Weshalb?
Grasmuck: Ewald kam vom Urlaub auf Ibiza nach Hause ins steirische Judendorf, mit der Idee zu dem Song. Wir trafen uns zur Probe im Keller, zurrten das Lied an einem Nachmittag fest, spielten es vor Publikum bei einem Festival in St. Gallen. Am nächsten Tag nochmals in Oberwart, dort lief das Band mit. Wir dachten, vielleicht nehmen wir den Song aufs Live-Album. Und just als wir auf der Bühne waren, musste das Band gewechselt werden. Der Aufnahmeleiter kam zu uns gelaufen und meinte, wenn wir den Song haben wollen, müssen wir ihn noch einmal spielen. Das Publikum war schon am Heimweg und wir fast in der Garderobe. Dann spielten wir „Live Is Life“ nochmals – dass dieser Take dann so um die Welt geht, hat keiner von uns erwartet.
… und doch ist er auf Ibiza entstanden. Die Insel impliziert ja das pure Lebensgefühl und magisches Flair, besonders abseits der großen Partytempel. War das die Basis für den Song?
Pfleger: Absolut. Damals waren auch viele Musiker dort. Wir gaben mit „Live Is Life“ ein Konzert auf der Pferderennbahn, Jimmy Page von Led Zeppelin spielte bei uns im Vorprogramm.
Wie fühlte sich das für euch an? Immerhin ist er einer der besten Gitarristen der Welt.
Pfleger: Schon seltsam. Er kam zu uns in die Garderobe und fragte: „Do you know me?“ Natürlich kannte ich ihn, was für eine Frage.
Wie viel hat das Lebensgefühl damals zum Erfolg des Hits beigetragen?
Grasmuck: Ganz viel. Es ist eine positive Nummer, von Beginn an. 1985 ging ich dann im Skiurlaub in Kärnten in eine Diskothek, da wurde „Live Is Life“ gespielt und plötzlich hüpften alle wie wild. Das war ein sehr erhebendes, aber ungewohntes Gefühl.
Haben die Leute erkannt, wer da unter ihnen war?
Grasmuck: Nein, keiner wusste, dass ich der Trommler bin. Aber ich habe gesehen: Das Lied ist bereits in so vielen anderen Ländern angekommen, ich war platt. Von da an ging es dann international los: Radiostationen aus dem Ausland riefen an und baten darum, ihnen das Lied zu schicken, weil die Leute so sehr danach gefragt haben.
Pfleger: Und dann ging es los mit der Tournee, der erste Stopp war in Amsterdam.
Würde man den Song heutzutage rausbringen, wäre er dann ebenso erfolgreich?Pfleger: Ja, ganz sicher. Eines der wesentlichen Kriterien ist ja die Lebendigkeit der Aufnahme. Wir hätten „Live Is Life“ nie als Studioproduktion herausbringen können. Der Song lebt davon, ein Dokument der damaligen Minuten zu sein.
Grasmuck: Die Nummer hat eine eigene Magie und sie ist nicht perfekt.
Das perfekte Unperfekte?
Pfleger: Ja, und gerade jetzt bekommen wir viele Zuschriften, dass der Song die Leute wieder positiver stimmt. Eines der wesentlichen Aussagen des Songs ist ja, dass man das Leben so nehmen muss, wie es ist. Manchmal hat man keine Alternative.
Klingt danach, als wäre jetzt der richtige Zeitpunkt für ein Revival des Songs.
Pfleger: Ja. (lacht) Es kommen auch laufend neue Versionen heraus. 300 verschiedene gibt es bereits, gerade jetzt sind zwei aus Italien am Start.
Grasmuck: Manche von diesen Versionen sind sehr interessant. Manche verleiten eher zum Schmunzeln.
Pfleger: Die meisten Versionen mixen die DJs. Die sind meist doppelt so schnell, da wundere ich mich, dass das in diesem Tempo noch funktioniert. Auch dort: Die Leute flippen noch immer aus.
Apropos: Hattet ihr Groupies? BHs auf der Bühne? Schilder mit „Ich will ein Kind von dir“?
Pfleger: Tom Jones ist keiner von uns. (lacht) Da sind die BHs reihenweise auf der Bühne gelandet. Wir hatten das bisher noch nicht. Aber wir haben uns einen Spaß gemacht: Bei einer der jüngeren Versionen des Lieds hat unser Bandkollege Herwig eine Fantasiesprache erfunden und rappt zum Rhythmus. Dabei erzählt er vom Strand in der Karibik und vom Bikinioberteil. Unsere Begleiterinnen haben dann vom Publikum aus Bikinioberteile auf die Bühne werfen lassen. Herwig hat ziemlich blöd geschaut.
Grasmuck: Das war ein ziemlicher Spaß. Und es zeigt sich auch hier: Das Leben ist nicht perfekt. Das sagt der Song aus. Es gibt eine gewisse Sehnsucht nach Unperfektem. Die jetzige Krise wirft uns zurück auf die Grundfragen und zwingt uns dazu, darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist.
Was ist das in eurem Fall?
Pfleger: Unser letzter Auftritt Ende 2021 in der Grazer Oper zum Beispiel. Wir haben zuletzt an unserem finalen Album „Opus Magnum“ gearbeitet, dabei haben wir viel darüber gesprochen.
Grasmuck: Als wir vor 30 Jahren zusammenstanden, sprachen wir darüber, ob wir mit 60 immer noch Musik machen werden. Es ging dann sehr schnell, wir haben Jahrzehnte voller Musik- und Bühnenleben hinter uns und wissen, dass die verbleibende Lebenszeit nun immer kleiner wird. Also wollen wir jetzt die Zeit genießen.
Wie wird eure Lebenslust in der kommenden Zeit ohne aktivem Bandleben dann aussehen?
Pfleger: Ich liebe es, zu segeln, meistens in Kroatien. Und zu angeln oder zu lesen. Musik wird trotzdem immer mein Leben sein. Und ich werde nach wie vor Musik machen, in meinem Studio in Judendorf. Mein Sohn ist auch begeisterter Musiker und wird das eines Tages übernehmen.
Grasmuck: Ich mache mir da noch keine großen Gedanken und schon gar keine Pläne. Ich habe gelernt, dass es im Leben oft anders kommt, als man geplant hat. Ich möchte wieder regelmäßiger Sport machen. Die Musik wird mich aber sicher auch weiter begleiten und ich habe keine Sorge, dass mir langweilig wird.
Habt ihr das Musikmachen immer so entspannt gesehen?
Mit „Live Is Life“ seid ihr international berühmt geworden, da ist es doch sicher schwierig, dem Druck standzuhalten, weitere Welthits herauszubringen.
Pfleger: Als österreichische Band ist es generell schwierig, Erfolge wie diese am laufenden Band zu liefern. Wir versuchten auch andere Songs in diese Richtung zu produzieren, aber das hat nicht so geklappt. Was uns aber immer klar war: Wir machen unsere Musik. Es kam also zwar kein zweites „Live Is Life“, aber eine Menge anderer schöner Lieder, die die Leute geliebt haben.
Gab es auch Neider?
Grasmuck: Oh ja, die gibt es immer. Aber was soll’s.
Pfleger: In der österreichischen Szene haben wir aber zu den meisten ein gutes Verhältnis.
Grasmuck: Nach dem großen Erfolg von „Live Is Life“ gab es eine sehr große Erwartungshaltung in der Branche. Niemand hatte aber Erfahrung in dieser Größenordnung. Nur Falco.
… der aber an der Spitze seines Erfolges darüber klagte, nicht zu wissen, wie er das noch toppen kann.
Grasmuck: Ja, aber es geht nicht immer nur aufwärts im Leben.
An welches Bühnenerlebnis werdet ihr euch immer erinnern?
Pfleger: Als 30.000 Chilenen den Song mitsangen und ihre Sitzpölster in die Luft warfen. Das war 1986. Wir haben jetzt wieder eine Einladung zu diesem Festival.
Grasmuck: Die Südamerikaner sind generell sehr lebenslustig. Aber auch die Auftritte im Stadion Liebenau mit Falco, Ambros, EAV und STS sind unvergesslich. Eine Sternstunde.
Könnt ihr „Live Is Life“ eigentlich noch singen, oder nervt es euch schon, nach Tausenden Auftritten?
Pfleger: Nein, gar nicht. Wir haben über zehn Versionen, die wir immer wieder verändern. Das macht es immer noch spannend, vor allem, wenn das Publikum noch immer so gut drauf ist.
Wenn ihr heute einen Song schreiben würdet, an die aktuelle Lebenslage angepasst, wie wäre der Titel?
Pfleger: „Made My Day“. Dieses Lied haben wir auch auf dem aktuellen Album. Oder auch: „We Made It“. Sowie: „Fake Or True“.
Und würdet ihr eure Bühnenkarriere in ein Wort packen, welches wäre das?
Pfleger: Live.
Grasmuck: Dream.
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