Für Gianni, meinen Freund aus Imperia, ist die Küste Kalabriens die schönste Italiens. Auch wenn hier Pizzo regiert wie sonst nur auf Sizilien. Pizzo, übersetzt Vogelschnabel, nennt die Mafia ihr Schutzgeld, weil sie mit dem gierigen Schnabel überall das Geld wie Futter aufpickt. Touristen bekommen nichts davon mit. Und genießen tief im Süden Italiens Ursprünglichkeit und Understatement.Trotz Dolce-Vita-Flair im kitschig schönen Städtchen Tropea. Hier fühlt man sich wie auf Capri oder in Portofino vor 30, 40 Jahren. In manchen Bars kann man noch sapore di sale, die musikalische Liebeserklärung an das süße Nichtstun, das dolcefarniente, hören. Tropea thront auf einer 50 Meter hohen Steilklippe. Mit atemraubendem Blick bis zum Ätna. In der Altstadt die Villen aus dem 18. und 19. Jh., als sich Adel und Großbürgertum hoch über dem Meer Prestige-Paläste bauen ließen. Die Fassaden bröckeln langsam ab. Doch die Patina einer morbiden, versunkenen Welt von gestern bleibt. Auch wenn unten am Strand in der Karibik Italiens schon längst Wohnwagen das Kommando übernommen haben.

michael.horowitz@kurier.at

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