Zirkus Safari in Favoriten: Akrobaten ohne soziales Netz
Was soll sie sagen? Ihr Vater ist mit seinem Zirkus von Ort zu Ort getingelt. Der Vater ihres Mannes ebenso. Beide, ihr Mann und auch sie, sind als Artisten aufgewachsen. Heute führen sie gemeinsam den „Zirkus Safari“. Und ihre vier Kinder wohnen mit ihnen im großen Wohnwagen.
Magdalena Spindler sagt daher dezidiert: „Der Zirkus ist nun einmal mein Leben.“
Wenn das stimmt, dann ist ihr Leben seit Beginn der Coronakrise in Gefahr. Seit Monaten schon sind die 38-jährige Zirkusfrau, ihr Mann, ihre Mitarbeiter, ihre Kinder und ihre Tiere nicht mehr vor Publikum aufgetreten. Daher konnten sie auch keinen Euro verdienen. Und weil ihr Mann ein Berliner ist und sie aus dem Ruhrpott kommt, haben die beiden auch nicht staatliche Unterstützung beantragt, erklärt Frau Spindler. Nicht in Deutschland, und auch nicht hier in Österreich.
Zirkus in Not
Immerhin wurde den Leuten vom „Zirkus Safari“ für ihre Wohnwägen, ihre Tiere und ihr Zelt in Wien-Favoriten, neben der Generali Arena, ein Grundstück bis auf Weiteres zur Verfügung gestellt. Von einem privaten Eigentümer.
Dort trocknen allerdings die Ersparnisse aus, so wie das Wasser, das Magdalena Spindler auf dem Asphalt vor ihrem Wohnwagen aufspritzt, um für alle Anwesenden die Julihitze wenigstens für kurze Zeit erträglicher zu machen.
Gäbe es nicht Menschen wie den „Karotten-Sigi“, der den Zirkus in seiner Pension mit Spenden versorgt, längst hätten die Spindlers ihren geliebten Beruf aufgeben müssen. Die Tiere fragen nicht, ob der Zirkus Geld für Futter eingenommen hat. Kinder und Mitarbeiter haben auch Hunger. Und alle Versicherungen müssen bezahlt werden.
Kein Licht in der Manege: Auch im Juli und im August können sie noch nicht auftreten. „Weil sich das für uns nicht rentieren würde“, sagt der leidenschaftliche Zirkusdirektor Benjamin Spindler. „Wenn es so heiß ist, dann wollen die Menschen nicht zu uns in den Zirkus kommen.“
Marvin Spindler, er ist 23 und der Neffe von Benjamin, freut sich schon auf die Workshops mit den Kindern. Er wird ihnen zeigen, was er besonders gut kann: Möglichst viele Gegenstände zeitgleich in der Luft halten. „Wir haben solche Camps schon mal in Deutschland angeboten. Das kam wirklich sehr gut an.“
Nebenbei wird der Zirkus auch zu einem Streichelzoo. All die Lamas, Kamele, Esel, Gänse, Enten, Hühner und Hunde sollten die Herzen der Kinder schnell erobern.
Mit den Einnahmen aus insgesamt vier Feriencamps (ab 12. Juli) hofft die Familie, den Zirkus über den Sommer 2021 zu bringen, um dann Anfang September ihr Zelt von Favoriten nach Floridsdorf zu übersiedeln und dort endlich wieder aufzutreten.
„Wir wollen so bald als möglich wieder spielen“, betont Magdalena Spindler, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Karina Maskina bei allen Vorstellungen ganz ohne Netz durch die Luft fliegt. Ein Job im Büro, den möchte sie nicht machen. „Und nur die ältere Dame, die Popcorn verkauft, das bin ich halt auch nicht.“
Ein Angebot für Kinder
Zum finanziellen Engpass hat sich der Stress für die Psyche gesellt. Nichts ist schlimmer für Zirkusleute als die Untätigkeit. Deshalb hat man aus der Not ein neues Angebot geschaffen – Feriencamps für Kinder von 6 bis 15 Jahren.
Die Kinder lernen von Montag bis Freitag unter anderem jonglieren, Hula Hoop, diverse Akrobatik und auch Clownerie. Am Samstag führen sie dann im großen Zirkuszelt das Gelernte für Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde und Verwandte auf.
Vier Wochen: Die erste Feriencamp-Woche ist gestern angelaufen. Weitere Termine (jeweils ab Montag): 19. und 26. Juli sowie 2. August. Die aktuelle Adresse des „Zirkus Safari“: 1100 Wien, Theodor-Sickel-Gasse 2 (neben dem Austria-Stadion). Kosten: 270 € inklusive Jause und Mittagessen.
Anmeldung und Infos: 0664 / 86 20 237, auch über WhatsApp.
Die Vorstellung: Zum Abschied treten die jungen Camp-Teilnehmer jeweils am Samstag um 13 Uhr im großen Zirkuszelt in die Manege, um das Gelernte vor Publikum vorzuführen. Zu dieser Veranstaltung sind alle Verwandten und Freunde sehr herzlich eingeladen.
Einladung an den KURIER: Die KURIER-Leserschaft hat den „Zirkus Safari“ schon im Vorjahr tatkräftig unterstützt: mit Futterspenden sowie mit Besuchen von Vorstellungen. Familie Spindler lädt nun die Kinder der Leserinnen und Leser in ihr Feriencamp ein, vorzugsweise in der Woche ab dem 2. August. Melden sich ausreichend Kinder, wird die Vorstellung zum KURIER-Event.
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