Jürgen Drews: "Keine Angst, ich bin noch da"
So ein Sommer! Sogar der „König von Mallorca“ musste auf seinen gewohnten Urlaub auf der Baleareninsel verzichten. Aber alles kein Grund, um mit dem Schicksal zu hadern. Das strahlende Gesicht hinter der Kulthymne „Ein Bett im Kornfeld“ lässt sich offenbar durch nichts und niemanden unterkriegen. Im Freizeit-Interview erzählt er unter anderem, warum sogar er als strikter Antialkoholiker nichts gegen Partyfeiern hat.
Freizeit: Wie verbrachte der „König von Mallorca“ den Sommer ohne Ballermann?
Jürgen Drews: Ganz ruhig und gemütlich zu Hause bei uns im Münsterland. Es war schon eigenartig, plötzlich nicht mehr unterwegs zu sein, aber ich muss sagen, dass ich diese Ruhe wirklich sehr genossen habe. Das war eine Art Entschleunigung, ich war viel im Garten, begleitete Ramona zum Reitstall, fuhr Rad und widmete mich meinem Hobby, der Musik.
Sie feierten Anfang April ihren 75. Geburtstag. Ein Alter, das man Ihnen nicht ansieht. Baden Sie im selben Jungbrunnen wie Hansi Hinterseer, wobei der mit 66 ja ein Jungspund ist ...
Ob ich in einem Jungbrunnen bade, weiß ich wirklich nicht (lacht). Ich denke, es sind in erster Linie die Gene. Außerdem ernähre ich mich gesund und bewege mich regelmäßig. Sicher zwickt es altersbedingt hier und da etwas, und mein berühmter Hüftschwung auf der Bühne wird ebenfalls ein wenig langsamer, aber Ramona sagte vor einer Weile zu mir: „Du kannst eigentlich dankbar sein, dass du überhaupt so alt werden durftest, weil es nicht selbstverständlich ist.“ Und das bin ich. Ich bin sehr dankbar, dass ich noch da sein darf.
Na, aber hallo. Sie rauchen ja nicht und sind auch bekannt dafür, keinen Alkohol zu trinken. Für ein langes Leben sind Sie also bestens gerüstet. Was denken Sie eigentlich, wenn Sie in einer Disko einer grölenden Menge gegenüber stehen, die Ihnen applaudiert?
In den letzten Jahren habe ich keine schlechten Erfahrungen mit dem feiernden Publikum gemacht. Das ist einfach gut drauf und macht Party. Da mache ich auf der Bühne gerne mit. Die Leute sind ja auch nicht so alkoholisiert, dass sie nicht mehr stehen können. Nein, das macht einfach Spaß und alle sind happy.
In einer TV-Talkshow zitierten Sie jüngst aus dem Gedächtnis Ovid. Noch dazu auf Latein. Welche Talente schlummern noch in Ihnen?
Gute Frage. Aber ich glaube, über mich weiß man so gut wie alles. Dadurch, dass ich immer überall alles erzähle, was mir gerade einfällt, schlummert da – denke ich – nichts Besonderes mehr.
Sie haben ein paar Semester Medizin studiert, bevor Sie in der Showbranche landeten. Haben Sie sich schon vorgestellt, was heuer auf Sie zugekommen wäre, hätten Sie doch den Doktor gemacht?
Gott bewahre! Ich wäre kein guter Mediziner geworden. Das Studium sausen zu lassen, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich habe es nie bereut und ziehe vor allen Menschen im medizinischen, aber auch pflegerischen Bereich den Hut. Das ist ein verdammt harter Job, der viel abverlangt.
Begonnen hat alles, schreiben Sie in Ihrer Autobiografie „Es war alles am besten“, mit einem Banjo. Spielen Sie das heute noch?
Ja, ich spiele heute noch Banjo. Das Solo-Stück „Take Your Pick“, mit dem ich als Fünfzehnjähriger bei einem Wettbewerb gewonnen habe, ist bei Konzerten auch heute noch in meinem Repertoire. Das habe ich meinem Vater zu verdanken. Der hat mich damals hinter meinem Rücken zu einem Vorspielen angemeldet. Mein Ehrgeiz war damit angestachelt und ich übte wie verrückt. Es zahlte sich aus ...
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie als blonder Twen im blütenweißen Outfit bis nach Saint-Tropez getrampt sind. Haben Sie dieses Abenteuer einmal wiederholt?
Sie werden überrascht sein, vor etwa vier Jahren. Notgedrungen. Ich war mit der Bahn zu einer TV-Sendung in Bremen unterwegs und musste in Lutherstadt Wittenberg umsteigen, in einen ICE. Ich stieg leider eine Haltestelle zu früh aus und da ich nicht viel Zeit hatte, stellte ich mich kurzerhand an die Straße und hielt ein Auto an. Sie müssen sich vorstellen: Ich war voll bepackt. Meinen Rucksack trug ich vorne, auf dem Rücken einen riesigen Gitarrenkoffer, in dem mein Banjo UND meine Gitarre waren. Der Fahrer hat auch nicht schlecht gestaunt, als er merkte, dass ich da vor seinem Wagen stehe. Er hat mich auf dem schnellsten Wege zum richtigen Bahnhof gefahren und ich habe meinen Zug noch erreicht. Das fand ich supernett. Ja, mit dem alten Drews erlebt man noch was.
Dieses Lied kann sicher auch Ihre Ehefrau Ramona singen. Was ist das Geheimnis Ihrer langen Liebe? Sie scheinen unzertrennlich zu sein.
Dass wir uns kennengelernt haben, ist ein absolutes Geschenk. Und wir lieben uns bedingungslos. Wenn ich einmal länger als einen Tag allein unterwegs bin, vermisse ich Ramona schon. Umgekehrt ist es genauso.
Sie sind mit dem Musical „Hair“ musikalisch groß geworden. Ist das der Grund, warum Sie seither langes Haar tragen? Es ist im Grunde seit den 1970er-Jahren immer dieselbe Frisur.
Als Bub war ich sehr schüchtern. Damals hatte ich noch kurze Haare. Einmal ging ich an zwei Mädels vorbei, die ich echt toll fand. Sie sahen mich an, ich grüßte freundlich, und als sie an mir vorbeigegangen waren, hörte ich, wie die eine meinte: „Hast du das gesehen? Der ist ja echt süß, der hat ja voll die roten Ohren bekommen!“ Das war mir vielleicht peinlich. Ich musste etwas tun. Also habe ich mir die Haare wachsen lassen. Und deshalb trage ich diese Frisur bis heute. Obwohl ich nicht mehr so leicht rote Ohren bekomme ...
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie immer der Erste sind, dem bei Liebesfilmen die Tränen kommen. Sehen Sie sich als Prototyp des metrosexuellen Mannes?
Ich war immer schon ein sehr emotionaler Mensch. Ich merke aber auch, dass ich mit zunehmendem Alter teilweise noch sensibler geworden bin. Sobald sich etwas sehr Emotionales in meiner Gegenwart abspielt, kämpfe ich häufig mit den Tränen. Als ich mit meiner Tochter Joelina erstmals im Duo im Fernsehen auftrat, musste ich mich sehr zusammenreißen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen. Manchmal nervt mich das richtig.
Sie behaupten von sich, Sie seien der „Erfolgreichste unter den Erfolglosen“. Schlagen Sie sich damit nicht selbst weit unter Ihrem Wert? Immerhin haben Sie mehrere Goldene Schallplatten, eine Goldene Stimmgabel und auch eine Ballermann-Auszeichnung ersungen.
Jein. Im Grunde meine ich das schon so, wie ich es immer sage. Natürlich weiß ich, dass ich ein erfolgreicher Künstler und viel gebucht bin und dass mich fast jeder kennt. Was ich damit meine: Ich habe nicht so viel Auszeichnungen in Gold oder Platin erhalten wie Kollegen. Bei mir kam immer irgendwas dazwischen. Ich habe eben eine andere Art von Erfolg. Jeder definiert das ja ein wenig anders.
Apropos, eigentlich sind Sie ja ein Jazzer, stimmt das?
Im Herzen bin ich immer noch Jazzer. Ich habe einige Songs in dieser Richtung aufgenommen, die nicht veröffentlicht wurden. Aber wer weiß, was noch kommt?
In einigen Ihrer Interviews klang an, dass Sie sich schon mit dem Ruhestand angefreundet haben. Ihre Fans hoffen, dem ist nicht so.
Schauen wir, was die Zeit bringt. Wann wir wieder auf großen Bühnen stehen können, ist derzeit ungewiss. Leider. Aber keine Angst, ich bin noch da.
Herr Drews, vielen Dank für dieses Gespräch.
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