Handtaschen, Uhren, Whisky: Wenn Leidenschaft Rendite bringt
Es war ein Treffen mit Freundinnnen, das Finanzbloggerin Hava Misimi nachdenklich stimmte. Sie schwärmten von teuren Designer-Handtaschen, als wiederholt der Satz fiel: „So eine Tasche ist eine Investition!“ Die 26-Jährige – ihr Blog „Femance“ wurde 2019 zum besten deutschsprachigen Finanzblog 2019 gekürt – wollte wissen: Wie viel Wert hat so ein Stück an der Hand wirklich? Und verglich die Hermès Bag mit Aktien der Luxusmarke.
Dazu später mehr. Denn mit Hermès fällt das Stichwort: H wie Hochgefühl, E wie Emotion, R wie Reichtum, M wie Muse, noch ein E, diesmal wie Einzelstück, und S wie Schnappatmung. Ja, Schnappatmung. Taschen von Hermès sind der Hammer und kommen immer wieder gerne unter denselben: Die teuerste Handtasche der Welt ist die Himalaya Niloticus Crocodile Diamond Birkin Bag für 267.000 Euro. Auch nicht schlecht: Das Spitzenergebnis im Dorotheum Wien bis jetzt sind 37.800 Euro für eine Hermès Kelly 35 aus dem Jahr 1950.
„Eine Handtasche“, meint auch Finanzbloggerin Misimi, „kann eine Wertanlage sein“. Wenn man sie nicht trägt und wenn es eine von Hermès ist. Trotzdem würde sie eher zu Aktien des Luxus-Unternehmens greifen. Diese könne man stückweise kaufen, müsse also nicht so viel auf einmal ausgeben und die Rendite, so hat sie errechnet, war die letzten Jahre im Vergleich sogar höher. Ob man Aktien oder Sachanlagen wähle, sei aber auch Typsache – und eine Frage des Geldes, das man zur Verfügung hat. Wichtig sei zu streuen. „Bei Aktienfonds geht das sehr gut. Bei Handtaschen wird das schwierig, wenn ich alles Geld in ein, zwei Modelle stecke.“
Unternehmensberaterin, Aktien- & Immobilienbesitzerin und Gewinnerin des Finanzblogawards 2019, Hava Misimi, 26, schreibt in ihrem Blog vor allem für junge Leute. Ihr Ansatz: "Lasst uns gemeinsam die Finanzwelt verstehen, sparen und unsere finanziellen Ziele und Träume erreichen!"
Was empfehlen Sie Menschen, die investieren wollen?
Es ist wichtig zu erkennen, was man für ein Typ ist. Will man wirklich in eine Handtasche oder in Whisky investieren? Wie groß ist das Interesse dafür? Es muss gut überlegt werden, in was man investiert. Vielleicht sind Aktien ja die bessere Wahl.
Und wer auf Luxus-Handtaschen setzen will?
Wer auf eine Handtasche setzen will, muss die Marke berücksichtigen, auch ob das Modell limitiert ist und in welchem Zustand. Und egal, in was man investiert, zuerst sollte man gut recherchieren. Man muss ein Interesse dafür haben, das Produkt bzw. das Unternehmen verstehen. Auch die ehrliche Beantwortung der Frage, handelt es sich hier wirklich um ein Unikat oder ist es nur ein Unikat für einen selbst, ist wichtig. Bei Luxusprodukten spielen die Emotionen ja eine große Rolle.
Was ist für Investitions-Einsteiger besonders wichtig?
Bevor man überhaupt daran denkt zu investieren, sollte man drei Monatsgehälter als Notgroschen auf der Seite haben. Für Unerwartetes im Leben, wie Berufsunfähigkeit oder Jobverlust, hier haben wir ja alle von Corona gelernt."
Tatsächlich werden bei Auktionen immer höhere Preise für Luxus-Handtaschen erzielt. Regina Herbst, Handtaschen-Expertin vom Dorotheum Wien: „Das Sammlerverhalten der vergangenen Jahre zeigt, dass die Hermès-Modelle Kelly und Birkin fürs Investment geeignet sind. Die Preise steigen stetig.“ Warum ist das so? Weil es nicht einfach ist, an sie heranzukommen. Mode- und Markenkenner wissen das. Die Wartelisten sind lang und eine Auktion scheint der schnellere Weg, um eines der raren Stücke zu ergattern. Außerdem gibt es die berühmte Geschichte um die Schauspielerin und Sängerin Jane Birkin und Hermès-Boss Jean-Louis Dumas: Birkin beklagte sich bei Dumas, dass es für ihre Bedürfnisse keine passende Tasche gebe – und spontan entstand eine Skizze des Prototyps einer Legende. Das war Anfang der 1980er-Jahre.
Luxus in Wien und London
Laut Luxury Investment Index der britischen Beratungsfirma Knight Frank hatten diese Handtaschen 2019 einen Wertzuwachs von 13 Prozent. Mehr als der Spitzenreiter Whisky, aber auch Uhren und Oldtimer. Regina Herbst bestätigt: „Die Nachfrage nach Vintage-Luxus-Handtaschen nahm in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu.“ Die nächste Online-Auktion „Vintage, Mode und Accessoires“ ist demnächst: am 22. Juli. Anschauen kann man sich die guten Stücke ab 17. Juli im Palais Dorotheum in Wien. Unter den Luxus-Exemplaren befinden sich, Sie ahnen es schon, auch Taschen von Hermès: „Highlights sind eine amethystfärbige Birkin Bag aus Krokoleder um 30.000 Euro Rufpreis und eine Kelly Bag aus rotem Leder für 6.000 Euro. Von Louis Vuitton, Chanel oder Yves Saint Laurent findet sich ebenfalls Schönes im Angebot.
Rufpreis 30.000 Euro
Am 22. Juli werden Vintage, Mode und Accessoires versteigert: Hier eine kleine Vorauswahl an Handtaschen: die Hermès Birkin 35
Startpreis 6.000 Euro
Hermès Kelly Retourné 32 2014
Startpreis 6.000 Euro
Hermès Birkin 35, 2007
Startpreis 6.000 Euro
Hermès Birkin 35, 2009
Startpreis 16.000 Euro
Hermès Kelly 28, 1953
Auch bei Sotheby’s spürt man eine erhöhte Nachfrage für Luxus-Handtaschen. „Die Sammler sind meist gut informiert, kennen die Preise am Markt und suchen nach Produkten und Marken, die ihrem Lifestyle und ihren sozialen Werten entsprechen“, heißt es aus London. Und: „Hermès-Handtaschen, gehören zu den gefragtesten Luxusgütern einer neuen Generation von Frauen mit Kaufkraft.“
Kaufen, was man liebt
Auch Günter Eichberger vom Dorotheum Wien hat mit heiß begehrtem Luxus an der Hand zu tun – mit Uhren. Die Birkin Bag der Armbanduhren ist wohl die Rolex. Die teuerste Uhr der Welt eine Patek Philippe um 31 Millionen Euro. Extrem hohe Preise können jedoch nur Exemplare aus den 60er/70er-Jahren erzielen. „Und damals hat sicher niemand daran gedacht, dass sie einmal so viel Wert sein könnten“, so Eichberger. „Sehr beliebt sind Klassiker. Das Publikum ist bunt gemischt, aber letztlich ist es eine Frage der Brieftasche, wer kauft.“ Natürlich wird auch hier auf Wertsteigerung spekuliert, was allerdings ein Risiko sei. „Das kann man nicht voraussehen, jeder Sammler bezahlt irgendwann sein Lehrgeld“, sagt Eichberger. Das Wichtigste sei, zu kaufen, was einem gefällt und dabei auf sein Bauchgefühl zu hören: „Den höchsten Nutzen hat, wer Freude an seiner Uhr hat.“ Eine Empfehlung, die auch Sotheby’s London für all seine Auktionen gibt: „Unsere Kunden kaufen aus den unterschiedlichsten Gründen, aber in den meisten Fällen, weil sie sich für die Sammlerstücke interessieren. Wir raten, das zu kaufen, was man liebt.“ Und wer in seine erste Luxustasche investieren will, so der Rat, wählt einen Klassiker, der zum persönlichen Lebensstil passt.
Design und Superstars
Neben den traditionellen Auktionshäusern bieten immer mehr Online-Plattform Luxus-Second-Hand an, etwa Vestiaire Collective oder Rebelle. Vintagemode ist für Millenniums ein Statement. Hier geht es für viele auch um Nachhaltigkeit, und darum gute, zeitlose Stücke zu tragen. Kein Vergleich zu Teilen, die irgendwann im Museum landen könnten: So wie Lady Gagas „Armadillo“-Boots des 2010 verstorbenen Kultdesigners Alexander McQueen, die sie sich vor fünf Jahren um umgerechnet 270.000 Euro gönnte, als „ein Zeichen der Liebe aus der Vergangenheit“.
Oder die Nike Air Jordan-Sneakers des legendären NBA Chicago Bulls-Spielers Michael Jordan. Für mehr als eine halbe Million Euro holte sich hier ein unbekannter Bieter online bei Sotheby’s New York die legendären Sneakers. Der Run auf Sneakers ist ein Phänomen. Designkooperationen mit Superstars wie Kanye West sorgen bei Sammlern für gute Renditen. Allerdings müssen diese dann im Gegensatz zu Air Jordons Basketballschuhen unbenutzt und originalverpackt sein.
Das ist bei Autos anders. Sie wollen gefahren werden. Udo Lindenbergs Porsche 911 R, der wegen Diebstahls eben erst Schlagzeilen machte, kostete in der Anschaffung 200.000 Euro, und soll jetzt – vier Jahre nach Kauf – bereits weit über eine halbe Million wert sein. Der Grund liegt auch hier auf der Hand: Es gibt nur 991 Exemplare. Wer auf all diese Rekorde anstoßen möchte, kann das passenderweise mit Whisky tun.
Whisky-Experte Jonny Fowle von Sotheby’s London: „Das weltweite Verlangen, Whisky zu sammeln, ist extrem gestiegen.“ Eine Online-Auktion im Oktober wurde zum historischen Ereignis: Mit 467 Flaschen und neun Fässern verkaufte sich die „wertvollste Whiskysammlung“ für unglaubliche knapp acht Millionen Euro. Auch Fowle empfiehlt Käufern, „nur Spirituosen zu kaufen, die sie tatsächlich interessieren und die sie auch gerne selbst trinken würden“.
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