Mein Hobby ist leben!

Mein Hobby ist leben!
Die Jazz Gitti ist ein Original. Keine redet so frei von der Leber weg wie sie, keine hat so viel Humor und keine hat solche Steherqualitäten. In der freizeit erzählt die Sängerin und neue „Dancing-Queen“, warum sie biologisch gesehen, nicht 69, sondern 49 ist, wieso sie mit ihrer verflossenen Liebe weiter geschäftlich verbunden ist und weshalb sie auf Ehrlichkeit steht.

Frau Butbul, wie geht’s beim Tanztraining?

Kannst ruhig Gitti zu mir sagen. I bin des g’wöhnt, weil i seit vier Jahren jede Woche mit Strom trainier (Anm.: Elektro-Muskelstimulations-Training). I bin eigentlich muskulös. Sicher hab ich noch Fetten, aber schau! Am Arm sind Muskeln. Für die Hebefiguren brauchst Spannung, weil wennst dich reinsetzt wie ein Sandsackl, derzahrd der Willi das nicht.

Willi Gabalier ist Ihr Tanzpartner bei „Dancing Stars“ ...

Kannst ruhig Du zu mir sagen.

Okay, danke. Stimmt die Harmonie zwischen euch?

Der Mann ist ein Segen, weil er erstens ein guter Lehrer ist und wir zweitens auf einer Wellenlänge sind. Wir haben ein Riesentheater, aber wenn’s ernst sein muss, sind wir ernst. Die Chemie stimmt, aber ohne Erotik. Wir ham einfach a Gaudi.

Die Erotik kann ja noch kommen. Ihr wärt nicht das erste Paar.

Na geh, bitte! Ich hab’ eh g’sagt: Willi, ich liebe dich, aber du bist nicht mein Beuteschema – und ich seines auch nicht. Obwohl er mich schon ganz gerne angreift. Er sagt, da haut er sich nicht an.

Bemerkenswert ist, wie sehr du in letzter Zeit abgenommen hast. Viele scheitern. Hast du Tipps, wie es klappen kann?

Also, wenn jemand mollig ist, soll er tanzen gehen. Ich hab schon drei Kilo abgenommen. Den wirklich Dicken empfehl ich eine Zellreinigungskur. Danach hab ich 69 Kilo g’habt. I hab in vier Monaten 15 Kilo abg’nommen, davon 13 Kilo Fett. Aber da hab ich Falten gekriegt. Die Lotte Tobisch hat ja g’sagt: Arsch oder G’sicht. Aber wen’s interessiert, schaut’s auf mei Homepage! Die ersten 14 Tage sind hart, dann geht’s. Aber das Beste ist gar nicht das Abnehmen. Ich brauch’ zum Beispiel keine Bluthochdruckmittel mehr und hab’ jetzt ein biologisches Alter von 49 Jahren.

Du wirst also im Mai 50 statt 70.

Schön wär’s. Der Roman (Anm.: Jazzgittis Ex-Lebensgefährte) hat immer g’sagt: „Hackeln tut’s wie eine 30-Jährige, aber sie wird 70.“ Wegen dem 70er braucht man aber nicht schwächeln.

Fühlt sich die Zahl nicht eigenartig an?

Die Zahl ist echt komisch. Bis zum 60er hab’ ich kein Problem g’habt. Aber der 70er verursacht ein G’fühl, als ob das der Endspurt wäre. Das Wichtigste ist jetzt, dass ich fit bleib. Ich sag’ das immer ganz brutal: Wennst auf deinen Körper scheißt, scheißt auf dich!

Hast du das denn jemals getan?

Na, ich war nie unfit, weil ich immer was g’macht hab. Aber ich hab sicher nicht übertrieben. Sport mach ich nur, soweit es mir Spaß macht. Weil sonst ist es Arbeit und dann will ich bezahlt werden. Wobei ich durch das Showbusiness gelernt hab, dass man bei der Arbeit Spaß haben kann. Ich hab auch in der Gastronomie Spaß g’habt als ich Wirtin war.

Du warst Wirtin, Kellnerin, Putzfrau, Köchin, bist Sängerin: Wie kommt es, dass du so viele verschiedene Berufe hattest?

Weil ich nix machen kann, was ich nimma machen will. Das ist auch in Beziehungen so. Wenn das Negative längere Zeit überwiegt, bin ich weg. Das druck ich nicht durch. In der Arbeit auch nicht. Bevor ich buckle, geh’ ich lieber Häusl putzen. Niederfallen is keine Schand’, liegenbleiben darf man nicht. Wenn ich Ja sag’ zum Leben, muss ich mich wieder aufrappeln.

Du bist also eine Stehauf-Frau?

Ja, sicher. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht traurig bin. Ich kann mich sehr kränken. Die Shlomit, meine Tochter, sagt immer: „Mama, du tust dir selber so leid.“ Dann sag’ ich: „Naja, wenn ich keinem anderen leid tu’, muss i mir selber leid tun.“ Dann bin ich meistens erschöpft und geh’ liegen. Wenn ich wieder aufwach, denk ich mir: Leckt’s mich doch alle am Arsch! Ich werd euch zeigen, wer i bin. Verstehst?

Du bist ein sehr direkter Mensch.

Mir ist das wurscht. Ich sage ja nix Schlechtes. Und wenn ich was sag, hab’ ich meistens recht.

Musstest du nie was ausbaden?

Ich bad nix aus. Die Leute wissen alle, wie ich bin. Meine Mutter hat immer g’sagt: „Sag den Menschen die Wahrheit, sie glauben’s eh nicht. Und du brauchst dir nix merken.“ Irgendwann ist mal eine Partie zusammeng’standen und hat g’sagt: „Mah Gitti, bei dir im Club war’s immer so leiwand.“ Nur einer hat sich aufg’regt: „Aber mich hast rausg’schmissen.“ Und die anderen haben g’sagt: „Dann hast dich nicht anständig benommen.“ Ich tu’ keinem was und werde nie im Leben einen Menschen beleidigen. Mich haben so viele beleidigt und diskriminiert in meiner Jugend. Die haben dann alle ane auf die Gosch’n kriegt. Am Anfang hab ich mich gekränkt, aber dann bin ich zornig g’worden. Aber in erster Linie bin ich eine Kümmerin. Ich bin Stier im Sternzeichen, Aszendent Schütze.

Glaubst du denn an Astrologie?

Jein. Es gibt Sternzeichen, zu denen hab’ ich keinen Draht. Wenn ich zum Beispiel in einem Lokal bin und mich ein Mann anredet, weil er sich denkt, die Oide is leiwand, ist das sicher ein Skorpion. Ein anderer traut sich gar nicht. Ich hab aber immer Skorpione erwischt. Mit denen hab ich ein Theater g’habt, aber auch immer in die Scheiße g’riffen. Zu viel Temperament!

Du hast dich 2012 nach zwölf Jahren von deinem Lebensgefährten Roman, 43, getrennt. Bist du wieder verliebt?

Na, ich hab niemanden. Unlängst sagt eine zu mir: „Du stehst doch nur auf Junge.“ Das stimmt nicht. Ich will einen Menschen, mit dem ich lachen kann, der ehrlich ist. Lügen kann ich nicht leiden. Der Roman hat mich zum Schluss ang’logen, aber ich hab’s gemerkt.

Trotzdem ist er dein Manager geblieben.

Schau, die Wahrheit ist: Wir haben von Anfang an gut zusammengearbeitet. Einen Manager wie den Roman krieg ich nimma. Er ist kreativ, fleißig und ehrlich. Auch wenn wir uns manchmal streiten und ich ihm was am Schädl hauen will vor lauter Ärger: Er wird immer auf mich schauen. So fremd, wie mir einer fremd ist, der nur mein Manager ist und die Dollar sieht, werden wir uns nie sein.

Er war deine große Liebe?

Ja, und er wird immer ein Lebensmensch sein. Nur zamm leben tun ma nimma. Er hat ja auch a Neiche. Das hat weh getan, aber ich hab’s beendet. Ich war damals krank, er ist 40 geworden und hat durchgedreht. Die Männer kommen ja auch in die Midlife-Crisis. Ich glaub, er hat Angst gekriegt. Aber geschäftlich gibt’s nix. Nur, wenn wir privat streiten, ärger ich mich. Aber schön langsam komm ich davon weg. Und irgendwann werd ich wieder in zwei Augen schau'n und es wird sich was ergeben.

Das heißt, der einzige Mann derzeit in deinem Leben ist der Willi Gabalier.

Genau, der Willi is echt liab und so zuvorkommend. Wir waren gemeinsam am Tuntenball in Graz. Und wenn er mit mir wo gegangen ist, hat er immer g’schaut, dass ich durchkomm und bei den Stiegen hat er mich g’halten. Das find ich süß. Der Roman is a guater Mann, aber Gentleman is er kaner. A Fußballer halt.

Gut zu verstehen. Wir Frauen brauchen alle ein bisschen einen Gentleman.

Absolut. Aber waßt eh, wennst verliebt bist, bist genauso deppert wie immer.

Es gibt ja noch andere Menschen. Als wichtigsten Menschen in deinem Leben bezeichnest du deine Tochter Shlomit. Du warst 14 als deine Mutter gestorben ist. Stärkt so ein früher Verlust die Verbindung zum eigenen Kind?

Absolut. Shlomit ist meine Familie und ihre Kinder auch. Neun Monate verbinden. Ich sag immer, neun Monate im Bauch sind kein Lercherlschaß.

Wie eng seid ihr miteinander?

Meine Tochter ist vor eineinhalb Jahren mit ihrer Familie aus Luxemburg nach Eisenstadt gezogen. Das ist toll. Aber ich bin berufstätig und sie ist mit den Kindern beschäftigt und ist auch Künstlerin. Wir telefonieren jeden Tag, aber es ist nicht so, dass ich jetzt die Oma bin. Es war eigentlich nie so, dass wir uns gegenseitig im G’nack g’sessen sind.

Mit wem verbringst du deine Zeit? Mit Freunden aus dem Show-Business?

Da hat man mehr Bekannte als Freunde.

Das Showbusiness als Scheinwelt.

Schau, nehmen wir mal „Dancing Stars“. Mir kommt so eine Welle der Freundschaft und Liebe entgegen und die Leute freuen sich so mit mir, dass es mich fast ein bissl umhaut. Aber letztlich, bei aller Freude, is des mein Job. Und privat is privat. Da habe ich ein paar Freundinnen. Wobei ich auch weiß, dass es auch den Freundinnen taugt, dass ich die Jazzgitti bin. Aber ich bin halt die Gitti. Das ist kein Problem für mich.

Wie beschäftigt ist die Jazz Gitti 2016?

Jetzt bin ich bei „Dancing Stars“, solange ich halt weiterkomme. Im Mai, Juni, Juli hab ich Konzerte und im Dezember werde ich in Wien Theater spielen. Es ist immer was los. Mir fehlt was, wenn ich 14 Tage keinen Auftritt hab. Was soll ich machen? Daheim sitzen und stricken?

Warum nicht?

Na, das interessiert mich nicht. Ich hab keine Hobbys. Mein Hobby ist leben. Ich geh gern fort, sitz gern mit Leuten zamm und bin auch gern daheim.

Wie kommt es eigentlich, dass ein geselliger Mensch wie du am Land wohnt?

Am Arsch der Welt meinst? Leobendorf ist 20 Minuten von Wien weg und in Korneuburg gibt’s ja auch ein paar Sachen. Aber daheim is es super. Ich schau auf die Weinberge und hab’s sehr schön. Der Roman wollt nach Wien ziehen, aber ich wollt draußen bleiben. Das passt schon.

Es gab eine Zeit, in der du mit deiner Band, den Discokillern, vor 13.000 Leuten in der Stadthalle gespielt hast. Du hast aber auch gesagt, dass du genauso gern auf Zeltfesten spielst. Stimmt das?

Ich habe genug Geld verdient bei Zeltfesten. Und a Gaudi war das, aber hallo! Schau, ich spiel für meine Fans und die Leut, die kommen. Ob das jetzt ein Zelt oder die Carnegie Hall ist, des is wuascht. Mein kleinstes Konzert war eine Weihnachtsfeier von Tchibo mit zwölf Leuten. Wir haben so eine Gaudi g’habt. Wichtig ist, dass ich Leut unterhalten kann. Das schönste Kompliment ist, wenn wer sagt: „Gitti, danke. Ich hab für zwei Stunden meine Sorgen vergessen.“

Du hast so viel erlebt, hast zehn Jahre in Israel gelebt, hattest einen Jazzheurigen, wurdest in Monaco mit einem World Music Award ausgezeichnet.
Welche Lebensphase war am schönsten?

Die 15 Jahre mit den Discokillern waren eine geile Zeit. Aber ich kann's nicht sagen. Es war auch schön, als ich Wirtin war oder die zwei Jahre als Kellnerin beim Jazz Freddy. Trotzdem will ich die Zeiten nicht nochmal erleben. Ich denk mir, da kommt noch was.

So wie jetzt mit „Dancing Stars“. Möchtest du gewinnen?

Ich glaube, dass jeder gewinnen will. Das Härteste wird sein, als Erster auszufallen. Da würd ich mir wünschen, dass ich das nicht bin. Aber wenn’s so ist, muss man es sportlich nehmen. Es is a guate Zeit grad, aber das heißt nicht, dass nicht noch a bessere Zeit kommen kann. Ui, apropos Zeit: I muss wieder zum Willi.

Noch schnell zum Schluss: Was sollen heute deine letzten Worte sein?

Servas. Es war sympathisch mit dir.

Martha Butbul, 69, alias Jazz Gitti, wurde 1946 in Wien geboren. Als sie 14 war, starb ihre jüdische Mutter an den Folgen einer Zuckerkrankheit. Das Verhältnis zum katholischen Vater verschlechterte sich und Butbul, die damals Bohdal hieß, wanderte zu Verwandten nach Israel aus. Sie blieb zehn Jahre und brachte dort ihre Tochter Shlomit zur Welt. Von Shlomits Vater ließ sie sich nach einigen Jahren scheiden und kehrte nach Tätigkeiten als Putzfrau, Köchin und Kellnerin nach Wien zurück. Als Kellnerin eines Jazz-Lokals begann sie zu singen und tauchte als Wirtin und Bierschankphilosophin immer tiefer in die Musikszene ein. Mit ihrem ersten Album „A Wunda“ landete sie den Megahit „Kränk di net“, der 190.000 Tonträger verkaufte. Dafür bekam sie in Monaco den „World Music Award“ aus den Händen von Cliff Richard überreicht. Bis heute ist Jazz-Gitti, die seit drei Jahren als Single lebt, fixer Bestandteil der heimischen Musik-Szene.

Alle Infos unter: www.jazz-gitti.at Das Buch „Ich hab gelebt – Erinnerungen“ ist bei K&S erschienen. Es kostet 21,50 €.
Nächste Woche in der: Willi Gabalier, der Tanzpartner von Jazz Gitti, gemeinsam mit Heidi Strobl „Am Herd“!

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