Taxi-Orange-Gewinner Max Schmiedl: "Ich war nie ein Intellektueller"
Mit Gitarre, Wiener Schmäh und einer großen Portion Menschlichkeit wurde Max Schmiedl im September 2000 zu Österreichs erstem Reality-TV-Star. Sein Merkmal, die Glatze, ist mittlerweile braunen Haaren gewichen („Gott sei Dank! Damals hab i ja ausg’schaut wie a Kind“), zu den vorhandenen Tattoos kamen noch einige dazu, ansonsten ist vieles wie damals: Schmiedl ist immer noch glühender Rapid-Fan und gnadenlos ehrlich – egal, ob es um „Taxi Orange“, seine Vaterrolle oder leere Versprechungen im Showgeschäft geht. Zum 20. Geburtstag des Erfolgsformats traf die freizeit das Multitalent zum Interview.
freizeit: Welche Erinnerungen kommen heute hoch, wenn Sie an die Taxi-Orange-Zeit denken?
Max Schmiedl: Ich hab’ fast alles vergessen, das ist ja ewig her. Aber es war sehr emotional, wir haben immer gesagt, wir sind ein Herz aus 13 Teilen. Mit der Mama (Robert Höchtl, Anm.) und der Andrea (Konrad, Anm.) hab’ ich noch Kontakt. Den Kutscherhof haben sie abgerissen.
Und, was hat das in Ihnen ausgelöst?
Na gar nix. (lacht) Das ist halt so.
Als Sie den Kutscherhof nach zwei Monaten als Sieger verlassen haben, kannte Sie jeder. Wie hat sich der plötzliche Ruhm angefühlt?
Auch das weiß ich nicht mehr. Nur, dass ich nach dem Finale mit irgendwelchen Leuten im Hotelzimmer war und eine Wiederholung von „Taxi Orange“ lief, da habe ich es zum ersten Mal gesehen. In der Nacht hab’ ich vor lauter Adrenalin nix geschlafen. Mir war aber klar, dass das wieder vergeht. Darum bin ich immer am Boden geblieben.
Warum hat das Format derart begeistert?
Es gab ja zu dieser Zeit nichts anderes – also kein Internet, und der ORF war eine Institution. Sei mir nicht bös’, aber wenn du von Montag bis Freitag penetriert wirst und keine Alternativen hast, wird das zwangsläufig erfolgreich.
Und was war das Geheimnis Ihrer Popularität?
Sicher eine gewisse Authentizität. Ich war nie ein Intellektueller, auch nicht in den zehn Jahren in Deutschland am Theater. Die anderen sind dagesessen und haben Dinge gesagt wie „Ich glaub, man muss Schiller ein wenig auf die Sprünge helfen“ oder „Ich seh’ dich in dieser Rolle ein bisschen anders“. Da war ich nie dabei, ich bin dann ins Stadion gegangen und hab geschrien für Karlsruhe.
Wie kam es, dass Sie mit 29 vom Staatstheater Karlsruhe zu einer Reality-TV-Show wechselten?
Ein Schauspielkollege hat mich 1999 auf ein ORF-Casting für die Moderation der heutigen „Barbara Karlich Show“ aufmerksam gemacht. Ich kam in die Endrunde, konnte aber nicht nach Wien, weil ich am nächsten Tag Premiere von „Kabale und Liebe“ hatte. Wer weiß, vielleicht wäre es sonst heute die „Max Schmiedl Show“. (lacht) Ein paar Monate später haben sie mich wieder angerufen und gefragt, ob ich zu einem Casting für eine Reality-Show kommen will.
Was hat Sie angetrieben?
Damals lief „Big Brother“, da gab es diesen Zlatko, er wurde zwar nur Vierter oder so, hat aber danach ein Lied herausgebracht, das total erfolgreich war. Ich hab mir gedacht, wenn ich mitmache, kann ich meine Musik an den Mann bringen. Erst jetzt ist die Idee aufgegangen. Meine Songs „Erde“, „Sternenstaub“ und „Cinderella“ waren alle in den deutschen Charts vertreten, im Frühling kommt mein Album „Amsterdam“.
Aber Sie hatten doch direkt nach Ihrem Sieg mit „1–13“ ein erfolgreiches Album?
Es war zwar ein Gold-Album, aber für den Hype, den ich hatte, war es ein Flop, das muss man ganz ehrlich sagen. Wenn man das mit der Stürmer vergleicht ... Aber die haben sie auch auf Ö3 rauf und runter gespielt, mich nicht. Beim Donauinselfest haben mich die Leute ausgebuht und mit Chipssackerln beworfen. Sie haben gesagt: Wer braucht schon einen Taxi-Orange-Emporkömmling? Die Show hat mich eine gewisse Credibility gekostet.
Maximilian Schmiedl, geboren 1971, brach die Schule ab und absolvierte eine Ausbildung am Wiener Volkstheater, ehe er durch „Taxi Orange“ bekannt wurde. Danach war er einige Jahre im TV zu sehen („echt fett“, „Quiz Taxi“). Unabhängig von einer Plattenfirma produziert Schmiedl seine eigene Musik, zu hören auf www.maxschmiedl.tv. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in Wien.
Würden Sie mit dem heutigen Wissen trotzdem wieder teilnehmen?
Ja, aus einem Grund: Nach „Taxi Orange“ kam der Anruf von ATV, dass ich diese Fußballsendung machen soll („Volltreffer“, Anm.). Eine extrem schlechte Entscheidung, gezahlt haben sie gut, künstlerisch war das ein Pimperlverein. Aber auf diesem Weg habe ich dann meine Frau kennengelernt.
Weil Sie beim Sender gearbeitet hat?
Nein, weil es ein Gewinnspiel gab mit einem VW Golf als Hauptpreis. Ich sollte ins Autohaus fahren und Kontakt zu einer Romana Stipsits aufnehmen. Vier Tage später waren wir zusammen. Das hält seit 17 Jahren, wir haben zwei Töchter, Lea und Leni.
Etwa zu dieser Zeit wurde es ruhiger um Sie. Hatten Sie genug vom Rampenlicht?
Mit „Volltreffer“ war ich noch voll im Geschäft, aber dann kamen die Kinder und ich wollte für meine Familie da sein. Ich habe am Theater oft genug erlebt, wie Künstlerfamilien zerbrechen. Um dem vorzubeugen, habe ich einen Nine-to-five-Job angenommen. Ein Mann, der keine Zeit mit seiner Familie verbringt, ist kein richtiger Mann. Das ist ein Zitat aus „Der Pate“.
Die Öffentlichkeit hat Ihnen nicht gefehlt?
Ich hatte überhaupt keine Lust mehr auf die Öffentlichkeit. Sie versprechen dir alles und geben dir nichts, so ist das. Ich war immer zu ehrlich, zu grad, ich sag, was ich denke. Das ist nichts, worauf ich stolz bin, ich bin einfach so. Wenn du nicht jedem in den Allerwertesten kriechst, kommst du in diesem Business nicht weit. Mich haben auch diese Seitenblicke-G’schichten nie interessiert. Es hat sich damals so ergeben, dass mein Vater seine Firma (Requisiten für Film und TV, Anm.) verkaufen wollte. Ich bin traditionsbewusst und hab’ gesagt, das geht nicht. Also hab’ ich die Firma übernommen.
Sie flogen mehrmals von der Schule und haben sie schließlich abgebrochen. Kommen Ihre Töchter nach Ihnen?
Ich war ein Freigeist und habe die Vorgaben der Schule gehasst. Ich wusste früh, dass ich Physik und Chemie nie brauchen werde. Man sollte im Schulsystem viel mehr auf die Talente der Kinder eingehen. Meinen Töchtern hab’ ich gesagt, machts wenig, aber das g’scheit. Bis jetzt hat das super funktioniert. Die Große ist irrsinnig begabt im Zeichnen und hat die Aufnahmeprüfung auf die Graphische geschafft.
Auf Ihren Händen steht „Demut“ und „Güte“. Warum diese Begriffe?
Ich bin demütig für das Talent, das ich bekommen habe. Andere werden vielleicht sagen, der hat kein Talent – okay. Aber zumindest habe ich mit dem, was ich habe, bis jetzt gut gelebt. Ohne dieses Talent wäre ich einfach nur ein 19-jähriger Schulabbrecher gewesen. Güte ist etwas, das sich jeder auf die Fahnen schreiben sollte – einfach ein guter Mensch zu sein, andere gut zu behandeln. Der Schmetterling (Spitzname seiner Frau, Anm.) schimpft immer, weil ich zu viel Trinkgeld gebe. Ich kann auch bei keinem Bettler vorbeigehen, ohne ihm fünf Euro zu geben.
Das Preisgeld von „Taxi Orange“, eine Million Schilling, haben Sie damals dem Verein „die möwe“ gespendet.
Kurz vor der Show bin ich bei einem Spenden-Stand für misshandelte Kinder vorbeigegangen. Ich hab’ gesagt, ich mache bei einer Show mit und wenn ich gewinne, kriegts a Million. Das habe ich dann halt eingehalten. Übrigens hat sich dafür bis heute niemand bedankt.
Was geben Sie Ihren Töchtern mit?
Das ist einfach: Bringt mir ja keine Austrianer nach Hause! (lacht)
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