Hygge ist laut der New York Times Schnee von gestern. Jetzt ist das schwedische Mys, ausgesprochen „Mees“, in aller Munde. Was die beiden voneinander unterscheidet? Auf den ersten Blick nicht viel: „Genauso wie Hygge, bedeutet Mys Gemütlichkeit und Wohlbefinden. Es beschreibt eine warme Atmosphäre, die man alleine oder mit anderen Menschen genießt“, sagt Jeannette Bergström, Seniorlektorin für Schwedisch am Skandinavistik-Institut der Uni Wien, im KURIER-Gespräch. „Mys stammt vom Verb mysa, das seit Mitte des 17. Jahrhunderts im Schwedischen existiert. Die Bedeutung hat sich mit der Zeit etwas verändert, aber auch damals bedeutete es Wohlwollen und Zufriedenheit.“
Im Gegensatz zum sehr allgemein gefassten Hygge-Lebensstil der Dänen, spielt beim schwedischen Zufriedenheitskonzept der Freitagabend eine zentrale Rolle, um nach einer Arbeitswoche daheim zu „mysen“, es sich also gemütlich zu machen. Einst war dies der Samstag. Bergström: „Seit den Sechzigerjahren gibt es in Schweden aber an Samstagen keinen Schulunterricht mehr. Deshalb wurde bereits der Freitag zum Tag der Entspannung.“
Sobald der Stift im Büro fallen gelassen wird, beginnt also der sogenannte Fredagsmys. Das Glücksrezept der Schweden ist simpel wie effektiv: Man macht es sich auf der Couch gemütlich, sieht dabei einen spannenden Film und isst gut. Wer jedoch glaubt, dass das Nationalgericht Köttbullar auf den Teller kommt, irrt. In Schweden dürfen es internationale Schmankerln sein: „Der Fredagsmys wird mit einfach zu kochendem Essen, wie Tacos oder Pizza, assoziiert“, erklärt die Schwedisch-Lektorin.
Was die beiden skandinavischen Länder jedenfalls eint, ist der hohe Stellenwert gemütlicher Einrichtung. Wer nicht über den Luxus eines Kamins verfügt, holt sich das Mys-Gefühl mit edlen Duftkerzen und dicken Kuscheldecken ins Haus.
Warum Lifestyle-Trends wie dieser ausgerechnet in Europas hohem Norden entstehen? „Der Großteil des Lebens spielt sich dort zu Hause ab“, weiß Ulrike Kopp, Besitzerin des skandinavischen Designstores Wyt. „In Österreich hat man eher das Bedürfnis, ständig unterwegs zu sein. Die Schweden zelebrieren das Daheimsein förmlich. Deshalb ist die Einrichtung zwar immer schlicht, aber auch extrem gemütlich.“
Dass sich auch die Österreicher zunehmend ihr Leben mit Mys versüßen wollen, überrascht Kopp nicht: „Die Pandemie hat den Stellenwert eines kuscheligen Rückzugsorts erhöht. Die Menschen wollen sich die Ferien nach Hause holen.“
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