Lebensfreude ohne Technologie: einfach abschalten
Ready for Take-off. Das Kabinenpersonal bittet jeden Passagier, auf seinen digitalen Geräten den Flugzeugmodus zu aktivieren: am Handy, auf der Smartwatch, am Tablet. Ohne Datenverbindung verspürt man Entspannung. Endlich hat man Ruhe zum Lesen oder auch nur, um seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Gleichzeitig empfindet man eine gewisse Neugierde auf das, was nach der verordneten digitalen Ruhe in der Inbox, WhatsApp oder im Web auf einen wartet.
Für Kinder: eine Stunde pro Tag
Technologiepioniere haben diese Zerrissenheit bereits früh erkannt. So hat Microsoft-Gründer Bill Gates schon Anfang des Jahrtausends die Zeit, die seine Tochter vor dem Bildschirm verbringen darf, begrenzt. Steve Jobs, der einstige Apple-Gründer, ging noch einen Schritt weiter: kurz nachdem das erste iPad vorgestellt wurde, sagte er in einem Interview, dass er seinen Kindern die Nutzung des Geräts – zumindest zuhause – nicht erlaube. Die Weltgesundheitsorganisation WHO folgte erst Jahre später: In einer Richtlinie wurde 2019 die empfohlene Verwendung für Tech-Artikel für unter Fünfjährige auf eine Stunde pro Tag begrenzt.
Auch Prominente abseits der Technologiewelt verzichten auf den Genuss der ständigen Datenverbindung. Berühmt dafür ist Elton John, der nach eigenen Angaben kein Handy benötigt. Auch Hollywood-Größe Christopher Walken ist kein Fan des digitalen Alltags: Er besitzt weder Smartphone noch Laptop. Und im vorigen Jahr hat Formel-1-Star Nico Rosberg gemeinsam mit Influencern zum ersten digitalen Bewusstseinstag aufgerufen. Die Initiative #outofsocial hat sich zum Ziel gesetzt, Smartphones und Apps bewusst zur Seite zu legen, vorerst an einem Tag, dem 25. Dezember. Denn: Nur wenn auf das Smartphone auch einmal verzichtet werden kann, entsteht die Ruhe, die man sich wünscht und braucht.
Bildschirme sind ebenso vielseitig wie die Menschen, die sie verwenden.
Die richtige Menge Social Media
Trotzdem hat die Wissenschaft bis heute noch keine eindeutigen Antworten auf den richtigen Umgang mit Kommunikationstechnologien. Dr. Amy Orben, Forscherin im Brain Sciences Unit der Universität Cambridge, im Gespräch mit der : „Bildschirme sind ebenso vielseitig wie die Menschen, die sie verwenden. Zwanzig Minuten Nutzung einer gewissen Technologie können für eine Person ebenso schädlich sein wie sie einer anderen Person helfen.“ Die Forscherin erzählt von einer Studie, in der die Auswirkungen reduzierter Facebook-Konsumation analysiert wurden: „Während die Stresshormone deutlich gesunken sind, berichteten die Teilnehmer jedoch von einem Gefühl reduzierter Lebensqualität. Beim Entzug sozialer Medien treten sowohl positive als auch negative Effekte auf.“
Der beste Vergleich, so die Forscherin, ist die Ernährung. Bei diesem Thema haben Menschen „erheblich mehr Feingefühl, als im Umgang mit Technologie. Wahrscheinlich liegt das daran, dass wir seit Jahrhunderten über Ernährung diskutieren“, scherzt Orben. „Welche Auswirkungen hat der Genuss einer Tafel Schokolade?“ ist ähnlich schwer zu beantworten wie die Frage nach der richtigen Menge sozialer Medien. Das hängt davon ab, wer die Schokolade isst, wie viel davon konsumiert wird und welchen Zuckerbedarf der jeweilige Mensch hat. „Isst die Person mehrere Tafeln täglich oder nur eine im Jahr?“
Es treten beim Entzug sozialer Medien sowohl positive als auch negative Effekte auf.
Die Frage, wer wie viel Zeit und in welcher Form mit digitalen Geräten verbringt, ist die größte Herausforderung des Internetzeitalters. Smartphone, Internet und soziale Medien sind nicht mehr wegzudenken, doch die Bedürfnisse des Individuums sollten eine ebenso wichtige Rolle spielen. Die einzelnen Motivationen, Intentionen, Ziele und Wünsche beeinflussen, ob Technologie die Freude bereitet, für die sie ursprünglich geschaffen wurde.
Es geht weder um das komplette Ausschalten eines Gerätes noch um den Umstieg auf ein Handy ohne Internet. Oft reicht es, das Smartphone einige Stunden wegzulegen oder einzelne Benachrichtigungen leise zu schalten. Schließlich ist der Alltag für viele nicht mehr ohne Smartphone zu bewältigen. Knapp sechzig Prozent der Weltbevölkerung nutzen das Internet und das im Durchschnitt für nahezu sieben Stunden pro Tag. Es gilt, die Verwendung der Technologie vernünftig zu steuern, ähnlich wie den Umgang mit Ernährung. Denn auch die größte Delikatesse schafft nur dann Lebensfreude, wenn man sich nicht überisst.
Immer wieder eine Auszeit vom Smartphone zu nehmen, ist gut und wichtig. Doch ganz wollen wir nicht verzichten: Die richtigen Apps im richtigen Moment machen Freude.
Schönes unternehmen:
WANDERN: Wandern macht glücklich. Mit „bergfex Tours“ (iOS und Android, gratis) sind die besten Wanderwege quer durch Österreich mit wenigen Klicks abrufbar.
ENTDECKEN: „Google Arts & Culture“ (iOS und Android, gratis) bringt die Kunst von über 2.000 Museen aus 80 Ländern direkt aufs Smartphone, inkl. virtueller Touren.
DURCHBLICKEN: Mit „KHM Stories“ (iOS und Android, gratis) wird der Besuch des Kunsthistorischen Museums zum Abenteuer: z.B. durch interaktive Röntgenbilder der weltbekannten Werke.
ERKUNDEN: „PlantNet“ (iOS und Android, gratis) ist eine App, mit der Pflanzen automatisch erkannt werden können. Ein Foto mit dem Smartphone reicht: Die App erkennt über 20.000 Blumen, Bäume und Gräser.
LERNEN: Mit „Busuu“ (iOS und Android, gratis) wird das Smartphone zur Sprachschule. So kann man sich jederzeit und überall auf das nächste große Reiseabenteuer vorbereiten, das sicher irgendwann kommt.
EINKAUFEN: Die Märkte in Wien kann man mit der „Wiener Märkte“-App (iOS und Android, gratis) erkunden und erleben. Marktpläne, Stand-Kataloge und Produktdetails sind jederzeit abrufbar.
PAUSIEREN: Wer das restliche Jahr in Österreich verbringt, kann mit dem „Heurigenguide“ (iOS und Android, gratis) Weingenuss und Brettljausen planen: 450 Heurigen und Co. sind während der Herbstwanderung abrufbar.
Schönes im Moment erleben:
FÜHLEN: Im Takt bleiben: das verspricht „Pulse“ (iOS und watchOS, gratis). Die App ist ein spürbares Metronom, das durch Vibrationen von Handy oder Apple Watch am Handgelenk für den richtigen Rhythmus sorgt.
SEHEN: Magische Bildwelten erlebt man mit „Monument Valley 2“ (iOS und Android, 5,50 Euro), einem Handy-Game, in dem Grafik und Architektur zentrale Rollen spielen. Optische Täuschungen und viel Farbe sorgen für Lebensfreude On-the-go.
HÖREN: Mit „Atmosphere“ (iOS und Android, gratis) kommt man durch eine Auswahl an Klängen zur inneren Ruhe. Die Geräusche sind nach Geräuschkulissen sortiert und ein Timer macht die App zur idealen Einschlafhilfe.
RIECHEN: „Perfumist“ (iOS und Android, gratis) ist die virtuelle Nase des App Stores. Über vierzigtausend Parfums sind in der App abrufbar – durch die Erstellung eines persönlichen Geruchsprofils wird die App zum Berater in Sachen Eau de Toilette und Duftauswahl.
SCHMECKEN: Geschmack gehört geteilt. Das ist das Motto der App „Cookpad“ (iOS und Android, gratis). Neue Geschmackserlebnisse und Kochabenteuer können in der App geteilt und von anderen Nutzern nachgekocht werden.
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