Gewalt unter Kindern: Was tun bei Streit im Park?

Gewalt unter Kindern: Was tun bei Streit im Park?
Körperliche Attacken bei Kindern häufen sich. Selbstverteidigungs-Expertin gibt Eltern Rat (mit Video-Interview).

Ein entspannter Nachmittag mit zwei Freunden im nahen Skaterpark wurde für den 11-jährigen Theo zu einem Schreckmoment. Aus einem Wortgefecht mit fremden Gleichaltrigen rund um seinen alten Roller entwickelte sich ein gewalttätiger Konflikt, erzählt seine Mutter Christina (Namen von der Redaktion geändert): „Er wurde blöd angesprochen, antwortete ruppig und hatte plötzlich ein Messer vor der Nase.“ Bei dem Gerangel wurde er auch gestoßen und stürzte. Die Buben konnten weglaufen, „aber mein Sohn hat Prellungen und so viel Angst, dass er gar nicht mehr in den Park gehen will“.

Auch andere Eltern berichten über ähnliche Vorfälle bei ihren Kindern: Beschimpfungen, Rempeleien, die Drohung, das Handy herzugeben, bis hin zu gewalttätigen Übergriffen mit Verletzungen. Eltern fragen sich, wie viel Freiheit sie ihren Kindern geben sollen.

Gewalt unter Kindern: Was tun bei Streit im Park?

Konflikte unter Heranwachsenden gab es immer, weiß Selbstverteidigungstrainerin Irmengard Weckauf-Hanzal, „aber sie lernen heute oft nicht, damit richtig umzugehen“. Sie bietet in ihrem Studio Sami Kurse nach dem israelischen Selbstverteidigungskonzept „Krav Maga“ an. Kinder erzählen ihr immer wieder, dass sie nach einem Vorfall mit dem Training begonnen haben.

„Wichtig ist, selbstbewusst aufzutreten. Das kann man üben. Dann sieht einen der Andere nicht als Opfer. Am Besten ist, wenn man einen Konflikt verhindert.“ Ab acht Jahren könnten Kinder heikle Situationen und ein unangenehmes Gegenüber erkennen. Viele Jugendliche besuchen Weckauf-Hanzals Kurse, wenn sie beginnen, alleine auszugehen.

Gewalt unter Kindern: Was tun bei Streit im Park?

Hier und auch in Schulen übt sie mit ihren Schützlingen, laut zu werden: „Die Kinder werden dazu erzogen, leise und brav zu sein. Sie müssen im Notfall erst die Peinlichkeit überwinden, sich laut bemerkbar zu machen oder um Hilfe zu rufen, damit Erwachsene eingreifen“ (siehe Übungen unten).

Situation einschätzen

Die Mutter von drei Söhnen trainiert mit den Teilnehmern auch, auf die Angst zu hören: „Ich schütze meine Grenzen und sage Stopp. Wenn ich mich einem Streit nicht gewachsen fühle, gehe oder laufe ich weg. Das ist meine Entscheidung.“ Wichtig sei auch, Strategien zu besprechen: „Natürlich kann ich mein Handy verteidigen. Aber es kann auch besser sein, es einfach herzugeben.“

Die Schläge und Tricks, die Weckauf-Hanzal ihren Teilnehmern beibringt, dienen nur der Verteidigung: „Es kommt nicht in Frage, bei einer Streiterei als Erster zuzuschlagen.“ Sie bringt den Jugendlichen nicht bei, sich gegen ein Messer zu wehren: „Das führt eher zu einer Selbstüberschätzung und zu einer Eskalation. Das müsste man Jahre trainieren.“

Mutter Christina will jetzt andere Eltern sensibilisieren und die Wiener Parkbetreuung auf die Probleme aufmerksam machen. Und mit den Kindern wieder hingehen, wenn sich der Schock gelegt hat: „Wir überlassen den Park sicher nicht den anderen. Er ist für alle da.“

Gewalt unter Kindern: Was tun bei Streit im Park?

Tipps zur Selbstverteidigung

Trainerin Irmengard Weckauf-Hanzal bringt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bei, wie sie sich verteidigen.

Diese 5 Übungen helfen:
Angstbarometer „Es ist wichtig, in sich hinein zu hören. Die Angst im Bauch  ist ein wichtiger Ratgeber. Wenn ich mich unsicher fühle, versuche ich, auszuweichen oder schnell wegzugehen.“
Ready-Position „Wir stellen uns bewusst fest auf beide Beine, mit viel Körperspannung. Dann sind wir selbstsicherer und auch stabiler. Wenn jemand uns stößt, fallen wir nicht so leicht um.“
Schreien „Laut sein muss man üben. Einfach mal richtig losbrüllen oder ‚Hilfe!‘ rufen. Es braucht nämlich Überwindung, vor allem bei braven, schüchternen Kindern. Wer laut ist, hat mehr Energie.“ Schreien kann man auch im geschlossenen Auto üben.
Verteidigung „Wir üben, wie wir uns verteidigen, nicht wie wir angreifen. Wichtig ist, dass man zum Beispiel eine feste Faust macht, wenn man zurückschlägt, damit man sich nicht selbst weh tut.“
Abwehrschläge „Wenn man von jemandem festgehalten wird, der  größer und stärker ist, kann man sich trotzdem wehren. Es gibt da einige Bewegungsabläufe, die wir üben. Aber mit der Hand oder den Fingern ins Gesicht fahren, hilft meistens.“

Sehen Sie hier den KURIER Family-Talk zum Thema:

KURIER Family mit Irmengard Weckauf-Hanzal

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