Starmediziner: "Kinder lernen nun, dass das Leben nicht leicht sein muss"
Arzt und Theologe Johannes Huber im Checkpoint bei Richard Grasl
Sein jüngstes Buch führt wieder die Sachbuch-Bestseller-Listen des Landes an: Der Gynäkologe, Theologe und Medizinethiker Johannes Huber hat "Das Gesetz des Ausgleichs. Warum wir besser gute Menschen sind" (Verlag edition a) zwar während aber nicht wegen der Corona-Krise geschrieben. Dennoch sind viele Passagen gerade jetzt echte Lebenshilfe.
KURIER: Herr Professor, Sie empfehlen in Ihrem Buch, dass es Menschen psychisch aber auch körperlich besser geht, wenn Sie aktiv füreinander da sind. Geht das überhaupt im Lockdown?
Huber: Der Lockdown ist ein interessantes spirituelles Großereignis. Man merkt, dass Menschen nervöser und ängstlicher sind, andererseits entdeckt man das Altruistische, dass viel Hilfsbereitschaft vorhanden ist. Wir können ja beim Helfen auch auf elektronische Medien zurückgreifen und für andere da sein. Aber meist ist der innere Gedanke sogar wichtiger für jemanden als die äußerliche Tat.
Das gesamte Interview als Podcast hören:
Sie schreiben, um ein guter Mensch zu werden, muss man in sich gehen und viel üben. Ist nicht ein Lockdown sogar die beste Zeit dafür?
Ja, und wir müssen versuchen, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Jetzt geht es nicht um den Ergometer im Fitnesscenter sondern um unsere Empathie, um die Kontrolle unserer Emotionen. Wir brauchen ein Fitnessprogramm für die Seele.
Da haben Sie ja einige konkrete Übungen. Die erste klingt banal und lautet Schlafen.
Was wir seit Jahrtausenden wissen, hat die Wissenschaft erst jetzt erforscht. Wir eliminieren während des Schlafs die negativen Stressfaktoren des Vortages. Damit reinigt sich das Gehirn jede Nacht. Wir sollten daher abends keine bösen Mails schreiben, aber umso mehr wichtige Dinge am Morgen machen. Der Schlaf – am besten vor Mitternacht – ist wie ein Medikament. Aber man muss sich so ins Bett legen, dass man auch schlafen kann. Also am besten keine negativen Nachrichten mehr am Abend.
Was hilft noch?
Um die Emotionen zu kontrollieren kann man sich jemandem mitteilen. Einer Vertrauensperson, einem Therapeuten. Das Gespräch ist ein Heilmittel. Außerdem hilft Bewegung in der Natur. Und man soll nicht ständig Aggression mit Aggression begegnen. Kompromisse sind besser.
Sie schreiben sogar das biblische Zitat: Halte die andere Wange hin.
Das wäre aber der Mercedes, der goldene Standard der Ethik. Der Bundeskanzler hat nach der harten und untergriffigen Attacke eines Theaterdirektors diesem sogar recht gegeben. Bei der nächsten TV-Sendung klang dieser wieder ganz versöhnlich und war wie ausgewechselt. Da gibt es noch viele gute Beispiele, dass man in der Politik aber auch im persönlichen Leben durch Reden und Verständnis zeigen, viel bewirken kann.
Wie wird uns die Krise verändern?
Wir lernen, dass wir mit der Natur zurückhaltend umgehen müssen. Dass wir zu ihr Abstand halten müssen, auch von den Tieren. Und Kinder lernen erstmals seit langem, dass das Leben nicht leicht sein muss, dass man auf andere Rücksicht nehmen muss. Sie können dadurch für ihr weiteres Leben sogar widerstandsfähiger werden. Dazu müssen sich Eltern aber auch Zeit nehmen, um den Kindern die Krise zu erklären, warum wir jetzt die Älteren schützen müssen. Dafür sind aber fünf Minuten viel zu wenig.
Hat die Menschheit Corona vielleicht sogar gebraucht, weil vieles aus den Fugen geraten ist?
Also wenn man der Evolution glauben darf, hat alles seinen Sinn.
Wie schützen Sie Ihre Gesundheit?
Ich nehme täglich 500mg Betaglucan für ein starkes Immunsystem. Die Wirkung für das Immunsystem ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.
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