Bereits 3.000 Freiwillige
„Eigentlich wollten wir mit unserem Plaudernetz erst im Sommer dieses Jahres so richtig starten“, so Petra Fasching von der Caritas Wien. „Doch da kam uns das Coronavirus dazwischen.“ Daher steht das neue Angebot mit der Telefonnummer 05 1776 100 bereits seit April Gesprächsbedürftigen täglich von 12 bis 20 Uhr zur Verfügung.
Mittlerweile haben sich österreichweit bereits 3.000 Freiwillige zu dieser Form des Sozialdienstes gemeldet. Durchaus mit Absicht, erklärt Petra Fasching, wurde dieses Angebot extrem niederschwellig angelegt. Es soll als eine Alternative zu bestehenden telefonischen Einrichtungen (wie etwa die Telefonseelsorge) dienen. Die Idee dahinter: Wem immer danach ist, der kann diese Nummer wählen und sich sofort mit einem Menschen, der sich für das Telefonat gerne Zeit nimmt, unterhalten.
Für Maddalena Wengersky ist diese Niederschwelligkeit ebenso ein Vorteil: „Ich kann jederzeit zu Hause ein Telefongespräch annehmen. Das ist für mich insofern hilfreich, als ich aufgrund meiner Gehbehinderung bei der Auswahl ehrenamtlicher Tätigkeiten eingeschränkt bin.“
Zudem kann sich die Helferin, die hauptberuflich als Projektmanagerin in einer anderen NGO arbeitet, auch zwischendurch im Plaudernetzwerk einwählen und auf Gespräche warten. „Diese Flexibilität wird vor allem von Berufstätigen geschätzt“, betont Petra Fasching von der Caritas Wien.
Die Anrufe dauern in ihrer Mehrzahl rund eine halbe Stunde, manchmal auch länger, so die Projektleiterin. Auffallend: „Es melden sich viel mehr Männer als bei anderen sozialen Angeboten, und es ist auch nicht so, dass da nur ältere, einsame Menschen bei uns anrufen.“
Tratscherl am Telefon
Der coronabedingte Wegfall des täglichen kleinen Tratscherls beim Bäcker, Greißler oder Trafikanten seines Vertrauens hat laut Fasching auch jüngere Menschen redseliger am Telefon werden lassen. „Und durch die Anonymität eines Telefonats fällt es offensichtlich auch den Männern leichter, diese Form der Unterstützung für sich in Anspruch zu nehmen.“
Die Plauderpartner sind nicht extra geschult. Das sei auch gar nicht notwendig, betont Maddalena Wengersky. „Wir sollen ja möglichst auf Augenhöhe mit den Anrufern kommunizieren, keinesfalls als Berater. Dafür gibt es andere Telefondienste, auf die wir auch sofort verweisen, wenn wir den Eindruck haben, dass jemand professionelle Hilfe benötigt.“
Dass sie selbst Psychologie studiert und in der Gesprächsführung nicht unbedarft ist, sollte ihr dessen ungeachtet helfen. Weil sie einfach nur zuhören können, weil sie keine Fragen beantworten müssen, weil sie gerne selbst etwas erzählen können, aber das auch nicht müssen, haben sich bereits sehr intensive, sehr offene Gespräche ergeben, berichten Ehrenamtliche wie auch Maddalena Wengersky.
Vor Weihnachten haben sich die Plauderpartner nun eine besondere Aktion einfallen lassen: Jeder, der das möchte, kann anrufen und dann am Telefon seine ganz persönliche Advent- oder Weihnachtsgeschichte erzählen.
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