Tipps zur Auffrischung: So verhält man sich in Gesellschaft
Ein Gastro-Besuch? Nach fast sieben Monaten Abs(tin)enz? Ältere Leser werden sich vielleicht erinnern, wie das war. Zehn Regeln für einen unfallfreien Abend.
1. Raus aus der Jogginghose – ziehen Sie sich etwas an
Die Zeit der digitalen Treffen, bei denen man Sie nur vom Bauchnabel aufwärts sah, ist vorbei. Egal ob Beisl oder Nobellokal: Ziehen Sie sich etwas Ordentliches an. Wer die Kontrolle über seinen Wirtshausbesuch behalten will, muss die Jogginghose zu Hause lassen. Das sieht nicht nur Karl Lagerfeld so, sondern wohl auch Ihr Gegenüber. Keine Sorge, allzu hoch sind die Ansprüche nicht (mehr). Sogar in die Hofburg kommt man neuerdings mit Turnschuhen. Selbige können Sie dem Vernehmen nach sogar ausziehen. Vorausgesetzt, Sie tragen türkise Socken.
2. Keine Angst vor fremden Männern
Es wird nicht lange dauern, bis ein Unbekannter Sie anspricht und nach Ihren Daten fragt. Nicht erschrecken. Es handelt sich weder um einen schlechten Anmachspruch noch um einen guten Neffentrick. Der Herr ist der Kellner. Zeigen Sie Ihren Impfpass vor, schildern Sie leidvoll Details einer überstandenen Erkrankung oder präsentieren Sie einen Corona-Test. Ein PCR-Test gilt 72 Stunden, ein Antigen-Test 48, ein überwachter Selbsttest 24 Stunden. Wichtig: Er sollte negativ sein. Sie werden den Mann übrigens noch öfter sehen – und können ihn im Ernstfall mit dem knappen Zuruf „Herr Ober!“ in Ihre Richtung lotsen.
3. Wählen Sie aus den angebotenen Speisen
Das Mäppchen, das der Ober aushändigt, ist die Speisekarte. Sie ähnelt in der Funktion den Apps, auf denen Sie gemeinhin Ihr Essen bestellen. Der Unterschied: Es nützt nichts, mit dem Finger zu tippen und zu wischen, Sie müssen Ihren Wunsch schon laut aussprechen.
4. Wenn das Essen serviert wird: Bleiben Sie sitzen
Überraschende Neuerung: Das Essen wird Ihnen offen auf einem Teller serviert – und nicht in einem Karton oder einer beschrifteten Box. Laufen Sie mit dem Teller nicht davon. Sie können vor Ort essen. Meistens ist Ihr Gericht sogar noch warm.
Das Essen können Sie vom Kellner übrigens bedenkenlos entgegennehmen. Im Idealfall ist er ebenfalls frisch PRC-getestet und trägt Mund-Nasen-Schutz. Vielleicht kann er aber auch nur einen 7 Tage alten Selbsttest vorweisen. Ob es klug ist, dass er diesfalls die Finger an Ihrem Essen hat, müssen Sie die Bundesregierung fragen.
5. Nun müssen Sie sich unterhalten
Zeit für ein spannendes Sozialexperiment. Es gibt keinen Fernseher. Anschauen können Sie Ihr Gegenüber – und auf dieses auch einreden.
6. Sie sind im Raum nicht unbeobachtet
Wenn Sie nach links und rechts blicken, entdecken Sie in einiger Entfernung andere unbeholfene Gastro-Neulinge. Es handelt sich tatsächlich um echte Menschen. Dass diese (solange sie am Platz sitzen) keine Maske tragen, ist normal. Angst vor zu viel plötzlicher Interaktion ist fehl am Platz: Ihre Mitspeisenden bleiben, wenn alles glatt läuft, dauerhaft zwei Meter entfernt.
7. Lassen Sie leere Teller und Gläser ruhig stehen
Weder müssen Sie das Geschirr stapeln noch es in die Küche tragen. Der Ihnen nicht mehr ganz so fremde Mann kehrt verlässlich zurück und übernimmt das.
8. Nicht aufgegessen? Jetzt müssen Sie kreativ sein
Falls dieser Sonderfall eintritt, dürfen Sie die Reste zwar (wie gewohnt) zu Hause in den Kühlschrank stellen, um sie wahlweise nächtens eiskalt in sich hineinzuschaufeln oder Tage später unberührt zu entsorgen. Um diese aber mitnehmen zu können, müssen Sie Schlagfertigkeit beweisen. Einst war es gesichtswahrende Praxis, den Besitz eines Hundes zu erfinden. (Ausnahmen gibt es für Pensionisten. Diese dürfen die Alufolie ungeniert offen in der Handtasche tragen.)
9. Vorsicht, das Essen ist noch nicht bezahlt
Anders als üblich findet der Bezahlvorgang nach dem Essen statt, nicht zuvor. Den Ober an dieser Stelle mit zwei Euro Trinkgeld abzuspeisen, wird also nicht von Erfolg gekrönt sein. Bezahlen können Sie meist bar oder mit Karte. Alte Schnitzel-50er sind nicht mehr gültig. Der Wiener Wahlkampf ist vorbei.
10. Sperrstund’ ist! Jetzt rasch nach Hause
Bevor Sie ins sogenannte Fresskoma verfallen, müssen Sie nach Hause. Allzu spät wird es ohnedies nicht. Es gilt eine bundesweite Sperrstund’ von 22 Uhr. Daheim angekommen, dürfen Sie wieder in die Jogginghose. Verraten Sie es einfach keinem.
Fünf Hinweise für den ersten Theater- oder Konzertbesuch
1. Keine Sorge, das gehört wirklich so
Es verstellen Köpfe anderer Menschen Ihre Sicht? Sie sehen Menschen, die aus der Ferne unverständliche Sätze zu Ihnen herüberschreien? Sie würden gerne den Gesang lauter drehen, finden aber die Fernbedienung nicht? Willkommen zurück beim Bühnenerlebnis!
2. Vorher aufs Klo gehen
Die Blasenkapazität ist das Einzige, das im vergangenen Jahr abgenommen hat. Das rächt sich: Theater und Oper dauern schon mal länger als die „Millionenshow“ und „Universum“ zusammen. Und das ohne Werbeunterbrechung alle 15 Minuten. Vielleicht vorher üben: Eine Sonder-ZiB ohne Klogang ist das Minimum.
3. Bei Theaterhustern entspannt bleiben
Nicht jeder kehlige Schleimabgang des Schachbrettsitznachbarn ist gleich Corona. Zur Erinnerung: Schon vor der Pandemie war das Konzert- und Theaterhusten Teil der Gesamtsymphonie. Ohne Räuspern, Husten, Niesen lässt sich der Bühnenbetrieb im ursprünglichen Sinn gar nicht denken.
4. Vorsicht bei Annäherungsversuchen
Achtung, nicht alle Personen in Ihrer Nähe stammen aus Ihrem Haushalt. Wenn Sie das Bedürfnis nach Busserl oder Händchenhalten in die falsche Richtung überkommt, könnte Sie das Ihren Haushalt kosten, und wo wohnen Sie dann in der nächsten Pandemie?
5. Nein, man kann nicht vorspulen
Auch wenn’s mittendrin mal ein bisserl fad ist: Da muss man durch. Wenn sich Ihr Bühnenbesuchspartner in der Pause darüber beklagt, sagen Sie ihm: Das ist wichtig für die emotionale Verfeinerung. Mit ein bisschen Glück ist die Pause dann schon vorbei und Sie können wieder schweigen.
Fünf Hinweise für gelungenes Workout unter Menschen
1. Nehmen Sie doch Ihre Maske ab
Die Aufforderung klingt freilich ungewohnt, im Fitnesscenter allerdings absolut legitim. Denn während Sie Sport betreiben, dürfen Sie die lieb gewonnene Gesichtswindel abnehmen. Ist übrigens ebenso gültig für den Duschvorgang vor Ort.
2. Hecheln Sie leiser
Eine Begebenheit, an die Sie sich erst gewöhnen müssen: Sie sind beim Sport nicht mehr alleine. Es ist daher weder egal, wie Sie dabei aussehen, noch, welche Lautstärke die Töne haben, die Sie dabei von sich geben. Letztere können andere Fitnesscenter-Besucher massiv irritieren, sogar stören. Daher: Zusammenreißen!
3. Nicht mehr mitsingen
So verlockend es auch sein mag, hüten Sie sich davor, sich von den Klängen aus den Musikboxen mitreißen zu lassen. Klar, es sind ohnehin wieder bei vielen Sportbegeisterten Kopfhörer Pflichtprogramm – aber so oder so: Niemand möchte Sie singen hören. Das war in den eigenen vier Wänden schon mutig, das ersparen Sie aber dem Rest der Welt.
4. Schimpfen Sie nicht
Was waren das für Zeiten! Zu Hause, alleine auf der Sportmatte. Vor Ihnen nur die Trainerin im Fitness-Video, die äußerst ambitioniert vorturnt. Da ist Ihnen bestimmt schon die eine oder andere Ausfälligkeit über die Lippen gekommen. Ab jetzt: Nur noch in Gedanken ärgern und fluchen.
5. Keine Alternative
Verabschieden Sie sich von der Youtube-Gewohnheit, einfach ein anderes Trainingsvideo auswählen zu können. Sie sind nun wieder im Fitnesscenter. Da müssen Sie jetzt durch.
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