Zehnjährige gestorben: Wie schützen Eltern ihre Kinder vor Tiktok?

Zehnjährige gestorben: Wie schützen Eltern ihre Kinder vor Tiktok?
Die gefährliche "Blackout-Challenge" entfacht neuerlich die Diskussion um gefährliche Trends in sozialen Medien.

Der Albtraum aller Eltern, die ihrem Kind ein Handy anvertrauen, ist für eine italienische Familie wahr geworden: Ihre zehnjährige Tochter starb bei der „Blackout“-Challenge auf Tiktok – dabei stranguliert man sich mit vorgehaltener Kamera und hält möglichst lange die Luft an.

Was absurd klingt, ist eine der gefährlichsten Aktionen der chinesischen Videoclip-Plattform mit 100 Millionen Nutzern. Die zehnjährige Antonella sperrte sich dafür im Badezimmer des Elternhauses in Palermo ein und band sich einen Bademantel-Gürtel um den Hals. Später wurde das bewusstlose Mädchen von seiner fünfjährigen Schwester gefunden und verstarb später im Spital. Die neunjährige Schwester musste den Eltern das Drama erklären: „Sie spielte das Spiel des Erstickens.“ Der Hintergrund der Blackout- oder Stroke-Challenges: Durch den Sauerstoff-Mangel erlebe man einen High-Zustand ohne Drogen.

Social-Media-Experten wie Barbara Buchegger von Safer Internet warnen immer wieder vor solchen Gefahren im Internet: „Wir kennen diese Challenge schon lange und bisher wurden solche Sachen über WhatsApp und Youtube verteilt. Jetzt ist Tiktok die Plattform für Kinder und Jugendliche. Wenn sie unterhaltsamen Content suchen, schauen sie dort Videos an und jetzt verbringen sie eben viel Zeit online.“

Vor allem pubertierende Jugendliche verlagern ihren natürlichen Drang, Grenzen zu testen, ins Internet. „Sie haben derzeit wenig Möglichkeiten, ihren Wunsch nach Risiko woanders auszuleben.“ Buchegger: „Ich sehe jetzt zwar keine anderen Aktionen wie diese, aber es könnten etwa Ritz-Challenges wiederkommen. Dabei sollen sich Kinder ein Muster in die Haut ritzen und online zeigen.“

Auch Schnüffeln an Chemikalien wie Klebstoff sei eine beliebte Möglichkeit, zu Hause high zu werden. Vor Jahren gab es auch in Österreich schon einen Fall, bei dem der Tod eines Jugendlichen mit einer Strangulier-Challenge in Verbindung gebracht wurde.

Verbot für Kinder?

Italien leitete Ermittlungen wegen der Anleitung zum Suizid ein und zwingt Tiktok, fast alle Accounts bis 15. Februar zu sperren, weil das Tiktok-Mindestalter von 13 Jahren nicht mit Sicherheit geprüft werden kann. Indien verbannt die App jetzt komplett, allerdings geht es dabei um Datenweitergabe.

Die Vorgabe der Politik, Kinder von Tiktok zu verbannen, hält Buchegger für einen naiven Wunsch: „Die Kinder machen sich beim Anmelden älter. Und die meisten Eltern erlauben ihren Kindern Tiktok. Ich selbst halte es für Kinder im Volksschulalter für heikel.“

Einfach verbieten sei für Eltern schwierig, weiß sie aus ihren Schul- und Elternworkshops: „Gerade wenn es ältere Geschwister gibt, kann man die Kinder von Tiktok kaum fernhalten. Sinnvoller ist es, mit den Kindern darüber zu reden und es nicht durch ein Verbot interessanter zu machen.“ Außerdem könne man den Algorithmus beeinflussen (siehe Tipps unten).

Die Expertin rät, unpassende Videos auf allen Plattformen zu melden. „So werden Anbieter auf heikle Inhalte besser aufmerksam. Ich bin eine Extrem-Melderin und bekomme als erstes die automatische Antwort, aber oft nach mehreren Wochen eine Information, dass das Video entfernt wurde.“

Für Antonella kommt das alles zu spät. Ihr Vater gab der Zeitung La Repubblica ein Interview, um andere Eltern auf die Gefahr hinzuweisen: „Ich dachte, sie schaut sich Videos an und studiert Choreografien ein. Wie hätte ich mir so etwas Schreckliches vorstellen können?“

Kommentare