Netflixen reicht nicht
"Relationship Care ist vielen Paaren noch kein Begriff", sagt der deutsche Psychologie-Professor Rainer Banse. Gemeinsames Netflixen oder ein gut gemeintes "Wie läuft dein Tag?" via Whatsapp seien nett, aber "in vielen Fällen nicht genug, um ein solides Fundament für eine nachhaltige Beziehung zu schaffen", weiß der Experte.
Banse war an der Entwicklung von PAIRfect beteiligt, einer App für Paare, die 2018 in der Schweiz online ging und bisher 100.000-mal heruntergeladen wurde. Die Selbstbeschreibung auf der Website klingt poetisch wie ein Liebesgedicht: "PAIRfect ist ein Kompass, der euch durch den gemeinsamen hektischen Alltag begleitet und dabei hilft, dass eure Beziehung stets auf Kurs bleibt", heißt es dort. Seufz.
Der virtuelle Liebeskompass besteht aus fünf Komponenten, die wichtigste heißt "Impulse" und animiert mehrmals wöchentlich zu beziehungsfördernden Schritten à la "Erzähle deiner Partnerin von einem besonders schönen Moment aus eurer Anfangszeit". Auch eine Erinnerungsfunktion gibt es, eine Möglichkeit, Wünsche zu deponieren, sowie Fragen, um tiefgehende Gespräche anzuregen (Beispiel mit Eskalationspotenzial: "Welche Eigenschaft magst du nicht an meiner Mutter?").
Liebeskiller, Liebesretter
Immer häufiger wurde das Smartphone zuletzt als Liebestöter und Lustkiller tituliert – und nun soll just eine App Partnerschaften verbessern? "Die Frage ist berechtigt, denn eigentlich sind die Smartphones der Grund dafür, dass Paare neben einander sitzen und einander doch nicht nahe sind", sagt der erfahrene Paartherapeut und Single-Coach Eric Hegmann.
Verteufeln möchte er die neuen Stars am App-Himmel aber nicht. "Menschen sind heute 24 Stunden am Tag online. Am Ende ist es wohl nur gut, dass wir dort, wo wir uns so lange aufhalten, nicht nur Kontakte knüpfen, sondern unsere Beziehungen auch pflegen können." Heikle Fragen wie etwa das oben genannte Schwiegermutter-Beispiel würde er jedoch nur in einem sicheren Umfeld thematisieren, welches bei einem Paartherapeuten automatisch gegeben ist. Beim lockeren Geplänkel zu Hause auf der Couch könne eine solche Frage - aus dem Zusammenhang gerissen - erst recht zu Konflikten führen.
Ob kriselnde Beziehungen per Smartphone gerettet werden können, sei stark von der jeweiligen App abhängig, sagt der Liebesexperte. "Ich denke, dass eine gute App einem Paar durchaus helfen kann – etwa, wenn es um Achtsamkeit und Dankbarkeit für einander geht. In diesem Bereich haben Apps für an Depression Erkrankte gute Erfolge gezeigt, die sich bestimmt übertragen ließen."
Der vielleicht beste "Impuls" für Paare kommt direkt aus der PAIRfect-App und gilt besonders am heutigen 14. Februar: "Verbringt gemeinsam einen Tag ohne Handy."
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