MONDSÜCHTIG

MONDSÜCHTIG
Ein Dorf auf dem Mond? MICHAEL HOROWITZ über eine Vision des neuen Chefs der Europäischen Weltraumbehörde, die nach Science-Fiction-Fantasie klingt.

Vielleicht lag es am Vollmond, dass ein Deutscher vor wenigen Tagen die Welt der Wissenschaft überraschte. Prof. Johann-Dietrich Wörner, weltweit anerkannter, mehrfacher Ehrendoktor, der erst in zwei Wochen sein Amt als neuer Präsident der Europäischen Weltraumagentur ESA antritt, verkündete vollmundig, "Wir werden ein Dorf auf dem Mond bauen". Und der Bauingenieur aus Darmstadt präzisierte seine Pläne, die nach Science-Fiction-Fantasie klingen: Auf dem Mond solle eine permanente Bodenstation für Forschungszwecke errichtet werden. In diesem Moon-Village könnte dann eine Allianz aus Menschen und Robotern wissenschaftlich arbeiten.Graue Gesteinsmassive, rund 300.000 rätselhafte Krater und Temperaturen, die zwischen 130 Grad und 160 Grad minus pendeln – ein nicht wirklich gemütlicher Arbeitsplatz. Trotzdem soll auf dem Mond ein bewohnbares Dorf entstehen. Mit Kraftwerken, medizinischen Notfallzentren und Gewächshäusern, in denen Pflanzen angebaut werden. Zuerst würde man Baumaterial und Lebensmittel auf den Mond bringen, später könnte es möglich sein, Wasser aus dem vorhandenen Wasserstoff zu produzieren. Die Mond-Basis aus dem 3D-Drucker würde mit Material vom Mond gebaut werden. Astronauten aus aller Welt, unterstützt von Robotern, würden dann dort in die Fußstapfen Neil Armstrongs treten. Und mehrere Monate auf dem Mond forschen und leben. Dies ist zumindest die vage Vision des neuen Chefs von Europas oberster Weltraumbehörde. Vier Jahre wird Wörner mit einem Budget von mehr als vier Milliarden Euro die Entwicklung der europäischen Raumfahrt koordinieren. Schon jetzt, bevor er sein ESA-Präsidenten-Amt angetreten hat, überrascht er mit seinem spektakulären Plan eines Mond-Dorfes.Die Mond-Siedlung könnte Ersatz für die internationale Raumstation ISS sein, deren Nutzung in weniger als zehn Jahren ausläuft. Idealer Standort des Moon-Village wäre die Rückseite des Mondes: "Dort sind die Voraussetzungen für Forschungsarbeiten am besten. Wir könnten Teleskope aufstellen, mit denen wir einen viel besseren, ungestörten Blick in die Weiten des Weltalls hätten", schwärmt Johann-Dietrich Wörner im Interview mit der Bild-Zeitung. Denn auf der Mond-Rückseite würden keine Satelliten oder Kommunikationsnetze die Forschungsarbeit beeinträchtigen. Um die Station sinnvoll zu betreiben, müsste man einen ständigen Shuttle-Service zwischen der Erde und dem Mond einrichten. Erst wenn man etwa neun Mal mit dem Auto und Schiff um die Erde führe, hätte man die Entfernung zum Mond zurückgelegt. Die durchschnittliche Entfernung beträgt ca. 385.000 Kilometer. Dies ist längst exakt berechnet. Doch noch immer ranken sich viele ungeklärte Fragen, geheimnisvolle Wunder um unseren allernächsten Himmelsnachbarn. Es ist zum Beispiel weiterhin nicht sicher, wie der Mond und seine Geländeformen entstanden sind. Fest steht, dass wertvolle Rohstoffe existieren, die es auf der Erde nicht gibt. Wie das Isotop Helium 3, das unter Forschern als sauberer Energielieferant der Zukunft gehandelt wird. Man vermutet, dass es auf dem Mond eine Million Tonnen des Gases gibt – genug, um die Welt Tausende von Jahren lang mit Strom zu versorgen. Bereits 40 Tonnen Helium 3 würden ausreichen, um den Energiebedarf der USA ein Jahr lang zu decken, meint der Physiker Gerald Galinski der "University of Wisconsin". Vor allem für die Gewinnung der Bodenschätze auf dem Erdtrabanten wäre das Mond-Dorf extrem wichtig. Es könnte aber auch langfristig zum Ziel für Weltraumtouristen werden. Die Hilton-Kette plant bereits Hotels auf dem Mond. Berichtet zumindest die Bild-Zeitung.


michael.horowitz@kurier.at

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