Glücklich zurück, wohin man nie zurück wollte

Wie der Klapperstorch einem beibringen kann, zu schätzen, was man zuvor nicht schätzte

Es war einmal, da planten wir, dass unser Haus saniert wäre, bevor das Kind kommt. Danach hofften wir, dass das Haus vor dem Kind fertig würde. Irgendwann beteten wir. Unser Sohn empfand jedoch etwas, das den Baustofflieferanten und Handwerkern nicht zu eigen war: Eile. Er kam zu früh, die Arbeiten verzögerten sich, und so stellten wir im Spital fest, dass wir obdachlos waren.

Kaum entlassen, flüchteten wir also zu meinen Eltern, in jenes kleine niederösterreichische Dorf, aus welchem ich einst mit 18 entflohen war. Damals hatte ich mir geschworen, nie wieder zurückzukehren. Doch bereits auf der Fahrt dorthin spürte ich, nebst der Angst, dass unser Säugling in seiner Babyschale aufwachen und losheulen könnte, eine gewisse Vorfreude.

Obwohl wir alle wissen, dass die Aggressivität im städtischen Straßenverkehr seit Seuchenausbruch zugenommen hat, erachtete ich jedes Hupen und Geschnitten-Werden als himmelschreiende Frechheit: Wie konnten es andere Lenker wagen, nicht auf unser frisch Geschlüpftes Rücksicht zu nehmen? Je näher wir dem Dorf kamen, umso ruhiger wurde der Verkehr. Als wir in der Einfahrt hielten, zwitscherten Vögel, die Herbstsonne schien mild und warm. Zwei Stunden nach unserer Ankunft versammelten sich die Nachbarn, um dem Kleinen einen Storch aufzustellen. Bei diesem Brauch wird vor dem Haus ein Holzstorch errichtet, um den neuen Menschen willkommen zu heißen, und natürlich mit dem Vater bzw. den Großeltern anzustoßen. (Zumindest in meiner niederösterreichischen Ecke gilt: Wenn auf etwas nicht angestoßen wird, dann ist es nicht passiert.) Gerührt ob dieses herzlichen Empfangs heulte ich los. Meinem Mann schoss der Wein so zu Kopf, dass er nach zwei Gläsern einen Vollrausch hatte. Ich war unendlich glücklich, dass es dieses Dorf gibt. Und dachte an das Sprichwort: It takes a village to raise a child.

vea.kaiser@kurier.at

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