Schlaraffenland für Genießer

Schlaraffenland für Genießer
In der Po-Ebene schlägt das kulinarische Herz Italiens: Hier entstehen Balsamico, Parmesan, unzählige Pastasorten, Polenta und die edelsten Schinken. Eine Spurensuche.

Gott wohnt in Frankreich. Aber zum Schlemmen fährt er in den Süden. Wo die italienische Küche viel mehr zu bieten hat als Nullachtfünfzehn-Pizza oder Pasta asciutta. Da kann schon der Klassiker „Saltimbocca“, wörtlich übersetzt: „Spring-in-den-Mund“, ein mit Schinken umwickeltes Kalbsschnitzel, die Geschmackspapillen in Ekstase versetzen. Die Po-Ebene ist ein Treibhaus unter freiem Himmel. Die Landschaft, der häufige Nebel, das milchige Licht, das die Konturen aufweicht und vieles zerfließen lässt, faszinierten schon Michelangelo Antonioni und prägten die Arbeit des „Analytikers der Seele“, wie Kritiker den 2007 verstorbenen Filmregisseur und Schöpfer des Thrillers „Blow up“ (1966) nannten. Seine bevorzugte Tageszeit war die Dämmerung, seine Themen hießen Einsamkeit, innere Leere und Entfremdung.

Die „pianura padana“, wie die Italiener die Po-Ebene nennen, erstreckt sich über fünf Provinzen: Piemont, Lombardei, Emilia Romagna, Veneto und Friaul. In der Region, eingebettet zwischen Gebirgsketten, widmet man sich seit Jahrtausenden mit Leidenschaft der Herstellung der denkbar besten Lebensmittel, auf der Suche nach Perfektion – wie auf dem Landgut bei Treviso (kleines Bild). In Padua (großes Bild) residieren die besten Fleischhauer im zentralen Palazzo della Ragione.

Schlaraffenland für Genießer

Lange galt die Po-Ebene als Land gewordene Langeweile, die auf dem Weg mit dem Auto in den Sommerurlaub an der unteren Adria möglichst rasch überwunden werden musste. Aber in Wahrheit ist das Gebiet entlang des Flusses, durch die Ebenen der Lombardei und der Emilia Romagna, durch die kleine Welt von Giuseppe Verdi, Don Camillo und Peppone, eine Zone der großen und kleinen Geheimnisse für Küchenlateiner. Überhaupt hat die Emilia Romagna den Ruf eines Schlaraffenlandes für Genießer, stammen doch aus der Region zwischen Po-Ebene, Adria und Apennin die international erfolgreichsten Produkte wie Parmesankäse, Balsamessig, unzählige Pastasorten, Mortadella und das Risotto, von dem es so viele Varianten wie Köche in Italien gibt.

„In diesem Reich des Wassers, der Flüsse und Kanäle am Südrand der Alpen werden ehrliche Einfachheit und Geschmack zelebriert“, sagt der Fotograf, Musiker und Koch Michael Langoth in seinem mit kulinarischen Impressionen verfeinerten Bildband „Il Po“. „Hier werden die seit Jahrhunderten überlieferten kulinarischen Glaubenssätze hochgehalten: vom ehemaligen Armeleute-Essen, der cucina povera, bis zu den raffinierten Gerichten der feinen Küche.“ Die Schinkentrockner von Parma und die Käsekocher der Po-Ebene führen das Kunststück vor, einfachen Nahrungsmitteln durch Veredelung mehr Wert zu verleihen. Noch im kleinsten Tortellino – gefüllt mit Ricotta, Kürbis, Schweine- und Rindfleisch oder Wild – stecken Erfahrung und Geduld. Der würzig-körnige Parmigiano-Reggiano gehört wie sein lombardischer Verwandter Grana padano, nicht nur gerieben über Pasta, sondern auch als kleiner Imbiss bröckchenweise ein Genuss, zu Italien wie Eis und Amore. Etwas pikanter ist der Pecorino aus Schafmilch aus den Hügeln der Mitte Italiens. Die dunkle Süßsäure eines karamellbraunen Tröpfchens Aceto Balsamico Tradizionale und die kristalline Schärfe des edlen Parmigiano müssten wunderbar zusammenpassen. Hätte man gedacht. Aber: „Nein, keinen Aceto“, rät der Kellner im Ristorante La Greppia in der Strada Giuseppe Garibaldi in Parma, wo es zum Käsegang nur die Wahl zwischen jungem, mittelaltem und altem Parmigiano gibt. „Nehmen Sie ihn, wie er ist. Er kommt aus den Bergen. Er ist perfekt.“

Schlaraffenland für Genießer

Die Landschaft der Po-Ebene, ein Paradies für Genießer und Feinschmecker, seine Bewohner und die authentische Küche der Region – eine faszinierende Begegnung voller Überraschungen: „Il Po – Kulinarische Impressionen“ von Michael Langoth, 224 Seiten, edition styria, 39,99 Euro

Zutaten:

250 g Polenta

½ l Wasser

½ l Milch

2 TL Butter

Salz

Zubereitung:

Maisgrieß langsam in Wasser und Milch mit Salz und Butter einrühren. Unter ständigem Rühren (damit sie nicht zu stark anbrennt) 10 Minuten quellen lassen und bei geringerer Hitze 30 Minuten ausquellen lassen. Die fertige Polenta in eine mit Wasser gespülte Form pressen und auf einen Teller stürzen. Tipp: Backen und in Olivenöl mit Thymian, Rosmarin oder Salbei knusprig braten.

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