Denim-Trends: Jetzt kommt die kompostierbare Jeans
Herkömmlich hergestellte Jeans sind eine große Belastung für die Umwelt. Wie Marken jetzt ihren ökologischen Fußabdruck verringern – und welche Rolle dabei eine Mühlviertler Weberei spielt.
Selbst das Jogginghosen-Jahr 2020 konnte nichts daran ändern: Die Jeans ist und bleibt eines der weltweit beliebtesten Kleidungsstücke. Alleine im vergangenen Jahr stiegen die Anfragen nach Denim in der Modesuchmaschine Lyst um satte 37 Prozent an. Die Skinny Jeans ist mit 39 Prozent aller Eingaben nach wie vor das beliebteste Modell.
Doch neben der Frage, welcher Schnitt am besten zum eigenen Stil passt, beschäftigt Modefans zunehmend auch der ökologische Fußabdruck des blauen Beinkleids. „Kunden fragen immer häufiger gezielt nach nachhaltigen Jeans“, sagt Uwe Kippschnieder, Jeans Developer bei der Modemarke Closed, im KURIER-Gespräch.
Denn Jeans gehören zu den umweltschädlichsten Kleidungsstücken. 1873 als dauerhaftes, weil besonders widerstandsfähiges Produkt für Goldgräber und Bergarbeiter erfunden, wurde Denim mit der Zeit zum Massenprodukt. Eines, das bei herkömmlicher Produktion unter teils katastrophalen Arbeitsbedingungen und unter Einsatz von hochgiftigen Chemikalien entsteht. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Market Agent ergab vor einigen Jahren, dass jeder Österreicher und jede Österreicherin durchschnittlich acht Jeans besitzt. Und diese landen, weil eben im Überfluss vorhanden, zu einem großen Teil irgendwann auf der Mülldeponie.
Kompostierbare Hosen
Mit dem vermehrten Einsatz von Bio-Baumwolle, die ohne giftige Pestizide angebaut wird, ist es deshalb noch lange nicht getan. Uwe Kippschnieder: „Sie ist zwar in aller Munde, aber man sollte sich auch Gedanken darüber machen, was passiert, wenn eine Jeans auf der Müllhalde landet.“
Deshalb geht Closed nun einen Schritt weiter: Im Februar lanciert die deutsche Marke die erste biologisch abbaubare Jeans. Die meisten Modelle enthalten heutzutage die chemische Faser Elasthan, um den Tragekomfort zu erhöhen. „Fasern wie diese brauchen jedoch bis zu 100 Jahre, bis sie verwittert sind“, erklärt Kippschnieder. Closed setzt stattdessen auf eine Materialneuheit der italienischen Weberei Candiani: ein aus Naturkautschuk bestehendes Stretchgarn. Damit sich auch der Rest rückstandslos zersetzt, kommen Knöpfe aus Steinnüssen und Nieten mit einem ebenfalls abbaubaren Tencelgarn zum Einsatz.
Einen komplett anderen Nachhaltigkeitsansatz verfolgt bereits seit rund einem Jahrzehnt Philipp Marouschek. Nachdem der Wiener vor vielen Jahren nach dem Tragen einer brandneuen Jeans einen Hautausschlag vom Bleichmittel bekommen hatte, machte er sich auf die Suche nach Alternativen – und fand keine. „Ich wollte eine Hose, die im Zuge der Produktion nicht fünfmal um die Welt geschickt wurde, bevor sie in den Laden kommt“, sagt der Gründer von Y/O/U. Mit Baumwolle, die vornehmlich in Indien, China und den USA angebaut wird, ein Ding der Unmöglichkeit.
Marouschek beschloss, selbst zu produzieren, und stieß bei seiner Recherche auf Flachs: „Es ist in Europa heimisch und der Anbau erfordert keinen Pestizideinsatz“. Weiteres großes Plus: Während Baumwollpflanzen äußerst durstig sind, braucht Flachs sehr wenig Wasser. Heute produziert Y/O/U mithilfe der Mühlviertler Weberei Vieböck Leinenhosen, die regulärem Denim in Sachen Optik und Komfort ebenbürtig sind.
Jahrelang tragen
Bei Levi’s widmet man sich unterdessen der Wiederverwertung. In Kooperation mit der dänischen Marke Ganni wurden Stücke aus alten Denimstoffen kreiert. Verkauft werden diese nicht, sondern ausschließlich über eine Online-Plattform vermietet.
Ganz gleich, für welche Jeans sich Kunden letztendlich entscheiden: Nachhaltig sei, sagt Jeans Developer Uwe Kippschnieder, den Inhalt des Kleiderschranks auch viele Jahre lang zu tragen: „Wir haben Kunden, die ihre in den Achtzigerjahren gekauften Jeans noch immer gerne anziehen.“
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