Dieser ging 1998 als „Lewinsky-Skandal“ oder „Monicagate“ in die Annalen ein und machte die damals 25-Jährige zur geächteten Witzfigur – obwohl Bill Clinton fast 30 Jahre älter, verheiratet und der mächtigste Mann der Welt war, als er eine Affäre mit seiner Praktikantin begann. Doch während dieser rasch wieder als Saubermann dastand, musste sie Häme und eine mediale Hetzjagd über sich ergehen lassen. Alleine Jay Leno soll in seiner „Tonight Show“ 454-mal über sie gespottet haben, ergab eine Analyse der George Mason University.
Scham spiele eine zentrale Rolle in Lewinskys Geschichte, sagt die Anglistin und Gender-Forscherin Elisabeth Lechner. „Und Scham hat viel mit bestehenden Machtverhältnissen zu tun. Sie wurde öffentlich beschämt und über ihre Sexualität abgewertet.“ Lewinsky selbst bezeichnete sich später selbst als „Patientin null des Internetshamings“. Mithilfe von Psychotherapie befreite sie sich nach und nach aus ihrer Schockstarre und trat die Flucht nach vorne an.
Auf Twitter geht Lewinsky seit #MeToo in die Offensive, spielt immer wieder bewusst auf ihre Schamerfahrung an. „Was ist der schlechteste Rat, den ihr je bekommen habt?“, fragte kürzlich ein User, und sie antwortete: „Dass sich ein Praktikum im Weißen Haus super in meinem Lebenslauf machen wird.“
„Ihre Tweets sind emanzipatorisch und haben eine starke Widerstandskraft“, sagt Lechner dazu. „Sie sagen: ,Habt mich gern, jetzt entscheide ich selbst über meinen öffentlichen Auftritt.‘ Wenn Gruppen oder Individuen es schaffen, sich Handlungsmacht zurückzuerobern und sich vom erdrückenden Mantel der Scham zu befreien, kann das sehr wirkmächtig sein und die Verhältnisse verändern.“
Ihre Reichweite nutzt Lewinsky auch, um ähnliche Frauen-Schicksale aufzuzeigen. Dazu zählt Amanda Knox, die in letzter Instanz freigesprochen wurde und mehr als zehn Jahre später immer noch mit Hass konfrontiert ist. Eben erschien in der New York Times ein Artikel über die junge Mutter und ihren schwierigen Weg aus der Beschämung, die sie als junge Studentin erfahren hat.
Wie wäre die Clinton-Affäre in der Post-MeToo-Ära verlaufen? Vermutlich anders, wie auch der aktuelle Fall des Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt nahelegt, der nach seinem Fehlverhalten den Sessel räumen musste. „#MeToo hat einen Raum geschaffen, in dem Frauen und queere Menschen solidarisch auf Machtgefälle zwischen den Geschlechtern hinweisen können“, fasst Lechner zusammen.
"Ich glaube, es gibt jetzt ein Bewusstsein für die Problemlage. Wären solche Situationen heute noch denkbar? Leider ja - im Patriarchat sind sowohl Arbeitsplatz als auch Sexualität noch lange nicht frei von Hierarchien und Ungleichheit."
Dass die Beziehung einvernehmlich war, sei irrelevant, betont Lewinsky heute, wenn sie danach gefragt wird. Durch das Machtgefälle zwischen ihr und dem doppelt so alten Präsidenten sei das Verhältnis vor allem eines gewesen: höchst unangemessen. Mit der Serie soll dies nun die ganze Welt verstehen.
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