Nomaden auf Zeit

Nomaden auf Zeit
2,5 Jahre, 73.000 Kilometer, 27 Länder: Sabine Buchta und Peter Unfried aus Neulengbach bei St. Pölten kennen Afrika wie ihre Westentasche. Das Paar hat sich im Oldtimer-Lkw den Traum vom Aussteigen erfüllt. Jetzt und nicht irgendwann.

Ein Satz aus meiner Kindheit, der von meiner Mutter stammt, hat mich bis heute geprägt: „Wenn der Papa einmal in Pension ist, nehmen wir uns ein Wohnmobil und reisen um die Welt.“ Dazu gekommen ist es nie, weil der Papa zwar in Pension gegangen, aber leider mit einer anderen Frau verheiratet ist. Seither mache ich im Leben keine langfristigen Pläne mehr. Auch Sabine Buchta, 39, und Peter Unfried, 51, gehen dieses Risiko nicht ein und erfüllen sich ihre Wünsche besser jetzt als nie. Den großen Traum vom Reisen hat das Paar schon vor sieben Jahren umgesetzt und einen verdammt langen Urlaub gemacht. Wobei sie heute sagen, dass ihr Afrika-Trip viel mehr als eine Reise war. 913 Tage Abenteuer, um genau zu sein – ohne Stress, aber mit ganz viel Zeit.

Nomaden auf Zeit

In einem Oldtimer-Lkw namens August, Baujahr 1966, legen die Nomaden auf Zeit 73.000 Kilometer zurück, machen in 27 Ländern Halt und bleiben überall mindestens einen Monat. „Reisen wird billiger, je länger man unterwegs ist. Es ist ein Unterschied, ob ich ein Visum nur für zwei Wochen oder ganz ausnütze. Der Preis ist derselbe. Zeit und Geld sind miteinander verbunden.“ Leisten, so ist Buchta überzeugt, kann sich so ein Abenteuer jeder, der es will. „Im ersten Jahr haben wir 13.000 € ausgegeben, im zweiten Jahr etwas mehr, weil die Dieselpreise gestiegen sind. Das sind rund 600 € im Monat pro Person.“ Zugute kam dem Paar die Mechaniker-Ausbildung von Peter Unfried, da kaum Kosten für Reparaturen in Werkstätten anfielen. Außerdem war August nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch fahrendes Hotel, mit 9,5 Quadratmetern Platz für den Alltag. „Es klingt zwar kitschig“, sagt Sabine Buchta, „aber wir verstehen uns einfach gut, egal, wie viel Platz wir haben. In Afrika lernt man ohnehin, mit sehr wenig auszukommen.“

Nomaden auf Zeit

Das ist eine der großen Erkenntnisse der Tour, an der die Weltreisenden bis heute festhalten. Auch wenn sie in Österreich sind, leben sie Sommer wie Winter im Lkw-Oldtimer, der auf dem eigenen Grundstück bei Neulengbach steht. „Und bevor ich shoppen gehe, spare ich das Geld lieber für die nächste Reise“, erzählt Buchta.

Ihre Berufe als Wellness-Trainerin und Techniker haben Sabine und Peter längst aufgegeben. Ist die Reisekassa leer, touren sie, wie jetzt, mit einer Multimedia-Show durch Ostösterreich. Ein neues Buch über „Zweieinhalb Jahre Afrika“ gibt es auch – und nach der Lektüre ist klar: Man könnte Buchta und Unfried sofort als Geografie-Joker für die Millionen-Show nominieren. Frage 1: Wohin reisen Afrika-Dummies? „Nach Südafrika, Namibia und Botswana“, weiß Sabine. „Das sind touristisch gut entwickelte Länder. Aber die Apartheid ist noch extrem spürbar. Dort findet man Parallelwelten zwischen Gettos und Städten, in denen sich eine Villa an die nächste reiht – von Wachleuten, Hunden und Elektrozäunen geschützt. Ich würde so nicht leben wollen.“

Nächste Runde: Wo ist der schwarze Kontinent am ursprünglichsten? „Wer erfahren will, wie die Leute in Afrika wirklich leben, muss nach Angola. Die Spuren von 30 Jahren Bürgerkrieg sind zwar noch zu sehen, das Verhältnis zwischen Weißen und Schwarzen ist aber viel entspannter als anderswo.“Zusatzfrage: Wo lernt man Land und Leute am besten kennen? „In Gabun oder den Kongos“, sagt Buchta. „Die Menschen dort sind neugierig und aufgeschlossen. Wenn wir irgendwo vorgefahren sind, haben uns viele Kinder begrüßt. Ein positives Chaos. Es gab aber auch Dörfer, in denen die Kleinsten noch nie einen Weißen gesehen hatten und voller Panik davongelaufen sind.“

Das Gespräch mit Sabine ist wohl auch eine gute Gelegenheit, um gängige Afrika-Klischees zu hinterfragen. Zum Beispiel, dass eine Reise abseits der Touristenpfade extrem gefährlich sei. „Man muss Erfahrung haben und Vorsicht walten lassen. Legere Kleidung ist wichtig. Wir sind in der Nacht auch im Wohnmobil geblieben und haben Städte gemieden. Denn wo viele Menschen sind, gibt es logischerweise auch viele böse Menschen. Wir wurden in zweieinhalb Jahren nur zwei Mal bestohlen. Es ist aber auch immer einer von uns beim Auto geblieben. Denn probiert wird immer.“

Nomaden auf Zeit
In Namibia trafen Sabine und Peter auf den Stamm der Himbas

Und was ist mit all den armen, hungernden Menschen? Da kann man doch eine Reise nicht genießen. „Wir haben auf der ganzen Reise niemanden getroffen, der dem Bild entspricht, das wir aus den Medien kennen – wie kleine Kinder mit geschwollenen Bäuchen. Das mag bei Naturkatastrophen wie Dürre und Überschwemmungen so sein. Hülsenfrüchte und Reis gab es jedenfalls immer. Man muss aber sagen, dass zum Beispiel die Menschen in Mosambik sehr arm waren und oft nur Lumpen am Körper hatten. Da haben wir gerne gegeben.“

Wenn Sabine und Peter ihren Oldtimer August das nächste Mal für eine große Fahrt flott machen, soll es nach Südamerika gehen. „So schnell wie möglich“, sagt Peter. „Am liebsten schon in einem halben Jahr.“ Ein guter Zeithorizont, um Träume auch wirklich wahr werden zu lassen.

Der nächste Vortrag von Sabine und Peter über ihren Afrika-Trip findet am 22. und 29. März 2014 im Audimax in Wien statt. Infos dazu und zum neuen Buch „Zweieinhalb Jahre Afrika“ unter www.augustderreisewagen.com

Kommentare