Was tun, wenn Kinder Panik vor dem Impfen haben?

Mit dem Psychologen stellt sich Georg seiner Panik vor Spritzen. Andere bearbeiten so ihre Angst vor Hunden oder dem Fliegen
„Die Angst vor der Spritze ist im Kopf und im Körper“, erklärt ein Psychologe. Wie man die Nadel-Phobie bekämpfen kann.

Spritzen machten Georg (13) immer zu schaffen. Jede Einzelne kostete Überwindung, vor allem die Betäubung beim Zahnarzt. Bei der Grippe-Impfung verweigerte er, zum Glück gab es einen Nasenspray als Alternative. Bei der Corona-Impfung gibt es jedoch keinen Plan B.

Selten zuvor mussten so viele Jugendliche lange nach den Grundimmunisierungen im Kleinkindalter wieder geimpft werden. Einige kostet der Piks Überwindung, weiß Psychologe Johannes Lanzinger vom Institut Phobius: „20 Prozent der Menschen fühlen sich bei Spritzen unwohl, 4 bis 5 Prozent haben Angst davor“, erklärt der Spezialist für Phobien. Der Therapeut hilft seinen Klienten, sich zu überwinden: „Die Angst ist im Kopf und im Körper. Sie wird größer, je länger man die Konfrontation vermeidet.“ Er setzt auf den verhaltensorientierten Ansatz: „Wir nähern uns der Situation langsam an. Das System ist ähnlich – egal, ob es sich um Spritzen, Dunkelheit oder Fliegen handelt.“

Was macht die Angst?

Wie läuft das ab? Im Gespräch versucht er mit Hilfsmitteln herauszufinden, was den Teenager an der Spritze stört. Dazu klemmt sich Georg einen Pulsmesser ans Ohrläppchen. Manche macht das Bild einer Spritze nervös, Georg fühlt sich erst bei dem Video unwohl, in dem ein Arzt ein Kind impft. Der Puls beschleunigt sich und Lanzinger zeigt Georg eine Atemübung zur Entspannung.

KURIER Family mit Johannes Lanzinger

Dann kommt die Arzt-Box, mit Spritzen und Blutabnahme-Utensilien zum Angreifen. Weiter geht es mit einer Virtual-Reality-Brille, in der Georg die Arztpraxis als künstliche Welt erlebt. Er weiß, dass der Stich, den er spüren wird, nur die Zacke einer Gabel ist. Wenn das ohne Nervenflattern funktioniert, geht es weiter. Mit einem Blutzucker-Messgerät soll Georg in seinen Finger stechen und so die Angst vor dem Stich besiegen. „Ich fürchte mich weniger vor der Spritze, als davor, dass der Arzt mich impft, wenn ich noch nicht bereit bin“, reflektiert der Teenager.

Ruckzuck impfen?

Ob es nicht besser wäre, die Situation mit einem Überraschungsmoment hinter sich zu bringen? Lanzinger: „Nein, denn dann hat man die eine Impfung geschafft, aber vielleicht das Vertrauen für alle nächsten Arztbesuche beschädigt.“ Sogar Erwachsene erinnern sich an solche Situationen.

Nach der virtuellen Impfung marschiert Georg immerhin guten Mutes zur Impfbox. Dort haben auch andere ihre Schwierigkeiten: Eine ältere Dame bedankt sich bei der Ärztin für die Geduld, eine 12-Jährige kann sich erst im zweiten Anlauf überwinden und wird mit einer Süßigkeit belohnt.

„Es ist gut, mit dem Kind eine Belohnung auszumachen. Das steigert die Motivation und gibt ihm ein schönes Bild, auf das es sich konzentrieren kann.“ Etwa auf die Aussicht, dass man nach der Impfung leichter Freunde treffen kann.

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