So schmeckt der Sommer: zum Anbeissen
Südfrüchte, Sex und Seelenheil. Was heute wie das Gestammel eines übermotivierten Partygastes klingt, führte einmal tatsächlich von einem zum anderen. Siehe Maria do Carmo Miranda da Cunha. Das Mädchen aus Portugal machte unter dem klingenden Namen der Heldin aus George Bizets Oper „Carmen“ Weltkarriere: Carmen Miranda.
Elvis steckte noch in den Kinderschuhen, als ihr Hüftschwung einer ganzen Nation Beine machte: Carmen Miranda, Sängerin, Sambatänzerin und erste Ikone des lateinamerikanischen Kinos. Wie auch Josephine Baker verdankte sie ihre Popularität unter anderem einem Obst, der Banane.
Der Chiquita Banana Song
Mit dem Gute-Laune-Lied „Chiquita Banana“ wurde der Paradiesvogel in den 1940er-Jahren samt Tutti-Frutti-Hut quer durch die USA geschickt. Nicht bloß aus Jux und Tollerei, sondern weil die US-amerikanische Handelsgesellschaft United Fruit Company so ihr zweifelhaftes Image in Lateinamerika aufpolieren wollte.
Die Freud mit der Frucht: Ausgeheckt hat den Plan einer, der zuvor dem italienischen Tenor Enrico Caruso in den USA zu Starruhm verholfen hat: Edward L. Bernays, der 1891 in Wien geborene Neffe Sigmund Freuds.
Als Autor der Schrift "Propaganda" (1928) gilt Bernays als einer der Väter der Public Relation. Er war es auch, der Millionen Menschen einredete, dass die Banane der ideale Begleiter des Frühstücksbrotes sei.
Was für eine Geschichte! Sie ist mehr als nur eine Fußnote im neuen Roman von Mario Vargas Llosa, „Harte Jahre“ (Suhrkamp), der vom Schicksal der Bananenrepublik Guatemala und der Einflußnahme der USA und der CIA in Lateinamerika handelt.
Und diese Geschichte ist weitaus schillernder als der Amtsschimmel, mit dem die Banane hierzulande zuletzt von sich reden machte: Einer Verordnung, mit der die EU 1995 der Frucht ans Fleisch ging. Sie trägt die nüchterne Nummer 2257/94.
Das legendäre Bananencover
Dabei ist es beileibe nicht so, als gäbe die Banane heute keine Story mehr her. Gunar Nakladal könnte ein Lied davon singen. Sogar eines der New Yorker Band Velvet Underground, deren Mitglieder 1967 jäh zu Rockstars wurden, weil Andy Warhol ihr Debütalbum gestaltet hat – mit einer Banane am Cover!
Herr Nakladal ist seit mehr als 20 Jahren Bananen-Reifemeister für eine heimische Handelskette, hat mit der Apfelbanane seinen persönlichen Favoriten und wundert sich, warum von so vielen unterschiedlichen Bananen nur die Sorte „Cavendish“ gefragt ist. Was ihn nicht wundert, ist der besondere (Sex-)Appeal der Banane.
Zum Mitsingen und Mittanzen: Carmen Miranda und ihr "Chiquita Banana" Song
Der Hit mit dem Zipp
„Sie ist vitaminreich und hat den natürlichen Zipp“, spricht der Experte ihren größten Vorteil an. Stimmt, eine Banane lässt sich im Vergleich zu Orangen oder einer Kokosnuss kinderleicht schälen.
Ihre Krümmung hingegen sorgte bei manchem Erwachsenen schon für einen gehörigen Genierer. Legendär, mit welcher Ekstase sich Josephine Baker im Paris der 1920er-Jahr im Bananenröckchen dem Tanz hingab. Carmen Mirandas Repertoire war dagegen so kinderfreundlich wie eine Packung Cornflakes.
Der Psychoanalytiker Sigmund Freud jedenfalls fühlte sich bemüßigt, darauf hinzuweisen, dass die Frucht an ihrer phallusartigen Form keine Schuld trägt. „Eine Banane kann auch einfach nur eine Banane sein“, soll er einmal geäußert haben. Ungeachtet dessen, wimmelt die Traumdeutung nur so von Geschichten, in denen die Banane als Symbol für erotische Erlebnisse herhalten muss.
Ähnlich sexuell aufgeladen tritt bisweilen eine Südfrucht auf, der man dies auf den ersten Blick nicht unbedingt ansieht. Die Zitrone. Von Malern wie Edouard Manet oder Paul Gauguin in Öl verewigt, scheint sie nur eine weitere Zutat auf der Obstschale zu sein. Besungen aber hat es die Zitrone faustdick hinter den, ja, Ohren – zumindest in ihrer Version als Limone.
Beispiel gefällig? „Squeeze my lemon till the juice runs down my leg“ singt Robert Plant von Led Zeppelin im „Travelling Riverside Blues“. Und er singt es so, dass man ahnt, dieser Mann mimt hier keinen Küchenchef.
Dass Melonen zumindest verbal nicht davor gefeit sind, in die Niederungen zweideutiger Anspielungen herabgezogen werden, verdanken sie ihren Rundungen. Da lobe man sich Jazzer Herbie Hancock.
Der Musiker schrieb mit „Watermelon Man“ 1962 eine nach wie vor gern gehörte Hymne auf die subtropische Beeren-Frucht.
Die gospelähnliche Komposition führt in die Zeit zurück als das Obst noch nicht im Geschäft auflag. „Als ich über meine Kindheit nachdachte“, so der damals 22-jährige Pianist, „erinnerte ich mich an den Ruf des Wassermelonenmannes, der seine Runden in den kleineren Straßen und Gassen der Chicagoer Südstadt drehte.“
Doppelt gemelonemoppelt
Die Melodie ist dabei so einprägsam, dass aus dem „Watermelon Man“ zwei Hits herausgepresst wurden. Der zweite stammt vom kubanischen Percussionisten Ramon „Mongo“ Santamaria. Seine Version stieß 1963 in die Top Ten der US-Popcharts vor.
Natürlich, der Schlüssel zum Erfolg der Banane ist, „dass sie ganzjährig geerntet wird“, erklärt Gunar Nakladal. So ist es kein Wunder, dass vom „Chiquita Banana“-Song ganz viele Versionen existieren. Sogar Leonard Cohen hat ihn gesungen, in einer TV-Show. Dass der Singer-Songwriter gerne Bananen aß, wussten seine Fans längst. Das Cover seines Albums „I’m Your Man“ 1988 ziert neben seinem Konterfei ebenfalls eine Banane, eine bereits halb geschälte.
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