Mit Birkenstock Sandalen und weißen Socken kämpft William H. Macy als linksliberaler Senator im Film „Thank You For Smoking“ gegen die mächtige Tabak-Lobby. Alleine durch die Schuhe wisse jeder um die Einstellung dieser Person, erklärte Regisseur Jason Reitman. „Nichts sagt stärker ’Ich will dir sagen, wie du dein Leben leben sollst‘ als Birkenstocks“, scherzte er.
Seit mehr als 200 Jahren werden die Sandalen in Deutschland produziert. In den 1960-Jahren wurden sie zum Vorzeige-Schuhwerk von naturverbundenen US-Hippies und gelten seither als Ökolatschen.
"Offizieller Homeoffice-Schuh"
Fast nur logisch also, dass Birkenstocks im Fahrwasser von aktuellen Nachhaltigkeitsfragen und viel jugendlichem Umweltbewusstsein seit einigen Jahren wieder einen Höhenflug erleben. Die Pandemie kurbelt das Geschäft zusätzlich an, wurden die luftigen Treter von der Schuhindustrie gar zum „offiziellen Homeoffice-Schuh“ erkoren. Ende 2020 war das Modell „Arizona“ der weltweit meistgesuchte Schuh auf der Modesuchseite Lyst.
Ab nach Asien
Der große Erfolg brachte nun namhafte Investoren auf den Plan – nun wurde kolportiert, dass das Familienunternehmen um stolze vier Milliarden Euro an die Beteiligungsgesellschaft L Catterton geht, das unter den Fittichen des französischen Luxuskonzern LVMH ist und Marken von Louis Vuitton über Bulgari bis Dior im Portfolio hat. Angeblich ist auch der Chef Bernard Arnault mit Privatvermögen in das deutsche Traditionshaus aus Linz am Rhein mit eingestiegen. Birkenstock habe sich zu „einer der wenigen ikonischen Marken“ in der Schuhindustrie entwickelt, schwärmte Arnault schon vor einiger Zeit. Die Brüder Alexander und Christian Birkenstock sollen einen Minderheitsanteil behalten. Durch den Deal will man den asiatischen Markt erobern, ist LVMH dort doch bestens vernetzt.
Werden die weltbekannten Hausschuhe jetzt also zu Luxustretern? Gut möglich – zumindest mit limitierten Kollektionen, auf die die Marke schon seit einigen Jahren setzt.
Wurde die Kooperation mit Heidi Klum und ihren Glitzer-Entwürfen im Jahr 2004 noch von der Mode-Highsociety abfällig belächelt, sind es nun Fashion-Kapazunder wie Rick Owens oder Proenza Schouler, die mit ihrer exklusiven Birkenstock-Zusammenarbeit (ca. 300 Euro pro Paar) bei Fashion-Bloggern für Verzückung sorgen.
Schlapfentrend dank Philo
Auch wenn sich einige (wenige) nicht an den Anblick von Kork-Schlapfen im Büro oder auf Partys gewöhnen wollen, ist das gemütliche Schuhwerk seit einigen Jahren überall zu sehen. Dass Modevorbilder wie Kaia Gerber oder Sienna Miller die Latschen derzeit allzu gerne an ihren Füßen präsentieren, hat die Marke wohl vor allem Phoebe Philo zu verdanken.
Die ehemalige Chefdesignerin von Celine hat 2013 Sandalen mit Fellsohle am Laufsteg gezeigt – inspiriert von ihren Birkenstock Schuhen.
Labels wie Prada oder Chanel folgten dem von Philo erzeugten Sandalen- und Trekkingschuhhype. Dadurch wurden die altgedienten Birkenstocks ebenfalls zum Mode-Must-have – denn das Unternehmen reagierte schnell und kopierte ihre eigenen Nachahmer mit Fell- und Klettverschluss-Editionen.
JW Andersons neue Sandale
Neuester Luxus-Zugang im Schlapfenuniversum ist derzeit übrigens JW Andersons „Chain Loafer Slides“ mit Korksohle um stolze 460 Euro. Da sind herkömmliche Birkenstock um 80 Euro geradezu ein Schnäppchen.
Anfänge
Schon 1774 war Johann Adam Birkenstock als „Schuhmacher und Untertan“ in Langen-Bergheim/Hessen im kirchlichen Archiv eingetragen.
1896 beginnt Nachfolger Konrad erstmals mit der Herstellung von flexiblen Fußbett-Einlagen. Carl Birkenstock macht die Firma ab 1947 in Deutschland und Österreich mit seinem Fußorthopädie-Buch enorm bekannt. Er vermittelt die Auffassung vom „Naturgewollten Gehen“ – dem sogenannten Trittspursystem. Ab den 1960er-Jahren tritt die Gymnastik-Sandale „Madrid“ auch in den USA ihren Siegeszug bei naturverbundenen Hippies an
Neue Wege
Seit 2014 setzt man auch auf andere Geschäftsfelder und vertreibt u. a. Naturkosmetik. 2021 wird die Firma um kolportierte vier Milliarden Euro an L Catterton verkauft
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