Mehr als nur Spielzeug: Messer für echte Männer

Mehr als nur Spielzeug: Messer für echte Männer
Küche und Bad als Männer-Refugien – wer hätte sich das träumen lassen? Aber der Trend zu edlen Küchen- und Rasiermessern vereint Männer wieder mit einem verloren geglaubten Kultobjekt.

Opa hatte immer ein Messer dabei. Nicht, weil er in einer Straßengang für Opas abhing, die sich gegenseitig „Bruda“ nannten. Sondern weil seiner Meinung nach ein Mann ohne Messer im Hosensack kein richtiger Mann war. Er brauchte es für viele Dinge. Zum Schälen eines Apfels, wenn er mal Pause machte. Zum Speckschneiden natürlich, aber auch zum Lockern von Schrauben oder zum Herauskitzeln verbogener Nägel. Zum Schnitzen, worin er allerdings nicht besonders gut war – und irgendwann hatte er mit seinem Messer ein Herz und die Anfangsbuchstaben seines Namens und dem der wunderschönen Frau, die dann irgendwann so unromantisch nur mehr Oma hieß, in einen großen Baum geritzt.

Opas mit Klappmesser im Hosensack gibt es leider schon lange nicht mehr, Messer haben keinen guten Ruf, auch die richtigsten Männer kommen nicht auf die Idee, sich eines zuzulegen. Oder etwa doch? Ja, wie’s aussieht, bekommen wir unser Spielzeug endlich wieder!

Mehr als nur Spielzeug: Messer für echte Männer

„Ralf Aust“-Rasiermesser von „Erik Esbjerg"

Also zumindest diejenigen Männer, die nicht zu schwach für Küche und Bad sind. Anders ist das G’riss, das derzeit  um edle Küchen- wie auch teuflisch scharfe Rasiermesser herrscht, nicht zu erklären. Und tatsächlich geht’s hier um Teile, die sogar  Opas Augen zum Leuchten gebracht hätten. Klingen wie Kunstwerke, mehrfach gehärteter Stahl oder Damaszener, perfekt ausbalanciert wie die Schwerter legendärer Könige, damit die Hand auch nach langem Kampf gegen Paradeiser, Zwiebeln, Gurken und Rindfleisch nicht ermüdet und für die strapazierte Männerhaut jede Rasur zum Genuss wird.

Finger weg von meinem Messer!

Und weil wir ja nicht nur Jäger, sondern auch Sammler sind, gibt es, gerade in der Küche,  Messer für jede Gelegenheit, jedes Einsatzgebiet. Vom großen, klassischen Chef-Messer über ein leicht gezahntes Tomatenmesser bis zum langstieligen Parmesanmesser, das mit seiner kurzen, harten Klinge Brocken aus dem herrlich kristallinen Hartkäse bricht.

Mehr als nur Spielzeug: Messer für echte Männer

Spitzenköche – die jedem die Hand abhacken würden, der es wagt, ihre Messer auch nur anzugreifen – vertrauen in der Regel auf ein Set von sechs bis sieben Messern. Meist ein sogenanntes Officemesser, zum Schälen, Putzen und Garnieren von Obst und Gemüse, aber auch zum „Spicken“ von Fleisch – im Grunde der kleine Helfer in jeder Küchenlage. Ein Fleischmesser mit schlanker Klinge (ca. 15-25 cm) zum Tranchieren, ein superscharfes Filetiermesser, wie das Ausbeinmesser sowohl mit flexibler als auch mit starrer Klinge zu haben, je nach persönlicher Vorliebe. Ein Teil mit dem wunderbaren Namen Tourniermesser, mit langem Griff und kurzer, gebogener Klinge, das zum Schälen und Zuschneiden von Obst und Gemüse verwendet wird. Eventuell noch ein Lachs- oder Schinkenmesser – und natürlich das Flaggschiff der Flotte, das große Küchenmesser. 

Schneiden wie ein Samurai

Hier gilt es, eine wohl gereifte Entscheidung zu treffen. Das große Küchenmesser ist das Aushängeschild in jedem Set. Der Trend geht seit einiger Zeit Richtung Japan. Yeah Baby, schneiden wie ein Samurai – das klingt doch auch richtig cool!  Und tatsächlich sind japanische Messer – in der Regel – um einen Hauch schärfer als europäische.

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Wuchtiges Santoku-Messer aus Damaszener-Stahl der Schweizer Firma "Güde". Die Klinge ist extrem scharf und - wie bei dieser Messerart üblich - relativ kurz (18 cm)

Diese höhere Schärfe hat allerdings auch ihren Preis. Denn die traditionell geschmiedeten „Samurai“-Messer haben eine asymmetrische Klinge. Das ergibt zwar einen schmäleren Winkel und damit die größere Schärfe als beim europäischen V-Schliff, allerdings auch ein komplett anderes Schneide-Verhalten. 

Schnitte geraten gerne einmal schief, wenn man diese Messerform nicht gewohnt ist oder man driftet langsam ab, so man nicht „dagegenhält“. Auch der japanische V-Schnitt ist wesentlich dünner als der europäische, wodurch ebenfalls eine höhere Schärfe erreicht wird, die Klingen allerdings auch viel empfindlicher werden.
Aber egal, ob man sich nun für ein wuchtiges japanisches „Santoku“ oder ein edles italienisches „Coltellerie Berti“ entscheidet, ein populäres schwäbisches „Dick“, ein „Güde“ aus der Schweiz oder man doch der Faszination der 33-Zentimeter-Klinge eines japanischen „Masamoto Yanagiba Honyaki“ erliegt – und bereit ist, 1.700 Euro dafür hinzublättern: Es handelt sich um Freunde fürs Leben – wir sollten sie entsprechend behandeln. (Siehe unten: „Mein Messer & ich“).

Size Matters

Es kommt nicht auf die Größe an? Zumindest in der Küche vergessen wir diesen Spruch jetzt einmal ganz schnell. Eine Länge von 20 Zentimetern ist fürs große Küchenmesser angebracht, die üblichen 17 des „Santoku“ gelten als absolutes Minimum. Es muss nicht gleich eine Machete wie das kultige chinesische „Chan Chi Kee“  (44 cm!) sein – kann aber, wenn’s Freude macht.

Wichtig ist in jedem Fall die Balance mit dem Schwerpunkt zwischen Griff und Klinge. Dann  führt sich auch die martialischste Klinge federleicht.

Ohne Knautschzone

Und im Bad? Die Zeiten, in denen wir am Gängelband übervorsichtiger Erzeuger hingen, sind vorbei. Wir werfen Protektoren und Sicherheitsstreifen über Bord, die neue Rasur geht ohne Knautschzone. Nur das Messer, der Schaum und du. Gerade hier kann Mann gut Persönlichkeit zeigen, die Schmieden übertreffen sich geradezu  mit schicken Designs und hoher Qualität.
Aber Vorsicht, im Bad  sollten wir  die andere Version des  oben erwähnten Spruches noch weniger vernachlässigen als in der Küche:  Es kommt schon auch auf die Technik an, meine Herren.

KURIER-Redakteur Christian Bartos über seine Leidenschaft für scharfe Klingen.

Ich sag’ nicht einfach Feitl zu meinen Messern. Immerhin trugen kostbare und berühmte Klingen immer einen Namen. Ob es die Schwerter „Excalibur“, „Mimung“ oder „Ulfberht“ waren – ihre Eigentümer hatten einen besonderen Bezug zu scharfem Stahl. Noch heute führen Messerliebhaber diese uralte Tradition weiter – vielleicht auch eine Art der Würdigung für die Handwerkskunst der Messerschmiede. Darum gibt es bei mir zum Beispiel ein Santoku (Küchenmesser), ein Esbjerg (siehe links das Rasiermesser) und ein Puma-Elch (Jagdmesser, obwohl ich kein Jäger bin). Handgefertigte Messer, egal ob für Küche, Rasur, Abenteuer oder auch für die Werkstatt sind – auch wenn in Serie gefertigt – Einzelstücke.

Ein handgefertigtes Kochmesser in den Geschirrspüler? Ein Rasiermesser, achtlos und feucht zugeklappt? Ein Outdoormesser, das nicht regelmäßig geschärft, schmutzig gelagert wird?

Nein, das geht gar nicht. Überhaupt nicht. Messer bedürfen nicht der übertriebenen Intensivpflege, aber der Aufmerksamkeit. Die verschiedenen Stähle haben unterschiedlichste Eigenschaften, der wahre Messerfreund kennt diese. Das Schärfen will gelernt und geübt sein. Ständige Feuchtigkeit, manche Öle (bei Rasiermessern z. B. Olivenöl) und selbstredend unsachgemäßer Gebrauch sind der Messer Tod. Das Bemühen, das Können der Messerschmiede und der Zauber der Stahlklingen wäre schnell dahin.

Schade, oder?

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