen“, so Ellen Dehnert vom ÖAMTC.
Tuning verboten
„Tunen ist riskant und illegal“, warnt KFV-Experte Kaltenegger. So wie bei Moped oder Auto sind die Komponenten der Räder nicht für höheres Tempo gebaut.
Öko-Fitness
Wer nur mit der geringsten Unterstützungsstufe radelt, trainiert seine Muskulatur und schont gleichzeitig unser Klima.
Gilt auch für E-Biker
Rücksichtsvoll und aufmerksam fahren. Das Tempo immer den Fahrbahnverhältnissen anpassen. Das E-Bike regelmäßig zum Service bringen. Für die Sichtbarkeit und Sicherheit helle Kleidung tragen, auch gutes Schuhwerk.
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