"Was ein Mann schöner is wie ein Aff, is ein Luxus.“ Tante Jolesch würde sich heute ganz schön anschauen – und sich dann vielleicht einfach über den schieren Überfluss an Luxus freuen. Männer legen durchaus Wert auf Schönheit. Und zwar nicht verschämt und heimlich, sondern ganz offen – sie stehen dazu.
Wie gründlich sich die alte Weisheit der guten Tante überholt hat, sieht man vor allem, wenn man einen Blick auf eine der männlichsten aller Welten wirft: die des Fußballs.
Denn während manche Filmstars und Sänger wie Dean Martin, Cary Grant oder der schöne Marcello Mastroianni schon immer großen Wert auf ihr Äußeres gelegt haben, verweigerten sich Fußballer beinahe trotzig jeder auch noch so kleinen Annäherung an Mode, Lifestyle oder gar Stil. Und wenn sich der Männerbund dann einmal kollektiv in einen modischen Irrtum verbissen hatte – Stichwort „Vokuhila“ –, hielt man jahrelang daran fest, auch wenn der Spuk außerhalb der Fußballstadien längst vorbei war.
Abgesehen von den Kickern aus Italien, Paolo Rossi sah 1982 schon aus, als wäre er direkt aus einer Boyband gecastet und Roberto Baggio faszinierte die Welt ein paar Jahre später mit diesem kecken Zöpfchen. „Italienische Männer hatten immer schon ein freundlicheres Verhältnis zur Mode“, sagt Angelo Palladino, Chef des coolen Salons „Borbone Barber Club & Lounge“ in der Wiener Innenstadt.
Den großen, globalen Wandel in Sachen Fußballer und Style brachte dann allerdings ein Brite: David Beckham, zuerst als Glamour-Boy belächelt, dann aber ganz schnell tausendfach kopiert. Die Tattoos, der Bart – oder gerade wieder nicht – und natürlich die Frisur. Der Kicker als Gesamtpaket.
Und heute sind es generell die Fußballer, die den Ton in Sachen Trends angeben – und das Tempo, in dem sie wechseln. Vor allem junge Männer beobachten ganz genau, wie extrem Ronaldos Undercut ist, wo sich Sergio Ramos einen Scheitel einrasieren lässt und wie hoch der Pompadour von Yanick Carrasco sich auftürmt.
Welcher Stil für welchen Mann?„Du kannst nicht jeden Stil 1:1 umsetzen, man kauft eine Frisur nicht von der Stange“, erklärt Experte Palladino. Es kommt auf die Haarstruktur an, und auch auf die Gesichtsform, was schließlich passt und was nicht. „Nicht jedem passt die Frisur seines Idols, auch wenn er sie noch so gerne hätte. Aber für jeden Mann gibt es Frisuren, die perfekt zu ihm passen“, so der Friseur.
Für die "freizeit" definiert Angelo Palladino fünf prinzipiell unterschiedliche Stile für Männer jeder Lebenslage und Altersklasse. Dabei hat jede dieser Frisuren bei nur kleinen Veränderungen der Haarlänge oder des Stylings große Variationsmöglichkeiten.
Der zurzeit allertrendigste „Bowlcut“, also der gute alte „Topfschnitt“, etwa kommt in unglaublicher Vielfalt daher. Hipstermäßig cool wie bei König Henry V. (Timothée Chalamet) im Historienabenteuer „The King“, der anscheinend nur eine kleine Suppenschüssel aufgehabt haben dürfte.
Oder Britpop-mäßig wie bei Joe Keery und Robert Pattinson, die durchaus an die große Zeit von Oasis und Blur erinnern. Ein paar Mal mit der Hand durchgefahren und man hat den Zausel-Look eines Dominik Thiem. Und raspelkurz verwandelt sich die Frisur der alten Normannenkönige in die noch ältere des großen Julius Caesar. Auch sehr trendy – und signalisiert im Gegensatz zur etwas niedlichen Langhaarvariante unbedingtes Durchsetzungsvermögen, Kraft und Fokussiertheit, meine Herren!
Endlose Lässigkeit zeigt der „Sleazy Surfer“, während man einen gewissen Hang zum Gockelhaften schon Herrn Elvis Presley nicht absprechen konnte, zu dessen Zeit der „Pompadour“ noch schlicht „Tolle“ hieß.
Wer auffallen will, kann mit „Undercut“ alleine kaum noch punkten – also bringen routinierte Paradiesvögel wie Neymar zusätzlich Farbe ins Spiel. Und ja, starke Männer können auch rosa tragen, so heißt es...
„Immer perfekt ist man natürlich auch mit dem Classico“, sagt Signore Palladino über den Stil, der schon vor 100 Jahren die Männerwelt eroberte und mit dem Leo DiCaprio eben bei den Oscars ausgezeichnete Figur gemacht hat.
Wie es aussieht, haben wir Männer inzwischen wirklich die Qual der Wahl. Und das ist doch schön so.
CLASSICO ITALIANO
DIE Frisur für den Mann, der sich elegant auf jedem Parkett bewegt. Auf dem Ball wie auf dem Rasen, im Beruf – oder bei den „Oscars“ wie Leo DiCaprio (Bild). Inspiriert von Vorbildern wie Marcello Mastroianni oder Cary Grant. Auch für Fußballer wie Luigi Buffon. Bei besonders dichtem Haar wird an den Seiten ein sanfter Verlauf geschnitten, das Deckhaar bleibt eher lang.
BOWLCUT
In den 90s von Blur und Oasis kultiviert, davor von Beatles und Stones. Seit everybody’s Darling Timothée Chalamet als „The King“ im Kino war, gibt’s kein Halten mehr. Stranger-Things-Star Joe Keery (Bild) trägt schon „Topf“, Robert Pattinson auch. Wichtig: Mehr Struktur als früher. Ganz kurz geschnitten wird der Style zum „Caesar’s Cut“ wie bei Antoine Griezmann.
POMPADOUR
Nicht umsonst nach Madame Pompadour benannt, macht dieser Style wirklich was her. In den 50ern als „Tolle“ von Elvis & Co, heute für alle Männer, die hoch hinaus wollen. Fußballer fahren drauf ab, Yannick FerreiraCarrasco zum Beispiel, aber auch der stilsichere Franzose Olivier Giroud (Bild) oder Fashion-Ikone Ramin Rezaeian, der ihn mit Undercut kombiniert.
SLEAZY SURFER
Coole Matte gefällig? Wer mit den großen Jungs spielen will, trägt die Haare lang und lässig einfach nach hinten. Brad Pitt (Bild) bei den Oscars natürlich, aber auch Matthew McConaughey, Kit Harington und Jared Leto. Die Kicker haben diesen Stil eigentlich schon durch, man denke an Sergio Ramos vor einigen Jahren – oder sind sie jetzt doch wieder hinten nach?!
UNDERCUT
Vom auffälligen Statement zum echten Dauerbrenner – der Undercut ist inzwischen beinahe ein Klassiker. Damit heute noch aufzufallen ist beinahe so schwierig wie mit einem durchtätowierten Ärmel. Außer man bringt Farbe ins Spiel. Neymar zum Beispiel mit pastelrosa Löckchen on Top, der kolumbianische Pop-Superstar Maluma mit weißblonder Wiese. So geht Trend.
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