Drive-in mit Sinn
Man ist im Kino, genießt aber die Intimität des Wohnzimmers. In den 1960er- und 1970er-Jahren erklärte dieses Argument den Erfolg der Autokinos in Europa. Und die Freude daran, dass man im Auto vorfahren konnte. Das Autokino in Groß-Enzersdorf öffnete 1967 mit Riesentamtam und Burt Lancaster als „Apache“. Das ging bis in die Achtziger ganz gut, dann ging es mit Umbauten, Neuversuchen und schließlich einem Konkurs 2015 weiter.
Die Corona-Zeit war wie geschaffen für ein erfolgreiches Comeback. Jeder sitzt in seinem Fahrzeug in einem eigenen Bereich, die Gebote des Social Distancing sind erfüllt und alle gemeinsam teilen ein Erlebnis. Mit einer Novität: Das Buffet war geschlossen, Chips & Co wurden kontaktlos bis zum Autofenster geliefert. Mitte Mai ging es um Punkt 1.01 Uhr nachts los, mit „Aufbruch zum Mond“. Das passte auch zur Aufbruchsstimmung aller Beteiligten.
Wie alles anfing
Heutzutage reißen sich die Besucher um die vorderen Reihen, früher war das irgendwie anders. Da strömten die Autos vorwiegend in die hinteren Reihen, die „love lanes“, geschützte Abstellplätze für Schmusereien.
Natürlich, im Schutz der Dunkelheit konnten sich gewisse Aktivitäten nicht nur auf der Leinwand, sondern auch in den davor geparkten Automobilen entwickeln. Das hatte schon früh den Reiz und Erfolg des Autokinos ausgemacht. In vielen Staaten der USA durften Jugendliche bereits ab 14 Jahren Autos fahren, und sobald 1933 in Camden, New Jersey, das weltweit erste Autokino eröffnete, hatten frühreife Teenies neue, zuvor ungeahnte Möglichkeiten an diesem intimen Rückzugsort. Auch als Antwort auf die Prüderie der Erwachsenen.
Ob derlei Aktivitäten in Groß-Enzersdorf ebenfalls gerade hoch im Kurs liegen, ist schwer zu beurteilen, auf jeden Fall stehen hinten und an der Seite mit den hohen SUVs genau jene Autos, die eher auf amerikanischen als auf europäischen Straßen zu Hause sind. Hannes: „Wir mussten extra Reihen für diese Autos schaffen, weil sie anderen die Sicht nehmen, falls die dahinter zum Stehen kommen.“
Auch heute spürt man noch das Abenteuer und den Flair der Aufbruchzeit, schon alleine, weil man für einen ganzen Abend auf die Hunderten Kabel- oder TV-Satellitenkanäle verzichtet, auf Streaming, Social Media und das andere Unterhaltungsangebot.
Autokino ist Kult
Autokino ist aber mehr als nur ein Kinobesuch. Das lässt sich an den Augen jener ablesen, die mit ihren Smarts, Minis, Golfs, A-Klassen oder Pick-ups die Einfahrt passieren. In Groß-Enzersdorf war man für alles gerüstet: Mädels- und Junggesellenabende, Date-Nights und Familienausflüge. Das kam an. „Autokino ist Kult! Danke!“ ist nur eine der Grußbotschaften auf der Homepage der Betreiber. „Wir deckten uns auch mit Starterbatterien ein, falls jemand sein Auto nicht mehr flott kriegt“, erzählt Hannes. Benötigt wurden sie allerdings kaum.
Störend war einzig, dass sich bei vielen Autos das Standlicht nicht ausschalten lässt, sobald man den Strom fürs Autoradio aufdreht. „Wir klebten die Lampen dann einfach ab“, so Hannes.
Was in all dieser Zeit gleich blieb: „Horrorfilme sind ein Hit.“ Der Spaß am Nervenkitzel mit Filmen wie „The Witch Next Door“ oder „Der Unsichtbare“ sorgte für gute Besucherzahlen. So soll es auch beim Saisonfinale sein.
„Am 31. Oktober spielen wir heuer ein letztes Mal für unser Publikum“, sagt der Autokino-Wiedererwecker. Passend zur Jahreszeit gibt’s ein Halloween-Special. Danach will man sich als Event-Partner profilieren. „Momentan entwickeln wir uns zu einer sicheren Location für Firmenfeiern.“
Ein schönes Happy End eines unvergesslichen Sommers!
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