Rechtschreibung: Verglüht der Gender-Stern?

Rechtschreibung: Verglüht der Gender-Stern?
Der Rat für deutsche Rechtschreibung verwehrt sich gegen die Aufnahme von Gender-Kurz-Symbolen in das amtliche Regelwerk.
Von Uwe Mauch

Die Diskussionen unter honorigen Germanisten und Germanistinnen dürften dem Vernehmen nach erneut heftig verlaufen sein. Nun hat der Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Sitzung am vergangenen Freitag eine Art Schlussstrich gezogen.

Eingeleitet wird die jüngste Ratsentscheidung mit der Betonung, „dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und dass sie sensibel angesprochen werden sollen“. Die Wertschätzung aller Gruppen einer Gesellschaft sei jedoch in erste Linie eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe. Diese könne weder mit neuen orthografischen Regeln noch mit Änderungen der deutschen Rechtschreibung gelöst werden.

Das höchste Gremium in Sachen amtlicher Rechtschreibung ist daher weiterhin dagegen, den Asterisk („Gender-Stern“), den Unterstrich („Gender-Gap“), den Doppelpunkt, das Binnen-I oder andere verkürzte Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinneren in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. (Dieses gilt für Schulen ebenso wie für Verwaltung und Rechtspflege; Anmerkung).

Rechtschreibung: Verglüht der Gender-Stern?

Zustimmung aus Österreich

Christiane Pabst, die Österreich als Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs im Rat für deutsche Sprache vertritt, begrüßt die Entscheidung im Gespräch mit dem KURIER. Sie verweist darauf, dass man in ihrem Verlag – im Gegensatz zur Duden-Redaktion in Mannheim – schon bisher der Auffassung war, dass sich die Gleichstellung von Mann und Frau nicht alleine durch ein von Germanisten verordnetes  Regelwerk erreichen lässt.

Das Credo der Niederösterreicherin: „Mit der Zeichensetzung alleine wird ein Text nicht emanzipatorischer. Um etwa die Gleichstellung von Frauen zu erreichen, bedarf es vor allem gesellschaftspolitischer Reformen.“

Wie sehr die deutschen und österreichischen Wörterbuchmacher inzwischen inhaltlich auseinanderdriften, zeigen folgende Beispiele: Die Bösewichtin, Gästin oder Menschin finden sich nur im Online-Duden. Im Österreichischen Wörterbuch will man sich weiterhin mit Bösewicht, der begnügen, hält dann jedoch die Erklärung mit bösartige Person bewusst geschlechtsneutral.

Rechtschreibung: Verglüht der Gender-Stern?

Werkzeuge zum Gendern

Die ausgewiesenen Sprachexperten der Duden-Redaktion fordern, dass der Rat den Schreibenden und Sprechenden Werkzeuge in die Hand geben müsse, damit diese besser gendern können. Mit der Sprache könne auch ein Zeichen gesetzt werden. Ihnen hält Christiane Pabst entgegen: „Der Duden will vorschreiben, wo hingegen wir im ÖWB aufschreiben.“

Auch die deutsche Sprache sei eine lebendige, sich ständig verändernde Projektionsfläche gesellschaftlicher Entwicklungen, betont Pabst. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hätte auch niemandem verboten, in seiner Korrespondenz einen Stern, einen Unterstrich oder ein großes I mitten in einem Wort zwischen zwei Buchstaben  zu setzen. Dass aber eine wissenschaftliche Arbeit aufgrund des Fehlens der Gender-Symbole, für die es keine orthografische Grundlage gibt, schlechter bewertet wird, sei mit der jüngsten Entscheidung nicht mehr möglich.

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