Melanie Scheriau über Kinder, Küche und Karriere

Melanie Scheriau über Kinder, Küche und Karriere
Das erste Interview zu dritt: Im Spätherbst werden Topmodel Melanie Scheriau und ihr Mann Seth Harris zum ersten Mal Eltern. In der freizeit erzählen sie von ihrem neuen Leben mit Kind, warum Eifersucht keine Chance hat und warum ihre Fernbeziehung schon seit 13 Jahren funktioniert.

freizeit: Seth, viele Männer wären gerne mit einem Topmodel liiert. Wie fühlt es sich an, mit einer so schönen Frau verheiratet zu sein?

Seth Harris: Melanie ist schön und klug. Dagegen habe ich natürlich nichts. Die einzige Herausforderung, mit einer so aufregenden Frau wie Melanie zu leben, ist, dass ich sie mit vielen anderen Menschen teilen muss. Jeder will etwas von ihr. Das ist nicht immer ganz leicht.

Waren Sie denn nie eifersüchtig?

Harris: Nein, da kennen Sie Mel nicht. Dazu gab es nie einen Grund.

Melanie Scheriau: Ich war nie eine große Flirterin und Seth ist auch kein Womanizer. Ich habe den besten Mann zu Hause. Warum sollte ich also weitersuchen? Wir sind seit 13 Jahren zusammen und waren berufsbedingt immer wieder getrennt. Da ist Vertrauen wichtig. Das haben wir uns mit der Zeit aufgebaut.

Harris: Im ersten Jahr unserer Beziehung haben wir uns insgesamt nur drei Monate gesehen, weil Mel so viel unterwegs war. Ich bin derzeit ebenfalls zwei Wochen pro Monat beruflich in San Francisco. Aber wir schicken uns regelmäßig Textnachrichten.

Wäre telefonieren nicht einfacher?

Harris: Manche Menschen finden das komisch, aber wir telefonieren nicht täglich. Für mich ist Melanie ohnehin immer da, auch wenn sie gerade ein paar Tausend Kilometer entfernt ist. Aber manchmal nervt es, wenn nur der Hund da ist.

Scheriau: Wir telefonieren einmal pro Woche per Skype. Wenn Seth mir etwas zu sagen hat, schickt er mir ohnehin sofort eine SMS. Und ich ihm auch. Da müssen wir abends nicht noch einmal alles aufrollen.

Wie viel Ihrer Zeit verbringen Sie beide im Moment gemeinsam?

Harris: Ich schätze, es werden derzeit etwa 60 Prozent sein. Aber wenn im Spätherbst unser Kind auf die Welt kommt, wird es sicher noch mehr.

Bald kommt Ihr erstes Kind auf die Welt. Denken Sie, dass Ihnen der Rollenwechsel vom Topmodel zur Mutter sehr schwer fallen wird?

Scheriau: Ich habe schon vor zwei Jahren damit begonnen, mehr Zeit daheim zu verbringen. Angefangen hat es damit, dass wir uns ein Haus mit einem schönen Garten gekauft haben. Ich habe das Haus eingerichtet und bin draufgekommen, dass ich überraschenderweise eine tolle Gärtnerin bin. So habe ich nach und nach die Hausfrau in mir entdeckt.

Harris: Was die wenigsten wissen, ist, dass Mel auch eine großartige Köchin ist. Immer, wenn sie zu Hause ist, gibt es die köstlichsten Speisen.

Können Sie als Model da auch zulangen?

Scheriau: Bis 30 konnte ich essen, was und so viel ich wollte. Aber mit zunehmendem Alter muss ich schon aufpassen.

Harris: Das klingt, als wären wir steinalt.

Scheriau: Du schon. Du bist ja auch ein Jahr älter als ich. Jedenfalls koche und esse ich sehr gerne. Man könnte mich nie auf eine makrobiotische Diät setzen. Ich bin Kärntnerin und liebe Fleisch und deftiges Essen. Das habe ich im Blut.

Und was ist mit der von Models so oft geforderten Disziplin? Müssen Sie nicht den Kandidatinnen von „Austrias Next Topmodel“ (ANTM) ein Vorbild sein? Sie sind ja seit 2012 auch Moderatorin.

Scheriau: Deftiges Essen gibt es ja nicht jeden Tag, sondern nur ein- bis zweimal pro Woche. Dazu kommt Sport wie Yoga oder Pilates. Der Vorteil an New York ist, dass man kaum das Auto benützt, sondern zu Fuß geht oder mit der U-Bahn fährt. Man ist also sehr viel in Bewegung.

Apropos ANTM: Warum ist man in der Sendung gar so streng mit den Mädchen?

Scheriau: Ich bin die größte Cheerleaderin für die Mädchen und würde mir den Haxen ausreißen, damit sie einen Job kriegen. Dasselbe erwarte ich aber auch von ihnen. Es geht gar nicht anders. Modeln ist ein hartes Geschäft. Wenn die Mädchen bei einem Casting in den Boden schauen oder verlegen lachen, darf man auch einmal sagen: „Spinnst du? Wie führst du dich denn auf?“ Beim Modeln gibt es nur Schwarz oder Weiß. Wenn du einen Job verhaust, wirst du nie mehr gebucht.

Werden Sie als Mutter das Leben im Scheinwerferlicht nicht vermissen?

Scheriau: Am Anfang meiner Karriere habe ich die Modewelt regelrecht inhaliert. Ich bin bei vielen Shows gelaufen und war auf unzähligen After-Show-Partys. Netzwerken ist in meinem Job extrem wichtig. Aber irgendwann wird es fad, weil man immer die gleichen Leute trifft. Ich bin später mit meinen Model-Freundinnen lieber auf ein Bier ins Pub gegangen als auf Partys.

Hat man im Mode-Business denn überhaupt Freunde?

Scheriau: Mit 17 wurde ich von meiner Agentur nach Tokio geschickt. Da kannst du nicht jeden Tag daheim anrufen, schon alleine wegen der Zeitverschiebung. Da werden die Leute, mit denen du in den Model-Appartements lebst, zu deiner Ersatz-Familie.

Wie ist es Ihnen schließlich gelungen, in New York Fuß zu fassen?

Scheriau: Das war 2004 und ich musste anfangs wieder auf sehr viele Partys gehen. Es ging ja darum, einen neuen Markt zu durchbrechen und die Leute kennenzulernen, die mir beim Erreichen meiner Ziele behilflich sein konnten. Über Freunde habe ich dann zum Glück auch bald Seth kennengelernt. Er hat mich immer wieder begleitet und meinte nur: „Mein Gott, was passiert denn hier eigentlich?“

Was war so außergewöhnlich?

Harris: Ich habe nicht verstanden, wie bei den Fashion Weeks ein- und dieselben Leute Tag und Nacht zusammen abhängen konnten. Um zehn Uhr vormittags haben sie begonnen, gemeinsam zu arbeiten und um fünf Uhr früh gemeinsam mit dem Feiern aufgehört. Jeden Tag, wochenlang. Zuerst London, dann New York, Paris und Mailand. Verrückt!

Scheriau: Man wird leicht in diese Scheinwelt gezogen und kommt nur schwer wieder raus. Deshalb war ich froh, dass ich mit Seth über andere Dinge reden konnte.

Haben Sie die Geschichten aus Melanies Glamourwelt gar nie interessiert?

Harris: Ich hatte selbst einen Club und Restaurants in New York. Da sind viele Promis ein- und ausgegangen. Mit einigen sind wir auch befreundet. Da merkt man schnell, dass das normale Menschen sind.

Und was machen Sie heute?

Harris: Ich bin Unternehmer. Sie kennen sicher die Registrierkassen in Restaurants und Clubs. Dafür liefern wir die Software. Das ist nicht ganz so aufregend wie Melanies Welt.

Apropos: Irgendwo war zu lesen, dass Sie Naomi Campbell kennen, Frau Scheriau.

Scheriau: Ich bin ihr auf einer Show begegnet. Natürlich hatte sie ihre Entourage für Make-up und Kleidung mit, aber ich fand sie nicht zickig, wie es oft behauptet wird. Ich hatte damals Schnupfen, und als sie gesehen hat, dass ich ein Taschentuch verwenden wollte, meinte sie: „Don’t do that, you will get a red nose.“ Das fand ich sehr nett.

Welche Begegnung ist Ihnen besonders in Erinnerung?

Scheriau: Die mit Alexander McQueen bei der London Fashion Week. Er war damals der Designer schlechthin. Als ich am Treffpunkt ankam, sah ich zwischen tausend Kleidern einen Mann, der sehr entspannt wirkte und sich unterhielt. Es war Alexander, aber ich habe ihn nicht erkannt und ihn gefragt, wo die Anprobe ist.

War er sauer?

Scheriau: Gar nicht. Er meinte nur, dass es keine Anprobe gebe. Ich habe ihm dann widersprochen, weil ich von der Agentur andere Infos hatte. Und er sagte: „Darling, ich bin der Designer. Es gibt kein Fitting. Du bist gebucht oder nicht. Bist du?“ Dann hat er mich in die Maske geschickt.

Wer hat Sie noch beeindruckt?

Scheriau: Christopher Bailey, der jetzt Hauptdesigner bei Burberry ist. Er hat früher für Gucci gearbeitet und hat mit mir zur Inspiration für die neue Kollektion Gucci-Vintage-Mode fotografiert. Das war toll. Ich bin allen in der Branche dankbar, die in mir etwas Spezielles gesehen haben. Dadurch konnte ich mich als Model entfalten. Ich bin schon lange im Geschäft, aber es ist immer wieder aufregend, neue Jobs zu bekommen.

Die Britin Cara Delevingne, die als „Model of the Moment“ gilt, hat unlängst im „Guardian“ gesagt, man wäre als Model ein Produkt. Wer etwas im Hirn hätte, solle etwas anderes machen.

Scheriau: Es kommt immer auf die Einstellung an. Als Model präsentierst du vor allem Kleidung. Du bist ein Mannequin, und das heißt übersetzt nun einmal Schaufensterpuppe. Die Journalisten sitzen auch nicht bei einer Modeschau, um dich zu sehen, sondern die Kollektion. Dessen muss man sich bewusst sein.

Nagt das nicht am Selbstbewusstsein?

Scheriau: Ich habe mich nie so involviert. Spätestens am Abend wollte ich wieder Melanie sein. Mein Beruf hat auch so viele Vorteile. Ich habe Freunde auf der ganzen Welt und war in Ländern, die ich sonst nie bereist hätte. Oder würden Sie in Kasachstan Urlaub machen?

Steht auf der Liste ganz oben – noch vor den Seychellen. Wie sind Sie denn nach Kasachstan gekommen?

Scheriau: Ich war mit Hilary Alexander, der früheren Mode-Chefin des „Daily Telegraph“ dort – zehn Tage lang. Wenn sie dich mochte, nahm sie dich überall hin mit. Wir waren in Trinidad und Tobago, der Mongolei und Kasachstan. Dort gab es natürlich keinen Glamour, sondern einfache Unterkünfte. Hilary meinte nur: „Schaut mich an. Letzte Woche habe ich noch mit Marc Jacobs und Tom Ford Cocktails geschlürft, und jetzt habe ich mich seit drei Tagen nicht geduscht.“

Sie sind sehr fröhlich und lachen viel. Hat das im harten Mode-Business Platz?

Scheriau: Fröhlichkeit ist ansteckend. Und was nützt es mir, schlecht drauf zu sein? Am Set muss man komplett abschalten. Da bin ich nur Model. Außerdem: Es ist meine Laune – und für die bin ich selbst verantwortlich. Das sage ich den Kandidatinnen von „Austria’s Next Topmodel“ auch immer. Die Emotionen müssen zu Hause bleiben.

Zu Hause kriegt sie der Partner ab.

Scheriau: Wir führen eine richtige Beziehung, und da schreit man sich eben auch einmal an oder diskutiert bis in die Nacht über irgendeinen Blödsinn. Ich weiß ja, dass Seth mich mit all meinen Macken liebt. Gell Schatz, du magst mich, wenn ich gut drauf bin, und du magst mich, wenn ich schlecht drauf bin?

Harris: Wärst du denn ab sofort nur noch gut drauf, wenn ich dich ausschließlich in diesem Zustand lieben würde?

Scheriau: Auszuschließen, besonders wenn man schwanger ist. Aber ich versuche Aufregung zu vermeiden. Es heißt, dass das Kind die Unruhe spürt. Aber unlängst hatte ich einen Ausflipper. Wir wollen ja nicht wissen, was es wird und haben deshalb ein weißes Gitterbett bestellt. Geliefert wurde aber ein braunes.

Harris: Ich habe zu Mel gesagt: „Kein Problem! Ruf an und sag ihnen, sie sollen das braune Bett abholen und das weiße liefern.“ Das hat sie dann auch gemacht.

Scheriau: Aber als die Callcenter-Mitarbeiterin am Apparat war, habe ich plötzlich angefangen, unkontrolliert zu heulen. Ich habe der Frau dann erzählt, dass ich schwanger bin und mich so auf das weiße Bett gefreut habe. Für mich war das ein Weltuntergang. Das dürfte auch so angekommen sein. Die Dame hat mir dann 25 Prozent auf das weiße Bett gegeben.

Da hat sich die schlechte Laune zumindest gelohnt. Das weiße Bettchen steht bestimmt schon in New York. Wie lange bleiben Sie noch in Österreich?

Scheriau: Bis Ende Juli. Dann haben wir „Austrias Next Topmodel“ abgedreht. Und Sie Seth?

Harris: Ich fahre leider morgen nach Hause. Aber wir schreiben uns – und telefonieren. Jede Woche einmal.

Melanie Scheriau, 34, aus Spittal an der Drau, startete ihre Karriere 1996 mit einem Model-Contest. Danach gelang ihr der Durchbruch mit Aufträgen in der ganzen Welt. Nach einem Jahr in Mailand und vier Jahren London ist sie seit 2004 in New York zu Hause, wo sie mit ihrem Mann Seth, einem Unternehmer, lebt. Escada, Armani und Trussardi engagierten die 1,79 Meter große Kärntnerin für den Laufsteg, Robbie Williams für sein Video „Rock DJ“, Prada und Missoni für Werbekampagnen. Seit 2012 ist Melanie Scheriau als Moderatorin von „Austria’s Next Topmodel“ auf Puls 4 zu sehen. Die Dreharbeiten zur aktuellen Staffel finden derzeit in Baden statt. Danach kehrt sie zurück nach New York. Dort wird Scheriau, die im 5. Monat schwanger ist, ihr erstes Kind zur Welt bringen. www.melaniescheriau.com

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